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Bouretteseide
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Autor:  Marion [ Samstag 22. April 2006, 17:41 ]
Betreff des Beitrags:  Bouretteseide

Wollte nur mal melden, dass es grad beim Karstadt günstig Bouretteseide zu kaufen gibt. Ca. 5 - 7 € pro Meter ;)

Auch noch recht schöne Farben.

Ich hab mich heute schon mal mit 4 m Orange eingedeckt und werde Montag noch mal hinfahren für die grüne Seide.

Autor:  Teurnia [ Samstag 22. April 2006, 20:52 ]
Betreff des Beitrags: 

:mauer: :mauer:
Hätten wir das 2 Stunden früher erfahren!!!! Wir waren gerade in Bonn... :mad:

Autor:  Marion [ Montag 24. April 2006, 12:56 ]
Betreff des Beitrags: 

So ein Mist... sorry ;) Hätte ich das mal gewußt...

Autor:  Andreas [ Montag 24. April 2006, 19:41 ]
Betreff des Beitrags: 

:? Kurze Frage: Wo im weiten Imperium hat man Funde von Bourette-Seide gemacht? Mir sind grad keine präsent.

Autor:  Susanna [ Montag 24. April 2006, 20:22 ]
Betreff des Beitrags: 

Bouretteseide:

Nachdem aus den Kokons die Schmetterlinge geschlüpft sind, werden die kurzen Faserteile der innersten und äußersten Umhüllung des Kokons zusammen mit den Seidenfaserabfällen im Schappespinnverfahren zur Bouretteseide verarbeitet. Charakteristisch hierfür ist die typische noppige, wenig glänzende Optik sowie der Geruch, der von einer Ernte zur anderen schwankt und mit der Zeit verfliegt.

Die Bouretteseide wird aus den Produktionsresten gewonnen.
Durch die Kürze der Fasern enthält Bouretteseide immer Reste des Kokon und des Seidenleims.
Bouretteseide ist als minderwertig zu bezeichnen.

Quelle: http://www.waschbaer.de

Das Material war da, das Werkzeug zur Verarbeitung und einige Funde in Gräbern der Han-Dynastie, desweiteren Funde in Dura Europos...
ausserdem fällt sie super, ist preiswert und gut waschbar.
Die meisten Funde von Seidentextilien in ihrer Originalwebart sind entweder nicht erhältlich oder nicht erschwinglich bis auf einige wenige Ausnahmen.

Man sollte nur nicht zuviel davon in einer Gewandung verwenden!
Ausserdem sag ich nur:
Baumwollfunde von Pompei!

Autor:  Gast [ Montag 24. April 2006, 22:11 ]
Betreff des Beitrags: 

Ich weiß, wie Bourette-Seide hergestellt wird :D Aber hat man wirklich explizit Bourette-Seide in Dura Europos gefunden? Davon hab ich nämlich keine Unterlagen.

Autor:  Marion [ Montag 24. April 2006, 23:51 ]
Betreff des Beitrags: 

Ich hab keinen Hinweis auf Bouretteseide... wenn Susanna sagt, dass es Funde gibt, dann glaub ich das. Wenn Susanna sagt, dass ich aus Bourette einen schicken Peplos machen kann, dann mach ich das.
Dafür glaubt mir Susanna, wenn ich ihr was übers Militär erzähle *g*
Jedem sein Gebiet.

Aber zurück zum Thema:
Mag sein, dass es vielleicht keinen speziellen Fund gibt, aber mit Sicherheit hat man auch keinen 1,50m oder 1,60m breiten Wollstoff irgendwo gefunden.
Trotzdem wird er heute zum reenacten und Herstellen von Kleidung verwendet :!:

Autor:  Susanna [ Dienstag 25. April 2006, 07:37 ]
Betreff des Beitrags: 

Bouretteseide ist nicht die optimale Lösung und auch sicher in dieser Menge nicht "a", aber sie fällt optisch korrekt, was für unsere Vorführungen sehr, sehr wichtig ist!
Wir haben vergeblich versucht Leinenstoffe zu bekommen, welche wie die feinen, dünnen Leinenstoffe in der Antike gewebt waren oder Wollstoffe in denen man auf der Bühne im Scheinwerferlicht nicht schmilzt. :D

Daher für uns eine gute Lösung, genau wir Baumwollgewebe, andere Seide,
Wollstoffe für Mäntel o.ä.

