Registriert: Dienstag 10. Januar 2006, 12:44 BeitrÀge: 76 Wohnort: Aachen
Hi,
also was das mit dem Reiten angeht, muà ich sagen dass ich auch bei dem Modell ohne Zwickel sehr viel Bewegungsfreiheit habe; da ich aber kein Reiter bin, habe ich das noch nie unter dem Aspekt betrachtet, wo es z.B. weniger Falten gibt, die im Sattel stören könnten. Dazu muà ich mal Angharad als Reiterin fragen. Beide Hosen lagern eh bei ihr.
Zu Miles Skizze: ein sehr ungewöhnliches Modell, wobei mir diese Art von Einsatz im Schritt nicht unbekannt ist. Ich habe sowas Ă€hnliches schon mal bei Hosen aus dem asiatischen oder orientalischen Raum gesehen, aber wĂŒĂte grad nicht wo genau und aus welcher Zeit.
Diese bewuĂten Hosen hatten allerdings keine senkrecht nach unten weisenden Beine, sondern waren anders zugeschnitten. Woher stammt der Entwurf?
Registriert: Dienstag 10. Januar 2006, 12:44 BeitrÀge: 76 Wohnort: Aachen
Hier habe ich etwas auf die Schnelle rausgesucht, was ungefÀhr in die Richtung kommt, woran mich die Zeichnung von Miles erinnert, ist allerdings laut der Website aus dem 14. Jh. aus Nubien, was ich erstmal so nicht weiter verifizieren kann. Ganz Àhnliche Schnittprinzipien habe ich aber schon öfters in diversen Kulturkreisen gesehen. Allerdings bringe ich da gerade keinen mit "römischer Antike" in Verbindung. http://www.personal.utulsa.edu/~marc-carlson/cloth/trousers/timotheos1.gif
Manchmal ist mein GedĂ€chtnis ja schon etwas löchrig. Jetzt vergesse ich sogar schon Sachen, ĂŒber die ich selber publiziert habe! Jedenfalls viel mir grad wie Schuppen von den Augen, dass es ja aus dem frĂŒhmittelalterlichen Hafen von Haithabu Textilfunde gibt, die sich eben jenen charakteristischen Zwickeln der F.S. 3684 zuordnen lassen - womit sich meine Idee von vorhin mit der Verlegenheitslösung eigentlich erledigt hĂ€tte. AuĂer es wĂ€re ĂŒblich gewesen, die Hosen auf diese Weise mit ihren TrĂ€gern mitwachsen zu lassen - aber das wĂ€re es echt eine sehr gewagte These...
Hier das dazugehörige Bild, die Reste sind rot in das Thorsbergschnittmuster eingeschrieben:
Registriert: Donnerstag 4. Januar 2007, 16:57 BeitrÀge: 268 Wohnort: Hannover
Ăhmm, ich wĂŒnschte mir, ĂŒber griechische Textilien gĂ€be es so gute Funde/Infos.
Aber eigentlich habe ich nur eine simple Frage, die ich mal mehr oder weniger ot hier anhÀnge:
Ich habe gerade BĂŒcher Nr. 5 und 6 von Simon Scarrow am Wickel, spielen 44/45 n. Chr. in Britannien und Illyrien, da wird öfter fröhlich von den "breeches" der römischen Protagonisten gesprochen. Waren feminalia bei den a) LegionĂ€ren b) Centurionen c) römischen Seesoldaten zu dieser frĂŒhen Zeit (auch im Sommer) StandardausrĂŒstung? Ich dachte bisher, die wurden zu der Zeit nur von Kavallerie und Auxiliartruppen getragen, aber ich bin sicher nicht auf dem neuesten Stand.
Registriert: Mittwoch 25. April 2007, 15:42 BeitrÀge: 219 Wohnort: Nord-West-Schweiz
Zu meiner Skizze: ich kann nicht wirklich gut Schnittmuster zeichnen, daher nehmt es als "Prinzipschema" an...
Wir haben die Hose nicht nach einem bestimmten Vorlage kreiert, da es eben keine verwertbaren römische Funde gibt (oder zumindest mir nicht bekannt...). Daher gingen wir etwas anders vor: Wir haben uns an die bekannten Darstellungen von Reliefs orientiert. Dort sind die Hosen ja relativ eng anliegend, in der LĂ€nge etwas ĂŒber's Knie dargestellt. Der Rest sieht man ja niergends. Daher haben wir ein Schnitt gesucht, der dem Bild möglichst nahe kommt, einfach zu machen ist und in der Beweglichkeit funktioniert (dies mit Leder oder gewebte Stoffe, da diese im gegensatz zu gestrickter Wahre nicht nachgibt). Dank meiner Frau (sie ist Handarbeitslehrerin) haben wir schlussendlich diesen Schnitt "erfunden".
