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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Samstag 1. Dezember 2007, 00:14 
Musica Romana
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"Kugeltöpfe wurden in einer Mischtechnik aus freier Formung der Bauchzone und Drehen oder Nachdrehen des Oberteiles gefertigt."

Im Sinne der Definition von B. Scholkmann, Sindelfingen/ Obere Vorstadt, Forschungen und Berichte zur Archäologie des Mittelalters 3 (Stuttgart 1978) 60 ff. und Lobbedey, Südwestdeutschland 26 f. Die Herstellungsspuren der betrachteten Keramik sind ohne weiteres mit süddeutschen vergleichbar. Zum immer noch nicht völlig gelösten Problem der Anfertigung von Kugeltöpfen vgl. W. Hennicke, I. Huismann, Keramische Untersuchungen an grautoniger Irdenware des 13. bis 16. Jh., in: Rötting, Stadtarchäologie 257-263, bes. 261f.

Quelle:
http://www.mittelalterarchaeologie.de/h ... kap812.htm

...und 11., 12. und 14. Jh. sind dann ja wohl auch doch das Mittelalter, oder?

Ich zitiere:
"In der Tat gingen im Mittelalter viele Dinge verloren, z.B.:
- Das Wissen der Herstellung römischer Keramik ging verloren, ebenso die
Existenz der Töperscheibe. Es wurden wieder grobe Gefäße von Hand geformt."

Und in der Antike wurde keine Keramik von Hand geformt?

Ich habe gesagt:
"- es gab Töpferscheiben und gedrehte Keramik, Bsp. für Fertigung Kugeltopf, der Unterschied ist die fast industrielle antike Fertigung und deren Vertrieb über weite Strecken..."

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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Samstag 1. Dezember 2007, 05:48 
Tesserarius
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Im Ursprung ging es um diese deine Behauptung im Posting vom 22.11.2007 20:20 :
caivs quintvs hat geschrieben:
- Das Wissen der Herstellung römischer Keramik ging verloren, ebenso die
Existenz der Töperscheibe. Es wurden wieder grobe Gefäße von Hand geformt.


Worauf Susanna am 23.11.2007 09:24 schrieb:
Susanna hat geschrieben:
- es gab Töpferscheiben und gedrehte Keramik, Bsp. für Fertigung Kugeltopf, der Unterschied ist die fast industrielle antike Fertigung und deren Vertrieb über weite Strecken
- es gab Ziegeleien, nur waren Ziegel im Früh-MA etwas aus der Mode, im Hoch-MA gibts aber wieder Zentren der Ziegelkunst und auch noch heute viele erhaltene Gebäude mit Ziegeln
- Adlerlass geht auf die Antike zurück, Problem im MA war die Laienmedizin und wenige studierte Ärzte, aber Medizin war ein Studienfach und z.B. im Früh-MA war die Medizin in Arabien sehr gut (wie du sagtest), kam dann wieder nach Europa, im Hoch-MA entstand dann sogar der Berufstand des Apothekers

und Dr. Bernard sagte dir:
Zitat:
Ich bin nicht sicher, ob sie vollkommen verschwand oder nur von sehr
wenigen Töpfereien verwendet wurde.
(...)
Ab dem späten 11. Jahrhundert wurden zunächst die Ränder der Gefäße
nachgedreht und mit einem Formholz profiliert. Der untere Bereich war
noch immer von Hand geformt. Ab dem 12. nahm die Verwendung der
schnell drehenden Scheibe zu, und ab dem 14. wurde nur noch schnell
gedreht.


Sowohl Susanna als auch Dr. Bernard haben dir also widersprochen. ;)

Nicht konfessionelle Überlegungen haben hier zu einer Veränderung (nicht zu einem Aussterben einer Kunst oder Technik) geführt, sondern die wirtschaftliche Lage und der "Zeitgeschmack".
Was Susanna als industrielle Produktion anspricht ist eben in keiner der beiden Varianten mehr aufzurecht zu erhalten. Sklaverei als Ausgangspunkt großer Werkstätten existiert nicht mehr, ebenso wie staatliche fabricae erst sehr spät wieder eingerichtet werden.
Arbeit am Wissen, Neues zu entdecken wie altes zu bewahren, diese Tendenzen gibt es wie bereits gesagt auch im Mittelalter, ein Stichwort brachte Thraker bereits: "karolinigische Rennaisance".


Was deinen Link angeht:
Die Seite beginnt mit dem Abschnitt:
Zitat:
Medizin wurde zu Anfang des Mittelalters an den Universitäten fast ausschließlich von Personen studiert, die sich dem geistlichen Stande gewidmet hatten; Ärzte und Wundärzte waren mit geringen Ausnahmen Mönche oder weltliche Priester. Und wie bei den Griechen, Römern und Arabern, so lagen zu jener Zeit in der Hand ein und derselben Person all die Verrichtungen, die zur Heilkunde gehören: der Arzt schrieb Rezepte, bereitete sie und führte chirurgische Operationen aus.
[/quote]
Welche Widersprüche und Fehler fallen an dem Abschnitt auf (sowohl in sich als auch mit deiner vorherigen Behauptung, die Kirche wäre für den Verlust des medizinischen Wissens zuständig)?
Außerdem: die Seite verweist auf nur eine "Quelle" (welche keine Quelle sondern eine Literaturangabe ist, die einzige Quellenangabe die ich beim überfliegen fand war jenes "Konzilium von Tours").

Weder der Autor dieser Seite M.Loebell noch seine Literatur "Neuer Deutscher Jugendfreund" noch der "Verweis "von rado by jadu" sind mir geläufig.
Ich würde, falls es jemand besitzt oder die Zeit findet, rein zu schauen, was das LMA zur mittelalterlichen Medizin von sich gibt oder eben gleich Fachliteratur zu konsultieren, etwa Riha, Ortrun (Hrsg.) Heilkunde im Mittelalter, Berlin 2005 oder Meyer, Andreas, Gesund und krank im Mittelalter, Leipzig 2007.

