da ich gerade fĂŒr meine Thrakerdarstellung ( zwischen 400-350/340) ein Schnittmuster fĂŒr meine Embades gemacht habe wollte ich eure Meinungen zur Fertigung dieser thrakischen Stiefel einholen. Ich hab sie jetzt aus drei Teilen, Sohle, Oberleder und Zunge sowie 4 Zierlappen fĂŒr die Schaftenden die mit einem U-förmig gefalteten Lederstreifen der an der Oberkante Lappen und Schaft verbindet entworfen. FĂŒr die KreuzschnĂŒrung hab ich mir ĂŒberlegt innen Lederschlaufen einzunĂ€hen die zwischen Zunge und Schaft hervorschauen um das Oberleder zu schonen da SchnĂŒrungslöcher immer schnell auĂgeleiert und unansehnlich sind. Der Entwurf ist aus steifen und halbwegs dickem Filz gemacht und als Wendeschuh mit hochgezogener Ferse gefertigt. FĂŒr die Eigentlichen Stiefel hab ich mir jetzt fĂŒrs Oberleder und die Lappen 2mm und fĂŒr die Sohle 3-4mm vegetabil gegerbtes Rindsleder besorgt. Ich hĂ€tte auch noch eine halbe Haut 7mm Sohlenleder hier herumliegen aber mit dem lĂ€sst sich kein Wendeschuhmodell nĂ€hen. Was ist eure Meinung zu der Fertigungstechnik; Wendeschuh oder eher platt ĂŒbereinander genĂ€ht oder gar eine stumpfe Fuge?
Andere Schuhformen hab ich fĂŒrs frĂŒhe 4. JH auch gefunden bspw. auf der Silberkanne aus dem Schatz von Borowo, Bezirk Russe, die wohl von Kotys I. Silberschmied Etbeos gefertigt wurde. Dargestellt sind spitz zulaufende aber nicht aufgebogene Schuhe mit weitem umsĂ€umten Ausschnitt der den Rist freilĂ€sst(?) (leider sieht man nicht wo die Schuhe aufhören der Mantel der um die Beine geschlungen ist behindert die Sicht). AuĂerdem Schnabelschuhe mit ĂŒberlangen nach oben geschwungenen Spitzen die nur mehr aus dem zusammengerollten Oberleder bestehen, mit seperat aufgebrachter Sohle mit Naht auf beiden Seiten der StoĂkante (auf Sohle und Oberleder ). Der Schaft liegt eng am Bein an und endet kurz vorm Wadenmuskel. Die SchnĂŒrung auf der Front reicht bis zu den Zehenwurzeln und da das Leder fiele Falten wirft und fast schon textil aussieht denke ich hat man hier zumindest fĂŒrs Oberleder dĂŒnnes Ziegenleder verwendet hat. (*)
lg Stephan
(*) Die Abbildungen sind ĂŒberhaupt sehr detailiert und meiner Meinung nach eine Gute Kleidungsvorlage fĂŒr diesen Zeitabschnitt. AuĂerdem fĂ€llt mir auf das die Form der Silbervase von Borowo dieselbe Form (Rugbyball) hat wie eine lederne skythische Trinkflasche die derzeit in MĂŒnchen in der Sonderausstellung liegt.
Registriert: Dienstag 16. Oktober 2007, 11:25 BeitrÀge: 86 Wohnort: Monheim
Klingt gut, fĂŒr meinen Teil. Ich selbst schlage mich auch gerade mit der Schuhmode herum. Auf dieser Abbildung sieht man die SchnĂŒrung besonders gut, wie ich finde. Sieht u.a. so aus, als wĂ€ren mehrere schmale Riemen um den gesamten Schaft genĂ€ht, welche in Laschen fĂŒr die SchnĂŒrung enden. Beim linken FuĂ scheint auch hier der Faltenwurf am Spann ein recht dĂŒnnes, gerafftes Leder zu implizieren.