Und ich muss sagen, er funktioniert erstaunlich gut (kein scheuern oder geplazte NĂ€hte)!!
Wann hat man die Hose getragen? ich denke, da gab es keine Regel. Ich persönlich hab die Erfahrung gemacht, dass im Sommer die Hose viel zu warm gibt. Daher trage ich sie je nach Witterung und Temperatur. Aber eben, das ist sehr individuell. Wir haben Leute in der Gruppe, die tragen die Hose immer, andere selbst im Winter nicht. Das selbe gilt eigentlich auch fĂŒr Socken.
Registriert: Dienstag 10. Januar 2006, 12:44 BeitrÀge: 76 Wohnort: Aachen
Also, ich habe mich mal mit Tobias ĂŒber das Thema Hosen speziell beim MilitĂ€r in so frĂŒher Zeit unterhalten, ich bin mir nicht mehr so sicher, zu welchem Ergebnis wir da gekommen waren, ab wann Hosen bei regulĂ€ren Truppen ĂŒblich werden, bei allem MilitĂ€rischen verweise ich aber vertrauensvoll an ihn.
Ich möchte mich dagegen kurz den zivilen Bereich widmen, der ja vielleicht fĂŒr ein paar Leser auch interessant ist. Da ich mich gerade etwas ausgelaugt fĂŒhle, verzeihe man mir, dass ich einfach einen bereits geschriebenen Text in Ausschnitten kopiere und nicht neu formuliere:
"hieme quaternis cum pingui toga tunicis et subucula et thorace laneo et feminalibus et tibialibus muniebatur, ... Im Winter schĂŒtzte sich Augustus mit vier Tuniken und einer dicken Toga, einer Untertunika und einem Brusttuch aus Wolle, und Kniehosen und Wadenwickel. Sueton, Augustus 82,1
Die Verunglimpfung politischer Gegner wegen deren ĂÆĂÂąĂ¹ùâŹĆĄĂÂŹĂâŠĂŸunsittlichenĂÆĂÂąĂ¹ùâŹĆĄĂÂŹĂâŠĂąâŹĆ Kleidung hatte in Rom lange Tradition: Cicero beschimpfte Catilina und seine AnhĂ€nger, mit langen Ărmeltuniken eine völlig unrömische Kleidung zu tragen (Reden gegen Catilina II 10,22). Aber Gaius Octavianus musste den Spott nicht fĂŒrchten, seine Macht als Princeps und Augustus war gefestigt und wurde durch die Verwendung einer Hose wohl nicht gefĂ€hrdet.
Gemeinhin glaubt man gerne, die römische Kleidung sei von Einfachheit, fast schon Eintönigkeit gekennzeichnet gewesen. Und obwohl römische Kleider im Grunde tatsĂ€chlich sehr simpel konstruiert waren, zeigen doch die Anekdote Suetons ĂŒber Augustus Privatleben sowie Ciceros politischen Angriffe, dass Kleider im BewuĂtsein eines Römers offenbar einen wichtigen Platz einnahmen.
Sittenstrenge und Tradition
Die römische Gesellschaft, jedenfalls deren schreibende Oberschicht, zeichnete sich durch starke Moral- und Sittenvorstellungen aus. Mann beharrte auf die von den ruhmreichen VorvÀtern ererbten Traditionen. (Neu: Und die Hose gehörte nicht zu diesen Traditionen, sie war das Merkmal der Barbaren) ...
Mix der Kulturen Gallische und germanische StĂ€mme in den neu eroberten Gebieten haben offenbar sehr schnell und begierig die römische Kultur aufgenommen und mit ihren althergebrachten Sitten verschmolzen. Unmittelbar mit der Ăbernahme römischer Bestattungssitten tritt auf den Bildsteinen eine eigentĂŒmliche gallorömische Mode auf, zunĂ€chst allerdings nur bei den MĂ€nnern. Die Verstorbenen lieĂen sich regelmĂ€Ăig mit der Paenula und einem Schal bekleidet darstellen. Darunter trugen die sie eine hĂ€ufig ungegĂŒrtete, weite Ărmeltunika, die bis unter die Knie oder zur Mitte der Waden reichte.