_________________
Wer war froher als Neanth, da er sich Meister von diesem wundervollen
Instrumente sah, wodurch er, ohne das mindeste von der Musik zu
verstehen, der Erbe des Talents eines Orpheus zu sein glaubte! - Lukian

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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Sonntag 2. Dezember 2007, 18:05 
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Zitat:
Wie wir bereits erwähnt haben, war den Geistlichen die Ausübung der Heilkunde schließlich verboten worden. Sie vermochten aber die reichen Einnahmen, die ihnen daraus zugeflossen waren, nicht sobald zu verschmerzen, und um sich nun wenigstens noch einen Vorteil zu verschaffen, fanden sie Mittel und Wege, es durchzusetzen, daß jedem Doktor der Medizin die Behandlung eines Kranken verboten wurde, bevor nicht diesem eine entsprechende geistliche Hilfe zuteil geworden war. Dieses geht aus einem Kanon des zweiten Lateranischen Konziliums hervor.

Was die Chirurgen betrifft, so haben sich diese nachweislich bald der Hilfe der Barbiere und Kurschmiede bedient, und schließlich fiel die Chirurgie fast ganz in die Hände von Leuten, die ziemlich unwissend waren; wie denn auch die Wundärzte in der Gesellschaft einen recht untergeordneten Rang einnahmen. Am besten standen sich noch die Barbiere, weil sie in den Häusern der Reichen Zutritt hatten, die Bäder beaufsichtigten und Salben auflegten; auch vertrug sich der Gebrauch des ärztlichen Messers und der Lanzette ganz gut mit dem des Schermessers und der Schere.


Wenn der geneigte Kommentator den Text richtig durchgelesen hätte und nicht nur
den Anfang, wäre er auf die obenzitierte Stelle gekommen... :top:

Diese Stelle beschreibt genau, warum die Medizin im Mittelalter den Bach runterging und bedarf keines weiteren Kommentars.

Zitat:
Gab es im MA noch die Töpferscheibe ?
- Ich bin nicht sicher, ob sie vollkommen verschwand oder nur von sehr
wenigen Töpfereien verwendet wurde.

Also nicht direkt ein Widerspruch, weil wohl nicht genau erwiesen.

Was erwiesen ist, ist daß bei uns im Bliesgau, wo vorher eine Terra-Sigillata-Brennerei
existierte, die vorzügliche Ware bis nach Britannien vertrieb, nach dem Rückzug der
Römer und dem Zerfall der Brennerei 100 Jahre später wieder sehr grobe Irdenware von Hand geformt, produziert wurde.
Warum daß :?: Etwa weil es der Mode der damaligen Zeit entsprach ? :roll:
Oder eher aber, weil das Wissen der Herstellung von Terra Sigillata vergessen wurde...

Ich habe übrigens den Kommentar von Dr.Bernard weiter oben deswegen komplett
reingestellt,damit der geneigte Leser sieht, daß ich Fehler, die ich bei meinen
Behauptungen mache ,zugeben kann, was nicht bei jedermann zutrifft. :roll:

Allen eine schöne Woche
Caivs


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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Sonntag 2. Dezember 2007, 20:40 
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caivs quintvs hat geschrieben:
Zitat:
Wie wir bereits erwähnt haben, war den Geistlichen die Ausübung der Heilkunde schließlich verboten worden. Sie vermochten aber die reichen Einnahmen, die ihnen daraus zugeflossen waren, nicht sobald zu verschmerzen, und um sich nun wenigstens noch einen Vorteil zu verschaffen, fanden sie Mittel und Wege, es durchzusetzen, daß jedem Doktor der Medizin die Behandlung eines Kranken verboten wurde, bevor nicht diesem eine entsprechende geistliche Hilfe zuteil geworden war. Dieses geht aus einem Kanon des zweiten Lateranischen Konziliums hervor.[/Quote]


Was die Chirurgen betrifft, so haben sich diese nachweislich bald der Hilfe der Barbiere und Kurschmiede bedient, und schließlich fiel die Chirurgie fast ganz in die Hände von Leuten, die ziemlich unwissend waren; wie denn auch die Wundärzte in der Gesellschaft einen recht untergeordneten Rang einnahmen. Am besten standen sich noch die Barbiere, weil sie in den Häusern der Reichen Zutritt hatten, die Bäder beaufsichtigten und Salben auflegten; auch vertrug sich der Gebrauch des ärztlichen Messers und der Lanzette ganz gut mit dem des Schermessers und der Schere.


Wenn der geneigte Kommentator den Text richtig durchgelesen hätte und nicht nur
den Anfang, wäre er auf die obenzitierte Stelle gekommen... :top:

Diese Stelle beschreibt genau, warum die Medizin im Mittelalter den Bach runterging und bedarf keines weiteren Kommentars.

Ich habe durchaus diese Stelle gelesen, allerdings fehlt mir jeglicher Nachweis für diese Behauptungen. Darum riet ich zur Konsultation der angemessenen Fachliteratur. Selbst wenn dieser dort angesprochene Beschluß exisiterte halte ich eine Interpretation, wie dies etwa bei dem im anderen Thema angesprochenen "Verbot der Bibelliteratur", nach Tendenz für wahrscheinlich.
Da ich kein Mediävist bin, also kein ausgewiesener Fachmann dieser Zeit, will und wollte ich das nicht generell als falsch abtun, bevor man es nicht überprüft hat, denn im Gegensatz zu gewissen anderen Diskussionsteilnehmern bin ich in der Lage meine Grenzen zu erkennen und eine vorgeprägte Meinung bei mir nicht auszuschließen (ich hoffe du merkst, dass diese Art der Diskussion sehr persönlich und unsachlich ist, darum belaß ich es dabei).