Rotfigurige Pelike, Sozopol, 5. Jhd.v.u.Z. aus The Thracians 700 BC - AD 46, C.Webber/A.McBride, Osprey Publishing
_________________ Nicht Kunst und Wissenschaft allein, Geduld will bei dem Werke sein. J.W.v.Goethe
Schön dass du gerade dieses Bild einstellst (ich selbst bin zu sowas leider nicht fÀhig ). Das wÀre mein nÀchstes Thema gewesen: halblange und Dreiviertelhosen auf dem Gundestrupkessel (1.JH) und auf dieser Vasenabbildung (5.JH).
Was mir in dieser GroĂansicht aber gerade auffĂ€llt ist dass die Ferse ausgerabeitet ist, der Stiefel also wahrscheinlich eine Naht auf der RĂŒckseite hat oder eine ziemlich hoch gezogene Sohlenferse , denk ich mal oder was meinst du?
Registriert: Dienstag 16. Oktober 2007, 11:25 BeitrÀge: 86 Wohnort: Monheim
Hm, nimm's mir nicht ĂŒbel, aber ich sehe auf dem Bild keine halblangen Hosen, sondern ĂŒberkniehohe Stiefel oder Beinlinge. Bin mir mittlerweile, bei der Höhe des Schuhwerks, nicht einmal mehr sicher, daĂ diese aus Leder sein mĂŒssen. Eventuell handelt es sich hier, wie erwĂ€hnt, auch um eine Art Beinlinge aus Wolle, mit Ledersohle und einzelnen Lederapplikationen verstĂ€rkt. Die Ferse wĂŒrde ich, dieser Abbildung nach, fĂŒr durchgehend bis zu einer flachen Sohle genĂ€ht halten, Ă€hnlich römischen Calligae. Weist auch eine gewisse Ăhnlichkeit zu dem keltischen SteifelgefÀà Ende 3., Anfang 2. Jhd.v.u.Z. aus Curtuiuseni/RumĂ€nien auf. Anbei: was die halblangen Hosen vom Gundestruper angeht, so habe ich mir diese fĂŒr meine Skordisker-Darstellung zum Vorbild genommen. Call me White Stockings...
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Schön dass du gerade dieses Bild einstellst (ich selbst bin zu sowas leider nicht fÀhig ).
Stephan, du solltest eigentlich unter dem freien Text-Block eine Zeile sehen mit der Bezeichnung "Dateiname", daneben ein Button "Durchsuchen", da klicken und das Bild hochladen. Wie hier:
stephan, ich glaub das stimmt: bei genauerer betrachtung sieht es wirklich so aus, als wĂ€ren das stiefel die ĂŒbers knie reichen und bei denen die zierlappen runterhĂ€ngen. also doch keine hose... schade, hĂ€tte nĂ€mlich was gehabt, diese version mt dreiviertelhose... was die stiefel betrifft, gibt es wirklich die unterschiedlichsten darstellungen, mir kommt vor, es gab zwar eine gewisse form, die meist eingehalten wurde, aber die ausfĂŒhrung (nĂ€hweise, material) waren je nach können/finanziellen mitteln etc. verschieden. ich plage mich ja auch schon mit dem leidigen thema schuhe herum... denke aber, fĂŒr eine frau sind wohl doch eher halbschuhe passend. ich kenne nur eine abbildung einer frau mit stiefeln, und das ist offensichtlich eine göttinnenabbildung (siehe anhang bild 1). kennt jemand vielleicht noch das ein oder andere? mein kleid nĂ€he ich nach der deckenbemalung des grabmals von kazanlak (3. jhd.), leider sieht man bei den damen mit diesem kleidtypus die fĂŒsse nicht, da die kleider so lang sind. aber die (vermutlich adlige) frau die sitzt zeigt schuh - aber ganz 100% klar sieht man nicht, ob es nur halbschuhe sind. allerdings denke ich, stiefel wĂ€ren bei dieser kleidung wohl eher sinnlos und wenig angebracht. manchmal kommt mir sogar vor, sie trĂ€gt sogar nur schlappen.... was denkt ihr bei betrachung des bildes? (anhang bild 2)