Desweiteren ist das Gewicht wichtig, damit einem beim Instrumente spielen in der Palla nicht der Arm abfällt. :wink:

Autor:  Andreas [ Dienstag 25. April 2006, 08:56 ]
Betreff des Beitrags: 

Mantel Hunteburg A 180 cm Webbreite
Mantel Hunteburg B 176 cm Webbreite
Damendorft 165 cm Webbreite
Mantel von Dätgen 140 cm Webbreite
Thorsberg PM 1 168 cm Webbreite
Kittel aus Marx-Etzel mind. 174 cm Webbreite (eine Webkante fehlt)
Kittel von Oberaltendorf 168 cm Webbreite
Kittel von Reespholt 1,94 cm Webbreite
Huldremose „Peplos“ 1,68 cm

Die Webbreiten variieren zwar aus den offensichtlichen Gründen einer fehlenden Industrienorm, aber bewegen sich im Rahmen. Da ist für jeden was dabei, mal abgesehen davon, dass sich viele inzwischen eh ihre Wunschbreite weben lassen. Eigentlich ist das Webbreiten-Argument in A-Diskussionen ziemlich abgenutzt.

Aber zurück zum Thema: ausgerechnet Bourette-Seide hat ein derart eigentümliches Aussehen, dass ich es nicht gerade als ein geeignetes Substitut für irgendeinen anderen Stoff ansehen würde. Von daher würde es mich wirklich interessieren, wo im römischen Reich es davon einen Fund gibt. Der Bericht über die Textilien in Dura-Europos ist im Computer des HBZ nicht gelistet, und ansonsten ist mir sowas bisher nie untergekommen.

Autor:  Susanna [ Dienstag 25. April 2006, 09:32 ]
Betreff des Beitrags: 

Togae waren ja auch wohl meist aus einem Stück, wenn man den Quellen glauben darf, daher denke ich auch, es gab breite Webstühle.

Ich bin im römischen Reich auch nur einmal über Bouretteseide gestolpert und das war Dura Europos.
Da kannst du auch nur wenig finden, es ist sehr bescheiden publiziert.
Es gibt zwar viel über die Stadtstruktur, die super interessant ist, aber nur wenig gute Publikationen über die Funde. Wenn dann Einträge in Katalogen oder Aufsätze in irgendwelchen Zeitschriften.

Überhaupt gute Bücher über Dura Europos:
Perkins, A.: The art of Dura-Europos. Oxford 1973.
Clark Hopkins: The Discovery of Dura-Europos, New Haven, Conn. 1979.
Michael I. Rostovtzeff (Hrsg.): The Excavations at Dura-Europos. Preliminary Reports, 9 Bde., New Haven, Conn. 1929â€"52.
(ich glaube, im letzteren hab ich das auch gelesen!)

Es gibt auch noch Bände von der Iranischen Archäologie, da sind auch Funde von Textilien behandelt, die sind aber in Französisch oder Arabisch.

Ausserdem lag es direkt auf der Seidenstrasse.

Und in Bonn kann man im Augenblick Textilien der Han-Dynastie hier sehen:
http://www.art-perfect.de/kah-bonn-xian ... nseits.htm

welche weiss ich allerdings nicht, mein Zeitmangel hat mich bis jetzt von einem Besuch abgehalten.