Aber noch ein paar Argumente gegen die oben genannte Behauptung, im Mittelalter wäre die Medizin generell und durch die Haltung der Kirche und der Christen im besonderen den Bach runter gegangen:
Pro medium aevum: - Die Regeln des Benedikts von Nursia enthalten folgenden Auszug: "Vor allem muß man für die Kranken sorgen. Ihnen soll man dienen wie Jesus Christus selbst."

contra: Die Medizin der Antike ist keineswegs das so hochgebildete, für jedermann zugänglich Versorgungswesen, für das es von dir scheinbar gehalten wird. "Typisch Römisch" vielmehr ist die Medizin, wie sie Plinius und Cato uns traduierten. Hausmittel ist da noch der schmeichelhafteste Begriff, den man verwenden kann, was ihnen nicht einen begrenzten realen Effekt absprechen soll.

Pro: Wie bereits selbst vorgetragen beschäftigten sich die hier so gescholtenen mittelalterlichen Mediziner seit dem 12. Jh.n.Chr. mit dem med. Wissen der arabischen Welt. Dieses Wissen wurde gelehrt und erforscht in Salerno, Bologna und Montpellier. Letztere Schule in Südfrankreich wurde übrigens von einem päpstlichen Botschafter gegründet.

Pro: Friedrich der II. erläßt 1231 eine obligatorische Prüfung vor der Ausübung des Arztberufes. Dies soll Quacksalbern das Leben erschweren.

Contra: Scribonius Largos berichtet von gerade mal 263 bekannten Arzneien in seinem "de compositione medicamentorum". (zum Vergleich Thesaurus medicaminum von Hohannes Minner von 1479: gerundete 1000)

Pro: Im Gegensatz zu dem hier behaupteten arbeitete die mittelalterliche Medizin mit weit mehr Mitteln, als nur dem Aderlaß. Während die Bader, die durchaus mit einigen der in den antiken Themern arbeitenden Ärzten zu vergleichen sind, Schröpfköpfe und Co. benutzten, sind es Handbücher wie "Parabeln der Heilkunst" von Arnaldus von Villanova aus dem 13. Jh. in dem auf das Wechselspiel von Wissen um den Körper, Krankheiten und Heilmittel hingearbeitet wird. Weitere Beispiele sind die Hildegard von Bingen mit ihrem umfangreichen Werk, etwa dem später so benannten "Causa et curae" (der Name ist programmatisch und Widerspruch in sich) oder physica.

Contra: Zum Vergleich der Quacksalber: die erst ca. 220 v.Chr. nach Rom gekommene griechische Medizin wurde von jemandem ausgeübt, der von den Römern den Spitznamen "Carnifex" bekam, Schlächter! 100 Jahre soll danach medizinisches Schweigen (bis auf Hausmedizin) geherrscht haben, bis wieder griechische Ärzte kamen und arbeiteten. Ihr Ruf war so besonders, dass Cicero massiv einschränkt wer diesen Beruf ausübt (und das war nicht als Schmeichelei gedacht). Viele Grabsteine stellen fest, dass ihr Tod vom Arzt veschuldet sei, oder dass die Menschen nur starben, um ihrem Arzt zu entkommen. Was dies letztlich beweist, ist, dass der Ruf ein ganz eigenes Thema ist, das keineswegs Antike und Mittelalter absetzt.


Pro: Die oben angesprochenen Hospitalorden und Hospitäler sind ebenfalls Ausdruck christlicher und sozialer Wohlfahrt von Alten, Kranken und Verwaisten, die sich bis ins 19. Jh. erstrecken, mit der Behauptung eines Behandlungs- oder gar Pflegeruins nicht konform gehen. Ein berühmtes Beispiel ist das Hôtel-Dieu de Beaune.

Das nur als keiner Ausblick, diese Reihe kann man noch eine gute Weile fortsetzen (und soll kein Beweis für eine Rückständigkeit der antiken Medizin sein, den hohen Stand dokumentieret bspw. die im Anschluß zitierte Literatur). Egal wann also dieses vermeintliche Verbot verhangen worden sein soll verzeichnen wir in Früh - Hoch und Spätmittelalter einen stetigen Umgang mit den medizinischen Künsten wie er auch und teilweise nicht mal in der Antike geherrscht hat.
Die Einbildung, antike Städte wären ein Hort an Sauberkeit und für alle erreichbare, perfekte Medizin gewesen, ist eine eben solche, so wie der Eindruck, das Mittelalter sei nicht mal in der Lage gewesen, einen simplen Bruch zu schienen.
Dazu ein paar Literaturempfehlungen, die durch die Bank weg auch einfach in den öffentlich zugänglichen Wegen zu erreichen sind (ich verzichte auf eine vollständige Bibliographie, die Angaben sollten genügen):
Ernst Künzl, Medizin in der Antike (zur antiken Realität der Medizin)
Friedemann Bedürftig, Geschichte der Apotheke (zum Vergleich des Umfanges antiker und mittelalterlicher Pharmazeutik)
LMA (Lexikon des Mittelalters) (Artikel zu den angeführten Personen, Hospitälern und Orden)
DNP (Der neue Pauly) (Artikel zur antiken Medizin, den angeführten Personen und Umständen sowie den kultischen Verwebungen)
Nick Yapp (Cornelia Fink Ãœbers.) Lebensalltag im Mittelalter (eine Reihe von Abbildungen von Dokumenten und bezugnehmender Kunst)


caivs quintvs hat geschrieben:
Zitat:
Gab es im MA noch die Töpferscheibe ?
- Ich bin nicht sicher, ob sie vollkommen verschwand oder nur von sehr
wenigen Töpfereien verwendet wurde.