In der Tat können die Embades, welche wohl meistens aus Hirschleder (Herodot, Hist. VII, 75) hergestellt waren, verschiedene SchaftlĂ€ngen und SchnĂŒrungsmethoden haben. Charakteristisch sind aber die Lappen, welche vom Schaftende herabfallen. Was Hosen anbetrifft, so sind sowohl in der Grabmalerei von Alexandrovo (frĂŒhes 4. Jh. v. Chr.) als auch auf einigen Metallappliken des Schatzfundes von Letnica (4. Jh. v. Chr.) enganliegende Hosen mit FĂŒĂlingen zu sehen, wobei zu diesen auf den Alexandrovoabbildungen Halbschuhe getragen werden (was allerdings nicht bedeutet, dass nicht auch Embades zumindest möglich wĂ€ren). Ich denke, dass je nach Witterung und praktischen Erfordernissen sowie nach Anlass (Jagd, Alltag, Krieg, Fest...) durchaus verschiedene Kombinationsmöglichkeiten aus Chiton, Klappenrock, Hose, keine Hose, Alopekis, barhĂ€uptig, Zeira, Embades, Halb- bzw. Schnabelschuhe möglich sind. Was Frauenkleidung anbetrifft, so zeigen die Darstellungen auf griechischen Vasen in der Regel auch bei Thrakerinnen griechische Kleidung. Was sie als Thrakerinnen kennzeichnet, sind ihre TĂ€towierungen. In hellenistischer Zeit ging sowohl bei Frauen als auch bei MĂ€nnern der Trend hin zur Ăbernahme griechischer Kleidung (wie ja auch in der von Johanna gezeigten Wandmalerei zu sehen ist). Auf verschiedenen, meistens ins 4. Jh. v. Chr. datierenden thrakischen MetallgefĂ€Ăen tragen die Frauen (welche in einem religiös-kultischen Kontext erscheinen) ein Kleid: "Es besteht offenbar aus einem weiten Umhang, der aus einer breiten oder zwei zusammengenĂ€hten schmĂ€leren Stoffbahnen mit Schlitzen fĂŒr die Arme besteht. Dieser Umhang wird vorn so ĂŒbereinandergeschlagen, daĂ die linke Vorderseite weit nach rechts reicht und vom rechten Oberarm festgehalten wird. Borten, Verzierungen oder Knöpfe sind nicht dargestellt." (Rolf Hachmann: MĂ€nner- und Frauentracht in Thrakien). Ebenfalls beschreibt Hchmann, dass zu diesem Kleid noch ein langer Schal getragen wurde. Auf den schon erwĂ€hnten Metallappliken von Letnica sind auch Frauengestalten zu sehen, welche meiner Meinug nach eine Kombination aus knöchellangem Rock und einer mit Ărmeln (lang bzw. Halblang) versehenen Bluse tragen. Die Frauen sind barfĂŒĂig dargestellt, doch sind wohl auch Halbschuhe zu vertreten.
_________________ Sparates
Wer mĂŒĂig geht, wird hoch geehrt; wer das Feld bebaut, wird tief verachtet. Das ehrenvollste Leben ist das Kriegs- und RĂ€uberleben. (Herodot ĂŒber die Thraker)
Damit bei uns Triballer etwas weiter geht, haben wir uns am Wochenende getroffen, um Schuhschnitte fĂŒr thrakische Schuhe anzufertigen. Das daraus folgende Resultat könnt ihr oben sehen. Zur Zeit habe ich nur den rechten Stiefel fertig, den linken mache ich am Wochenende.
Der Schuh ist wendegenÀht, das dunkle Leder ist aus Rinds- und das helle aus Kalbsleder.
_________________ Der Macht muà der Mann,wenn er klug ist, Sich mit bedacht bedienen, Denn bald wird er finden,wenn er sich Feinde macht, Das dem Starken ein StÀrkerer lebt.
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Habe die Stiefel ja schon in Frög bewundert,aber nochmal SUPER hast du die gemacht Stephan.
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