Guck mal bitte antike Statuen von Tänzern und Musikern und deren Faltenwurf an, da ist Bouretteseide ne gute Lösung, auch preiswert vor allem und atmungsaktiv, wenn man nicht grad halbnackt musizieren will und wie gesagt, schwere Stoffe oder Wolle (wir haben Allergiker in der Gruppe) stören echt heftig beim Musik machen.
Daher für Palla etc. eine gute Lösung
:wink:

Autor:  Marion [ Dienstag 25. April 2006, 10:56 ]
Betreff des Beitrags: 

Gut, bei der Webbreite hab ich mich dann wohl augenscheinlich geirrt und nicht ausreichend nach Belegen gesucht.
Schön, man lernt immer wieder etwas neues.
Aber die Art und Weise war grad ein wenig daneben und ich find es ist gerade gelinde gesagt Korinthenkackerei, sich nur auf handfeste Belege zu stützen. Das mag mit Sicherheit angenehm sein, aber es nimmt einem doch erheblich das Denken ab.
Hab mich hier auf der Saalburg mal mit ein paar Fachkollegen unterhalten und da herrscht die allgemeine Meinung, dass man sich zwar immer auf Belege beziehen sollte, aber doch bitte nicht auch den gesunden Menschenverstand außer Acht lassen sollte.
Seide ist eines der ältesten Materialien schlechthin und mit Sicherheit hat man auch die eher minderwertigen "Abfallprodukte" eines solch teuren Produkt noch genutzt. Vor allem für Leute, die es sich nicht leisten konnten, sich aber dennoch mit diesem Stoff kleiden wollten.

Was ich nicht ganz nachvollziehen kann ist der Ausdruck "eigentümliches Aussehen"...
Aha... dann sieht Leinen also auch "eigentümlich" aus, oder wie?
Solange man keinen wirklich minderwertigen Stoff verwendet, wo noch die Kokonköttel drinhängen, hat man es hier mit einem wunderbar fließenden, leicht schimmernden Stoff zu tun, der sich wesentlich leichter verarbeiten läßt als Leinen und am Körper sehr viel schöner aussieht.
Im Sommer dazu noch sehr angenehm zu tragen, da schön leicht.

Autor:  Andreas [ Mittwoch 26. April 2006, 18:24 ]
Betreff des Beitrags: 

:? :? Ähm, sprechen wir eigentlich gerade von dem selben Material?

Bouretteseide ist nach gängiger Definition die Handelsbezeichnung für ein noppiges, mattes Gewebe in Leinwand- oder Köperbindung, das weder Maulbeer- noch Tussahseide oder gar Leinen wirklich ähnllich sieht. Bouretteseide sieht aus wie Bouretteseide. Und bisher wüsste ich von keinem einzigen Fund eines solchen Materials in Rom oder den nördlichen Provinzen. Da nützt einem auch gesunder Menschenverstand nichts.

Ehrlich gesagt bin ich erschrocken über die Sorglosigkeit, mit der da deine Kollegen wieder mal über das stiefmütterliche Thema Textilien und Kleidung hinweg gehen. Mit dem gleichen Argumenten wurde schon so manche schlechte Ausrüstung schöngeredet. Bei Keramik, Fibeln oder was auch immer gerade ihr Fachgebiet darstellt, würden die gleichen Leute mit Sicherheit weitaus kritischer hinsehen... :( :( :(

Autor:  Susanna [ Mittwoch 26. April 2006, 18:54 ]
Betreff des Beitrags: 

Ähem, ich trage auch Borten und Gürtel aus Dura Europos mit entsprechender Tracht!
Orientalische Musiker waren in Rom tätig, von germanischen Musikern hingegen gibts keine Schriftquellen (soweit ich weiss).
Wenn ich provinzialrömische trage, gibts auch keine Bouretteseide.
Wenn ich stadtrömisch, bzw. orientalisch trage (Musiker für Bankette etc. waren in der Regel auffällig gekleidet) ist Seide angesagt.

Bouretteseide war auf der Seidenstrasse im Osten in der Han-Dynastie vorhanden, es gibt Funde in den östlichen Provinzen, nicht viele, aber immerhin. Es gab das Material, die Möglichkeit es herzustellen und Schriftquellen die über viele verschiedene Seidensorten und deren Handel berichten.