Also nicht direkt ein Widerspruch, weil wohl nicht genau erwiesen.

Von Susanna (ihres Zeichens ebenfalls Archäologin) zitierte Literatur scheint das Gegenteil zu behaupten. Wenn sich "deine" Archäologin also unsicher ist ob es aufhörte genutzt zu werden oder der Umfang reduziert wurde und an anderer Stelle anderes behauptet wird, stünde es höchstens an, für die Behauptung Zitate mit Nachweisen zu fordern.


caivs quintvs hat geschrieben:
Was erwiesen ist, ist daß bei uns im Bliesgau, wo vorher eine Terra-Sigillata-Brennerei
existierte, die vorzügliche Ware bis nach Britannien vertrieb, nach dem Rückzug der
Römer und dem Zerfall der Brennerei 100 Jahre später wieder sehr grobe Irdenware von Hand geformt, produziert wurde.
Warum daß :?: Etwa weil es der Mode der damaligen Zeit entsprach ? :roll:
Oder eher aber, weil das Wissen der Herstellung von Terra Sigillata vergessen wurde...

Deiner Logik zufolge müßte die Methode der Schwarzfirnis-Keramik von den Römer erst vergessen worden sein und als Ersatz die Terra S. eingeführt.
Vasenmalerei wie sie im archaischen, klassischen und hellenischen Zeitrahmen existierte kommt so bei den Römern praktisch nicht mehr vor. Der Brennvorgang kann als komplizierter als der zur Sig. Herstellung nötige rein oxidierende Brand bezeichnet werden.

Es ist also sehr gewagt davon auszugehen, dass hier einfach ein technikunverständnis vorherrschte. Es kann sich wie gesagt ebenfalls um wirtschaftliche Überlegungen gehandelt haben (wie bereits erläutert sind weder die produktionstechnischen noch infrastrutkurellen Gegebenheiten des römischen Reiches nach der Übernahme weiter präsent) oder auch um rein kulturell-geschmackliche.
Man kommt nicht umhin, dass es genug Techniken gibt, die in der antike bekannt und heute nicht mehr nachvollziehbar sind, dies gilt (neben dem Hinweis auf die doch recht ordentliche Zeitspanne) aber auch für die Antike selbst (etruskisches Handwerk wies Techniken auf, welche die Römer nicht mehr beherrschten) wie dies auch für viele Handwerksberufe und Zünfte der Neuzeit gilt, die heute vollkommen ausgestorben sind. Das Internet wimmelt vor Verweisen auf diese ausgestorbenen Berufe und deren Fähigkeiten.


Zitat:
Ich habe übrigens den Kommentar von Dr.Bernard weiter oben deswegen komplett
reingestellt,damit der geneigte Leser sieht, daß ich Fehler, die ich bei meinen
Behauptungen mache ,zugeben kann, was nicht bei jedermann zutrifft. :roll:


Wie gesagt, wenn wir jetzt beginnen wollen auf der persönlichen Ebene diese Diskussion runter zu ziehen, wird der bislang recht sachliche Ton wohl nicht halten und ich muß solche Themen zukünftig vom Bord fern halten.
Persönlich verbitte ich mir einfach solche Unterstellungen (ob ich nun damit gemeint bin oder nicht), immerhin tolerierten wir bisher ja auch stillschweigend deine umfassende Beleidigung aller Gläubigen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Montag 3. Dezember 2007, 09:11 
Hetairoi
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Bei dieser ganzen medizinischen Duskussion sollte man nicht vergessen, dass die "gelehrte Medizin" sowohl in Antike, Mittelalter und Neuzeit eher eine Angelegenheit der Gelehrten war und nur von besonderen Personenkreisen beansprucht werden konnte, zumal selbst hier die Zahl der Quacksalber über alle Epochen hinweg nicht gerade gering war (Tobias hatte schon die entsprechenden römischen Grabsteine angesprochen). Beim größten Teil der Bevölkerung herrschte eher eine Volksmedizin vor, welche eine mal mehr, mal weniger wirksame Mischung aus Kräuterheilkunde und magischen Praktiken war, welche sich ebenfalls von der Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit halten konnte. (Und bevor hier ein neues Thema angebracht wird, sei schon mal vorbeugend gesagt: Nein, die Kirche verfolgte nicht irgendwelche Kräuterweiblein als Hexen, weil sie damit das Wissen über die Empfängnisverhütung ausrotten wollte). In all den genannten Epochen war gerade gegen Infektionen kein Kraut gewachsen. Dies gelang erst Ende des 19. und Anfang des 20. Jh.
Auf jedem Plan einer mittelalterlichen Stadt finden sich immer irgendwelche Hospitäler, Leprosorien usw.
Gerade im Mittelalter wurden zahlreiche Ordensgemeinschaften gegründet, welche sich der Versorgung von Kranken widmeten. Die Ritterorden der Johanniter (auch Hospitaliter genannt, warum wohl?) und des Deutschen Ordens gehen auf solche Krankenpflegeorden zurück; und der Pflegedienst wurde auch noch nach der Militarisierung dieser Orden weitergeführt, im Fall der Johanniter/ Malteser bis heute.
Was diese Bestimmung des II. Laterankonzils betrifft, könnte es nicht damit etwas zu tun haben, dass der Kranke erst den geistlichen Beistand zum Empfang der Sakramente (Beichte und Krankensalbung) erhält, ehe der Arzt mit der Behandlung beginnt (welche ja durchaus erfolglos verlaufen und somit zum Tode des Patienten führen kann)?