Die barbarische Hose scheint aus der Grabkunst völlig verbannt worden zu sein. Knielange Feminalia tragen hier nur Soldaten. JĂ€ger z.B. werden dagegen nur mit Wickelgamaschen dargestellt . Inwiefern dieses Bild der Wirklichkeit entsprach, ist fraglich. Weitere Hinweise auf den Gebrauch langer Beinkleider in der Zivilbevölkerung fehlen bis zur SpĂ€tantike, als die lange Hose schlieĂlich salonfĂ€hig ĂÆĂÂąĂ¹ùâŹĆĄĂÂŹ" und damit abbildungswĂŒrdig - geworden war."
Registriert: Dienstag 23. September 2008, 07:15 BeitrÀge: 18 Wohnort: Obernburg
Ich habe mir die Thorsberghose mal zur Brust genommen und an dem Schnittmuster ein bisschen herumgebastelt. Ich habe im 3. Versuch ein Modell 1:5 hinbekommen, welches einigermaĂen passt. Die Bemalung einfach ignorieren. Man darf einfach nichts rumliegen lassen Jetzt habe ich nur noch eine blöde Frage. Was ist eigentlich vorne und was hinten?
Die Stelle mit dem schmalen Keil ist vorne, die mit dem breiten hinten.
_________________ Sparates
Wer mĂŒĂig geht, wird hoch geehrt; wer das Feld bebaut, wird tief verachtet. Das ehrenvollste Leben ist das Kriegs- und RĂ€uberleben. (Herodot ĂŒber die Thraker)
Hallo Miteinander Da der nĂ€chste Winter sicher kommt habe ich mich mit grossem Interesse auf dieses Thema gestĂŒrzt. Also die Thorsberghose scheint ja sehr brauchbar zu sein - Danke fĂŒr das Schnittmuster! Doch wie ist dass mit den a,b,c usw.(bedeutet dies wo was zusammengenĂ€ht wird?) bin nicht gerade das tapfere Schneiderlein sondern eher der Mann in der ersten Schlachtlinie (PlĂŒndern ist mein Fachgebiet ) Gibt es zu der Thorsberghose denn noch ca. cm Angaben oder sollte man die von einer eigenen Neuzeithose ĂŒbernehmen??? 1000 Dank vale
von meinen Mit-Alamannen bekam ich den Tip, auf eine alte Jogginghose oder Ăhnliches zurĂŒckzugreifen . Der "HosentrĂ€ger " muss die Jogginghose anziehen , und dann kann ein Helfer die NĂ€hte auf den Stoff malen. An den Stellen schneidet man die Jogginghose auseinander und hat damit ein Schnittmuster, das einem auch einigermaĂen passt. Wenn man die Schnittkanten noch entsprechend markiert , dĂŒrfte eigentlich nix schiefgehen Nahtzugabe nicht vergessen !
Ausprobiert hab ich es bei der speziellen Thorsberghose noch nicht . Bei einer anderen Moorhose ( ebenfalls aus Thorsberg, aber einfacherer Schnitt ) habe ich die MaĂe fĂŒr meinen Gschpusi umgerechnet. Als Grundlage diente eine Zeichnung aus dem Schlabow, "Textilfunde der Eisenzeit in Norddeutschland"
Registriert: Dienstag 12. Oktober 2010, 15:46 BeitrÀge: 5
Andreas hat geschrieben:
Mix der Kulturen Gallische und germanische StĂ€mme in den neu eroberten Gebieten haben offenbar sehr schnell und begierig die römische Kultur aufgenommen und mit ihren althergebrachten Sitten verschmolzen. Unmittelbar mit der Ăbernahme römischer Bestattungssitten tritt auf den Bildsteinen eine eigentĂŒmliche gallorömische Mode auf, zunĂ€chst allerdings nur bei den MĂ€nnern. Die Verstorbenen lieĂen sich regelmĂ€Ăig mit der Paenula und einem Schal bekleidet darstellen. Darunter trugen die sie eine hĂ€ufig ungegĂŒrtete, weite Ărmeltunika, die bis unter die Knie oder zur Mitte der Waden reichte.
Das ist ja wirklich interessant und ich wusste bis jetzt noch gar nicht, dass sich der Kleidungsstil der Germanen, Gallier und Römer vermischt haben. Auch das die Verstorbenen in einer Tunika gekleidet waren ist interessant. Ich finde die Tunika ist auch eines der wenigen KleidungsstĂŒcke die heute auch immer noch modern sind. FĂŒr MĂ€nner gibt es das ja leider nicht mehr, aber fĂŒr Frauen ist eine Tunika immer noch sehr schön. Wenn ich den Thread hier so verfolge scheint es ja auch gar nicht so einfach zu sein eine Hose nachzunĂ€hen sodass sie genauso gemacht ist wie man sie frĂŒher genĂ€ht hat. Echt spannend.
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