Oder gibts Mulsumfunde in den östlichen Provinzen oder Schriftquellen, dass dieser hier getrunken wurde? Trotzdem wird er auf jeden Römerfest ausgeschenkt, da der Handel mit Wein belegt ist...das ist es, was Marion meint.

Wir sind Musiker mit Goldschmuck und teilweise höfischen Frisuren und teuren Instrumenten. Aus Wettergründen ziehe ich auch schon mal gern provinzialrömisch an...aber beim Hymnensingen des Hofkomponisten von Hadrian renn ich nicht am liebsten in Wolltunica rum!

Und guck mal bitte Faltenwürfe bei Statuen an!
Vor allem die Unterschiede zwischen Wolle und anderen Materialien!

Autor:  Andreas [ Mittwoch 26. April 2006, 20:57 ]
Betreff des Beitrags: 

Im Augenblick verstehe ich nicht so ganz, wieso ihr alle so pikiert reagiert, ursprünglich hab ich doch nur nach einem konkreten Fund gefragt?!?

Allerdings hab ich von Marion zunächst keine befriedigende Antwort auf diese simple Frage erhalten, nur recht ausweichende, schwammige Antworten nach der Art „Susanna hat gesagt...“ und „ist vielleicht nicht ganz a(uthentisch) aber dafür p(raktisch)“...

Dass ihr jetzt Bouretteseide nur explizit nur für orientalische Musiker benutzt ist ein ganz neuer Zug. Bis heute morgen ging der Tenor von euch beiden in der Diskussion eher hin zum Subsitut für andere Stoffe, was zwar nicht die optimale Lösung darstellt, aber a) hübscher, b) billiger c) leichter verfügbar wäre als die richtigen Stoffe.

Das sind für mich aber keine stichhaltigen Argumente. Dafür bin ich zu lange im Kleider-Geschäft, dafür beweisen zu viele reenactors seit Jahren, dass es viel besser geht. Irgendwie erinnern mich eure Argumente dagegen fatal an uralte Flügelkämpfe der Mittelalterszene über das große A. Und das ist sehr schade.

Außerdem gibt es wirklich hübschere und häufiger belegte (!) Stoffe als Bourette, wenn es Seide sein muss. Gute Kleider gibt’s nun mal nicht immer zum Aldi-Preis. Sie sind eine Investition wie andere Repliken auch.

Autor:  Susanna [ Mittwoch 26. April 2006, 21:09 ]
Betreff des Beitrags: 

Ein Vergleich ist hier, glaube ich, nicht ganz angebracht.

Denn Funde sind das wichtigste, aber:
Schriftquellen und Ikonographien sind ebenfalls wichtig.

Wenn also dort ein Fund belegt ist, der Handel belegt ist und die Produktionsstätte belegt ist...bleibt nur noch die Menge zu diskutieren.

Und da hab ich bereits gepostet:
Lieber wenig verwenden, weil weniger Belege las z.B. natürlich für Wolle.

Zu den Argumenten mit leicht und angenehm für unsere Zwecke zu tragen stehe ich aber nach wie vor...
das mit einer MA-Diskussion zu vergleichen ist vielleicht nicht ganz richtig.
Ich denke zudem, dass Marion und ich beide ein Archäologiestudium hinter uns haben, daher versuchen wir das Gesamtbild mit allen zur Verfügung stehenden Quellen zu erfassen.
Der Schmuck z.B., den ich z.B. bei meiner orientalischen Tracht trage, fällt jedem Archäologen hoffentlich sofort als östlicher Provinzschmuck auf.

Und von "nordprovinzialen Funden" hast du dauernd gesprochen,
daher hab ich direkt Dura Europos angeführt, nachdem du nochmal diese Funde erwähnst hast, hab ich dann mal den weiteren Hintergrund erklärt...

nothing more nothing less :D

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