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Sparates


Wer müßig geht, wird hoch geehrt; wer das Feld bebaut, wird tief verachtet. Das ehrenvollste Leben ist das Kriegs- und Räuberleben. (Herodot über die Thraker)


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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Montag 3. Dezember 2007, 21:02 
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Zitat:
caivs quintvs hat geschrieben:
Was erwiesen ist, ist daß bei uns im Bliesgau, wo vorher eine Terra-Sigillata-Brennerei
existierte, die vorzügliche Ware bis nach Britannien vertrieb, nach dem Rückzug der
Römer und dem Zerfall der Brennerei 100 Jahre später wieder sehr grobe Irdenware von Hand geformt, produziert wurde.
Warum daß ? Etwa weil es der Mode der damaligen Zeit entsprach ?
Oder eher aber, weil das Wissen der Herstellung von Terra Sigillata vergessen wurde...

Zitat:
Deiner Logik zufolge müßte die Methode der Schwarzfirnis-Keramik von den Römer erst vergessen worden sein und als Ersatz die Terra S. eingeführt.

Ich spreche von Produktion grober Irdenware NACH dem RÜCKZUG der Römer, also zu einer Zeit, in der die Römer dies schöne Land verlassen hatten, röm.Schwarzfirnis Keramik wurde von mir nicht erwähnt und auch nicht angedacht.

Du kannst jetzt sagen was Du willst, aber meiner Meinung nach zeugt die Produktion von grober, handgeformter Irdenware in Folge auf kunstvolle Terra Sigilatta vom Vergessen der Herstellung feiner Keramik, bzw. vom Verrohen der Kultur, wenn diese
grobe Keramik bewußt bevorzugt worden wäre.


Zitat:
Persönlich verbitte ich mir einfach solche Unterstellungen (ob ich nun damit gemeint bin oder nicht), immerhin tolerierten wir bisher ja auch stillschweigend deine umfassende Beleidigung aller Gläubigen.


Tja, es schrieb einmal ein großer Mann "Wer sich über Kritik ärgert, gibt zu, daß sie berechtigt war"

Wieso beleidige ich "Alle Gläubigen" ? (Du meinst wohl die Christen) Weil ich eine sachliche Diskussion führe zum Thema Untergang der röm. Kultur ? Was meinst Du wohl, warum es heißt, das "finstere" Mittelalter ? Weil die Kultur,Bildung,Medizin und Hygiene so herausragend war ? Also wirklich...

Nichtsdestotrotz betone ich hier noch einmal, daß ich NICHT beabsichtige, irgend jemanden zu beleidigen !!! Auch keine "Gläubigen" !!! Ich will hier nur diskutieren.

caivs


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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Dienstag 4. Dezember 2007, 02:05 
Tesserarius
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caivs quintvs hat geschrieben:
Ich spreche von Produktion grober Irdenware NACH dem RÜCKZUG der Römer, also zu einer Zeit, in der die Römer dies schöne Land verlassen hatten, röm.Schwarzfirnis Keramik wurde von mir nicht erwähnt und auch nicht angedacht.

Und ich habe versucht mit dem Beispiel der Firniskeramik dir zu erläutern, dass eine Nichtnutzung oder meinetwegen auch ein "Verschwinden" von Technik durchaus auch andere Gründe haben kann, als einen kulturellen Rückschritt.
Also nochmal: klassische Griechen = "höhere" und komplexere Form der Tonwarenverzierung als Römer. Daraus folgt aber nicht das es sich um einen Rückschritt der Kultur handelte.
Da wir nicht wissen, warum man auf TS verzichtete bleibt alles nur Mutmaßung.

Zitat:
Du kannst jetzt sagen was Du willst, aber meiner Meinung nach zeugt die Produktion von grober, handgeformter Irdenware in Folge auf kunstvolle Terra Sigilatta vom Vergessen der Herstellung feiner Keramik, bzw. vom Verrohen der Kultur, wenn diese
grobe Keramik bewußt bevorzugt worden wäre.

Das ich an Argumenten liefern kann was ich will scheint mir in der Tat so.


Zitat:
Zitat:
Persönlich verbitte ich mir einfach solche Unterstellungen (ob ich nun damit gemeint bin oder nicht), immerhin tolerierten wir bisher ja auch stillschweigend deine umfassende Beleidigung aller Gläubigen.


Tja, es schrieb einmal ein großer Mann "Wer sich über Kritik ärgert, gibt zu, daß sie berechtigt war"

Und wie ein anderer großer Mann schrieb, "wer lesen kann ist klar im Vorteil". Weder ärgere ich mich noch beziehe ich diese Äußerung direkt oder ausschließlich auf mich. Aber der jetzt hier eingebrachte und weiter geführte persönliche Tonfall ist einer Diskussion, gerade um ein solches Thema, nicht förderlich und führt wie jetzt hier stets zu einem Abkommen von einer Argumentation bis hin zu einer Streiterei.

Zitat:
Wieso beleidige ich "Alle Gläubigen" ? (Du meinst wohl die Christen) Weil ich eine sachliche Diskussion führe zum Thema Untergang der röm. Kultur ? Was meinst Du wohl, warum es heißt, das "finstere" Mittelalter ? Weil die Kultur,Bildung,Medizin und Hygiene so herausragend war ? Also wirklich...

1. In deiner Signatur steht "Glaubst du noch oder denkst du schon." Das heißt in der Ausformulierung: wer glaubt, denkt nicht.
Den Begriff "Gläubige" habe ich bewußt gewählt und meine damit keineswegs ausschließlich Christen, sondern eben genau das: Gläubige gleich welchen Glaubens.
Wenn du wirklich bereit bist Fehler einzusehen sollte dir langsam deine eigene Tendenz klar werden, wenn du so schnell vorurteilst, nur weil jemand pro ist, wo du contra vertrittst.

2. "Das finstre Mittelalter" wirst du in keinem Fachbuch als Periodisierung oder realistische Bezeichnung finden, höchstens im Rahmen einer Behandlung bestehender Vorurteile. Der Begriff stammt, aus der Phase der Aufklärung, als man dachte aus der Zeit der rel. Verklärung zu treten.
Hans-Werner Goetz, Professor für mittelalterliche Geschichte in Hamburg, schreibt zu diesem Irrglauben in seinem Buch "Proseminar Geschichte", welches als Einführung für Studenten gedacht ist:
"Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Mittelalter oft abschätzig beurteilt: Es gilt - mit den Augen der Aufklärung bzw. des Bürgertums - als "finster" und rückständig, als das "Pfaffenzeitalter", in dem Weltliches und Geistliches miteinander um den Vorrang stritten; als "mittelalterlich" werden gern solche Zustände bezeichnet, die hoffnungslos veraltet sind (auch wenn sie tatsächlich vielfach erst später entstanden sind). Da hilft es wenig, den Begriff selbst abschaffen zu wollen. Es gilt vielmehr, das Bild vom "finstren" Mittelalter durch Forschung und intensive Öffentlichkeitsarbeit aufzuhellen."

Und obwohl ich gerade eine nicht kurze Liste der medizinischen Errungenschaften aufgezählt habe im direkten Vergleich zur Antiken, dir sogar die Literatur zum selbst recherchieren nannte kommt nun doch wieder das Argument, im Mittelalter war die Medizin "verfallen"?
In der Fachsprache gibt es sog. "dunkle Perioden", die sich aber immer, auch im Fall des frühen Mittelalters auf eine Fundarmut beziehen. So gibt es nur eine einzige Epoche, die als "Dark Ages" angesprochen wird, und diese Phase liegt in der griechischen Geschichte, ein gutes Stück vor der archaischen und geometrischen Zeit.
Ich kann dir nur empfehlen dringend die "Einführung in die Geschichte des Mittelalters" zu konsultieren, um die bei dir bestehenden Vorteile und das von Klischees geprägte Bild zu beseitigen.

Zitat:
Nichtsdestotrotz betone ich hier noch einmal, daß ich NICHT beabsichtige, irgend jemanden zu beleidigen !!! Auch keine "Gläubigen" !!! Ich will hier nur diskutieren.
[/quote]
Genau das möchte ich auch, also schenken wir uns doch die persönlichen Anspielungen und vermerke und gehen auf die Argumente des anderen ein.
Und hier steht zur Debatte, dass Mittelalter eben nicht als reiner Rückschritt zu betrachten ist, nicht als finster und von machtgeilen Pseudoklerikern dominiert und in eine Welt des Unwissens und der niederen Kultur verwandelt wurde.

Was wie gesagt nicht heißen soll, dass es nicht kulturelle Verluste im Übergang von Antike zu Mittelalter gab, so wie man auch kulturelle Gewinne nicht negieren kann. Gleiches gilt für die jeweiligen Zeitabschnitte in sich allerdings ebenso.

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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Dienstag 4. Dezember 2007, 08:29 
Hetairoi
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Registriert: Donnerstag 20. Oktober 2005, 15:28
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Ich muß gestehen, dass sich bei mir eine gewisse Frustration einstellt: Mehrere Mitglieder dieses Forums, die Archäologie bzw. Geschichte studieren/ studiert haben und von daher doch eine gewisse Kompetenz für sich in Anspruch nehmen können, führen hier seitenweise Beispiele und Literatur dafür an, dass das Mittelalter eben keine finstere Zeit war, und zwar eben auch in Bezug auf Kultur, Bildung, Medizin und Hygiene. Und was ist die Reaktion: "Was meinst Du wohl, warum es heißt, das 'finstere' Mittelalter? Weil die Kultur, Bildung, Medizin und Hygiene so herausragend war? Also wirklich...?"
Die Mediävisten an den Universitäten tun mir leid: In jahrzehntelangen Forschungen arbeiten sie heraus, dass das Mittelalter eine Epoche war, die durchaus zu bedeutenden kulturellen Leistungen in der Lage war und sich in vielen Aspekten weder nebem der Antike (deren Erbe es so gut es ging zu bewahren suchte) noch vor der Renaissance (welche auf den Vorarbeiten des Mittelalters aufbaute) verstecken mußte. Aber anstatt diese Forschungsleistungen endlich in einer breiteren Öffentlichkeit zur Kenntnis zu nehmen, bleibt man wohl lieber dem vorurteilsbeladenen Zerrbild verhaftet, welches Renaissance und Aufklärung vom ach so finsteren Mittelalter malten (um sich somit vor dieser finsteren Folie in einem um so helleren Licht darstellen zu können). Soll damit etwa bewiesen werden, dass Vorurteile ein längeres Leben haben als die historische Wahrheit?
Ich würde mir wünschen, dass demnächst Ergebnisse der Forschung in der Diskussion stärker berücksichtigt werden, damit ein gewisses Niveau gewahrt werden kann.

Hier noch einige Literaturhinweise, die vielleicht die Sicht vom "finsteren Mittelalter" etwas erhellen können:
- Michael Mitterauer: Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs, 2. Aufl., München 2003. (Als Sonderweg gilt hier die Entwicklung der westlichen Kultur zur weltweit dominierenden Kultur)
- Alain Boureau: Das Recht der ersten Nacht, Düsseldorf 2000. (Weist nach, dass das "ius primae noctis" (ein Begriff, der erst in der Neuzeit aufkam und nicht mittelalterlich ist) im Mittelalter nicht gab, sondern ein Konstrukt des 17. und 18. Jh. ist, wo man mittelalterliche Rechtsbegriffe nicht mehr verstand und im Gefolge der Aufklärung ein Herrenrecht konstruierte, welches es niemals gab aber zur Untermauerung der eigenen Vorurteile genutzt werden konnte)

Zur Rolle der christlichen Kirche (wir haben in diesem Forum ja auch einen Thread, wo die Rolle des Christentums als Ursache des Untergangs des Römischen Reiches und seiner Zivilisation diskutiert wurde):
- Thomas E. Woods: Sternstunden statt dunkles Mittelalter. Die katholische Kirche und der Aufbau der abendländischen Zivilisation, Aachen 2006. (Eher populärwissenschaftlich, bringt aber durchaus nützliche Informationen)
- Arnold Angenendt: Toleranz und Gewalt. Das Christentum zwischen Bibel und Schwert, Münster 2007. (Reflektiert die historische Forschung der letzten 20 Jahre zu so umstrittenen Themen der Kirchengeschichte wie Kreuzzügen, Inquisition, Hexenverfolgung, Antijudaismus, Erbsündenlehre, Abschaffung der Sklaverei u. v. a. Gerade im Hinblick auf zahlreiche neue Ergebnisse der Forschung als Diskussionsgrundlage unentbehrlich)
- Arnold Angenendt: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, Darmstadt 1997. (unverzichtbares Standardwerk)
- F. Donald Logan: Geschichte der Kirche im Mittelalter, Darmstadt 2005.

Auch wenn ich hier keine Diskussion über religiöse oder ideologische Fragen lostreten möchte, so sei doch in Anbetracht mancher Diskussionsbeiträge in diesem Forum doch folgende Studie empfohlen:
- Philip Jenkins: The New Anti-Catholicism: The last acceptable Prejudice, Oxford 2003. (bezieht sich zwar hauptsächlich auf Verhältnisse in den USA, ist aber in Hinblick auf Vorurteile, deren Weitergabe und Mechanismen auch für Europäer interessant zu lesen. Der Autor ist übrigens nicht katholisch)

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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Dienstag 4. Dezember 2007, 18:35 
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also was man so hört, sollen ja römische ärzte schon in der lage gewesen sein, kompliziertere operationen durchzuführen...wohingegen dies im mittelalter scheinbar nichtmehr so war (hab net studiert, aber sowas sagen die im fernsehn ^^ )...möge man mich belehren ;)

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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Dienstag 4. Dezember 2007, 19:36 
Tesserarius
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Ich bin wie gesagt kein Mediävist, kann also nur das Mitteilen, dass mir auch bekannt ist. Ich gehe ebenfalls davon aus, dass einige Operationen nicht mehr vorgenommen wurden.
Von den bekanntesten Operationen wissen wir allerdings auch im Mittelalter. Die Entfernung des Blasensteines etwa wird weiterhin vorgenommen. Nachzulesen bspw. mit Quellenauszügen in: Paul Diepgen: Frau und Frauenheilkunde in der Kultur des Mittelalters. Stuttgart 1963

Extrem Aufschlußreich dieser kurze Text mit aktuellen Forschungsergebnissen beider Fachwelten:
http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/1237.php
Leider nur wenig Quellen- und Literaturverweise, dafür mit der Anschrift eines der Professoren.
Auch Augenoperationen, zur Bekämpfung der "Katarakte", also Star, hat man aus der Antike mitgenommen.
Wie es dagegen mit der seit der Steinzeit bekannten Trepanation aussieht, also dem öffnen der Schädeldecke, weiß ich leider nicht.

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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Mittwoch 5. Dezember 2007, 10:28 
Musica Romana
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Operationen am Schädel:

Frühmittelalter:

http://www.thieme-connect.com/DOI/DOI?1 ... 2001-16333

und hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Trepanation

es wurden also weniger, aber es gab sie. Die Untersuchung oben ist sehr eindeutig. Im Artikel, zu welchem Tobias Link führt, sind sie ebenfalls erwähnt.

Für das Verbot durch die Kirche, welches in dem Artikel bei Wikipedia angeführt wird, wird leider keine Quelle angeführt. Ausser dem Bild von Bosch meine ich aber schon andere (mittelalterliche) Abbildungen gesehen zu haben.

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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Mittwoch 5. Dezember 2007, 21:27 
Interessiert
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Zitat:
1. In deiner Signatur steht "Glaubst du noch oder denkst du schon." Das heißt in der Ausformulierung: wer glaubt, denkt nicht.

Diese meine Signatur hat nichts mit "Gottglauben" zu tun.Es bedeutet einfach ausgedrückt: "Glaubst Du Alles, was man Dir erzählt, oder machst Du Dir Deine eigenen Gedanken", was ich auch tue... :wink:
Zitat:
2. "Das finstre Mittelalter" wirst du in keinem Fachbuch als Periodisierung oder realistische Bezeichnung finden, höchstens im Rahmen einer Behandlung bestehender Vorurteile. Der Begriff stammt, aus der Phase der Aufklärung, als man dachte aus der Zeit der rel. Verklärung zu treten.

Als Dunkle Jahrhunderte oder Dunkle Zeitalter werden Zeiträume bezeichnet, in denen die Vor- bzw. Frühgeschichte einer bestimmten Region mangels Schriftquellen oder archäologischer Funde wenig bis gar nicht erforscht ist. In der Regel gehen diesen Dunklen Jahrhunderten Zeitabschnitte voraus, die relativ besser bekannt sind.

Im übertragenen Sinn bezeichnet man auch Zeiten, in denen das zivilisatorische Niveau (z. B. durch Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung, Kreuzzüge, Pogrome, Inquisition oder Seuchen) niedrig war, als dunkel, resp. dunkle Jahrhunderte. In diesen Zeiten ist ein Rückgang des Kulturschaffens zu verzeichnen, damit der Schriftproduktion, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass informative Schriftquellen überliefert wurden, drastisch reduziert wird. Ein etwa durch Seuchen oder Kriege verursachter Rückgang der menschlichen Besiedlungsdichte verringert auch die Möglichkeit archäologischer Funde.

In der Renaissance prägten Humanisten den Topos vom „dunklen“ oder „finsteren Mittelalter“, das ihrer eigenen, nun erleuchteten Zeit voranging und in dem religiös begründeter Dogmatismus den Geist verfinstert habe.

caivs


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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Mittwoch 5. Dezember 2007, 22:33 
Philosoph
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caivs quintvs hat geschrieben:
In der Renaissance prägten Humanisten den Topos vom „dunklen“ oder „finsteren Mittelalter“, das ihrer eigenen, nun erleuchteten Zeit voranging und in dem religiös begründeter Dogmatismus den Geist verfinstert habe.

caivs


Du meinst wahrscheinlich die Aufklärung. In der Renaissance waren alle noch mächtig stolz auf ihre Religiösität, durch die das Wissen und die Macht der Antike zu ihrer höchsten Vollendung kam (das war die Zeit, als die Päpste in den Kirchen Roms Gedenksteine aufstellten mit der Inschrift DOM)

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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Mittwoch 5. Dezember 2007, 23:34 
Hetairoi
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Zitat: "Im übertragenen Sinn bezeichnet man auch Zeiten in denen das zivilisatorische Niveau (z. B. durch Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung, Kreuzzüge, Pogrome, Inqusition oder Seuchen) niedrig war als dunkel, resp. dunkle Jahrhunderte."
Nach dieser Definition (und eine solche ist mir während meines gesamten Geschichtsstudiums nicht begegnet) müßte also die Zeit der späten Republik (2.-1. Jh. v. Chr.) eine Zeit des zivilisatorischen Niedergangs gewesen sein: Imperialistische Raubkriege, Bürgerkriege und Proskriptionen, innere Unruhen, Ausbeutung der Provinzen. Anscheinend aber haben Plautus, Terenz, Cicero, Sallust, Horaz, Vergil u. v. a. davon nichts mitbekommen.
Vielleicht mal ein paar Fakten: Ausbeutung, Unterdrückung, Kriege und Seuchen (z. B. in Athen zu Beginn des Peloponnesischen Krieges; im Römischen Reich unter Marcus Aurelius) sind beileibe keine Spezialität des Mittelalters gewesen. Inwieweit die Kreuzzüge verheerender gewesen sein sollen als antike Kriege (welche im Gegensatz zu den Kreuzzügen durchaus genozidalen Charakter haben konnten, vgl. Cäsars Eroberung von Gallien) ist mir nicht ersichtlich. Judenpogrome kannte auch schon die römische Antike (z. B. unter der Regierung des Kaisers Claudius in Alexandria).
Die Inquisition ist aus christlicher Sicht ohne Zweifel ein schwerer Fehler und ein Verstoß gegen die eigenen Ideale gewesen. Dennoch gilt sie heute in der Geschichtswissenschaft als ein Wegbereiter des modernen Justizwesens.
Ebenso haben mittelalterliche Theologen mit ihren Überlegungen zum Gerechten Krieg (wo sie auf antike Vorstellungen rekurrierten und diese weiterentwickelten) die Grundlagen für das moderne Kriegsrecht (-> Genfer Konvention) gelegt.
Ein Beispiel aus der Neuzeit: Selbst die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges haben in Deutschland die Entwicklung des Barock allenfalls hemmen, aber nicht verhindern können. Und wo wir schon in der Neuzeit sind: Hexenverfolgung und Religionskriege sind kein Phänomen des Mittelalters, sondern der Neuzeit (16./17. Jh.). So viel zum Thema, man habe sich in der Renaissance aus religiösem Dogmatismus befreit (interessanterweise haben sowohl die päpstliche als auch die spanische Inquisition keine Hexenprozesse durchgeführt). (Zur Hexenverfolgung s. bspw. Rainer Decker: Die Päpste und die Hexen)
Aber wir haben wohl keinen Grund, auf frühere Epochen herabzuschauen: Immerhin hat die westliche Welt des 20. Jh., und diese kann man wohl wirklich nicht als unzivilisiert bezeichnen oder bei ihr gar von einem Niedergang von Technik und Kultur reden, die beiden mörderischsten totalitären Ideologien hervorgebracht, die die Welt bis dahin gesehen hatte. Interessanterweise zeichneten sich beide Weltanschauungen auf ihre jeweilige Art und Weise darin aus, dass sie das christliche Erbe Europas und die dahinterstehenden Werte negierten und abschaffen wollten.
Es mag nicht besonders höflich sein, aber um das fachliche Niveau zu bewahren, sollte folgende Regel gelten: Entweder man kann seine Behauptungen mit Hilfe von Quellen oder wissenschaftlicher Literatur belegen (und da zählen irgendwelche Artikel in Pax et Gaudium definitiv nicht dazu), oder aber man hält gefälligst den Mund und nutzt die Gelegenheit, sich ordentlich zu informieren.
Jedenfalls bin ich es langsam leid, hier irgendwelche unfundierten Stammtischparolen, die keiner historischen Überprüfung standhalten sowie eine totale Resistenz gegenüber wissenschaftlichen Fakten serviert zu bekommen.

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Sparates


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 Betreff des Beitrags: Re: Rom vs. Mittelalter
BeitragVerfasst: Donnerstag 6. Dezember 2007, 00:43 
Miles Gregarius
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...wisst ihr noch wer was sagte??....manchmal ist weniger mehr... :)


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