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BeitragVerfasst: Sonntag 6. Juli 2008, 10:54 
Musica Romana
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Salvete!

Nachdem in der letzten Zeit häufig danach gefragt wurde, dachte ich, es würde Sinn machen,
hier mal einige Begriffe zu definieren oder zumindest den Versuch zu starten.

Es herrscht eine verwirrende Vielfalt von Begriffen, die eine unterschiedliche Bedeutung haben,
die aber auch teilweise (leider) unterschiedlich definiert werden.

Als da wären:

- Reenactment
- Living History
- LARP
- Histotainment
- Geschichtstheater
- Experimentelle Archäologie
- Archäotechnik
- Heritage Interpretation
- 1st person interpretation
- 3rd person interpretation
- Museumspädagogik
- Replik
- Nachbau
- Rekonstruktion
- absolute Chronologie
- relative Chronologie
- chronologisches Netz

Wahrscheinlich habe ich etwas vergessen. Ich bitte um entsprechende Nachsicht und Ergänzung.

Es wäre schön und hilfreich diesen Begriffen Grundrisse und deren Bedeutung zu zuweisen.
Neben entsprechenden Links und/oder Literaturhinweisen hilft eine Kurzformulierung in 3-4 Sätzen pro Begriff sicherlich auch weiter.

Interesse und Ideen!? ^^ :!:

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. Juli 2008, 11:10 
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Zitat:
- Archäotechnik


Ich zitiere Wulf Hein, der diesen Begriff gewählt hat, aber anbetracht der "Archäotechniker"-Schwemme leider nicht hat schätzen lassen:

WAS IST ARCHÄOTECHNIK?

Viele der grundlegenden und wichtigsten menschlichen Erfindungen, ohne die unsere heutige Zivilisation keine Sekunde lang funktionieren würde, wie etwa das Herstellen und Benutzen von Werkzeugen, die Entwicklung des Rades oder die Zähmung des Feuers sind in der Steinzeit gemacht worden.

Archäotechnik versucht, diese handwerklichen Fähigkeiten unserer Vorfahren auf der Grundlage wissenschaftlicher Experimente nachzuvollziehen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Mein Haupttätigkeitsfeld ist die Herstellung professioneller Nachbauten von prähistorischen Funden aller Art, von der Knochennadel bis zum jungsteinzeitlichen Haus im Maßstab 1:1, unsere Arbeiten werden von zahlreichen Museen und Institutionen im In- und Ausland ausgestellt. Dazu zählen Rekonstruktionen von einzelnen Gegenständen und ihren Herstellungssequenzen in Einzelschritten ebenso wie Dioramen und Modellbauten.


Quelle: http://www.archaeo-technik.de/

Der Begriff wurde seitens der Bildungsinstitute für einen Studienzweig mit Schwerpunkt Restaurationsarbeit übernommen. (Nur um Irritationen zu vermeiden!)

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Steve Lenz

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. Juli 2008, 11:14 
Hetairoi
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Hallo Susanna!
Reenactment und Living History sind sich meiner Ansicht nach recht ähnlich. Ich würde vielleicht anmerken, dass Reenactment meist im Zusammenhang mit militärhistorischen Themen erwähnt wird, während Living History ein etwas breiter gefasster Überbegriff sein kann, der sowohl zivile als auch militärische Darstellung umfasst. Beide Begriffe sind aber so eng beisammen, dass sich wohl zwangsläufig Überschneidungen ergeben. In beiden Bereichen wird jedoch versucht den historischen Originalen möglichst nahe zukommen, u.a. durch Verwendung originalgetreuer Werkstoffe und Ausstattung.
LARP ist dagegen ein fast reines Rollenspiel, bei der die Ausprägung und das Ausleben eines Charakters im Vordergrund stehen. Während bei Reenactment/Living History die Ausstattung aus authentischen Materialien besteht, kann bei LARP auf moderne Werkstoffe zurückgegriffen werden, wie z.B. Latex und Fiberglas für Waffen, Rüstungen etc.

So würde ich zumindest die Erklärung ansetzen, kann mich aber auch irren.
Grüße
Strategos

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Strategos a.k.a Willi Miesen a.k.a. Ariston

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. Juli 2008, 14:52 
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LARP fällt hier total aus der Reihe, da es sich als einziges von den genannten Hobbies nicht auf historische Vorlagen stützt, sondern eben auf verschiedene Fantasywelten. Auch was Strategos sagt ist richtig, es geht um das Ausleben eines Charakters und nicht um die möglichst korrekte Demonsration für Zuschauer oder sowas.

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Perdikkas a.k.a. Thorsten Schillo

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. Juli 2008, 17:54 
Musica Romana
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Ich hatte LARP erwähnt, weil es sich ja sehr häufig z.B. historisch anmutender Kostüme und Ausstattung bedient.
Es gibt auch "historisches LARP". :wink:

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. Juli 2008, 21:26 
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Naja, es gibt Leute, die das von sich behaupten. Davon kenn ich wirklich ne ganze Menge. ^^
Aber historisches LARP geht schonmal so weit nicht, weil man halt mit Schaumstoffwaffen rumrennt. Ausserdem sind halt durch die strikten Sicherheitsvorschriften z.B. Stoßwaffen meistens verboten usw. Aber darum gehts eigentlich gar nicht.
Ich würds hier aussen vor lassen oder deutlich eingrenzen, weil selbst in der LARP Szene kriegt man von zehn Leuten zwanzig unterschiedliche Definitionen für "LARP" als Hobby.

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. Juli 2008, 21:36 
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Replik ist die edlere Bezeichnung für den Nachbau eines Gegenstandes zu welchem Faktoren wie Bemaßung und Material bekannt sind.

Ein sehr großer Unterschied besteht zu der Rekonstruktion, bei welcher diverse Faktoren nicht bekannt sind und welche erst erschlossen werden müssen: Bemaßung, Material, Art der Bearbeitung, in Frage kommendes Werkzeug, pyrotechnische oder chemische Werkschritte, etc.

Während man bei einer Replik (Nachbau) auf modernes Werkzeug zurückgreifen kann sollte bei der Rekonstruktion mit dem Werkzeug - welches oft selbst erst rekonstruiert werden muss - gearbeitet werden um eine verläßliche Aussage erreichen zu können, welche sich in dem fertigen Produkt manifestiert. Des weiteren ist eine dokumentarische Begleitarbeit untrennbar mit der Rekonstruktion verbunden.

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. Juli 2008, 22:24 
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es gibt durchaus "Historisches" Larp... nennt sich dann Stahl-larp hat mit Wir -schlagen -uns mit - Dildos nix zu tun. Hat nen Geschichtl. Plot... und findet in der Regel nicht in Deutschland statt.
Ist meistens auf einen sehr begrenzten Personenkreis beschränkt... die Wiki-Szene macht sowas mehrfach im Jahr.. in der Regel in Südengland , oder Schweden.


man könnte ja sowas mal auf Antik ins Auge fassen... Borg währe als Location Genial ^^

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...aus nachvollziehbaren Gründen wurde das tragen von Pickelhauben bei den Ballontruppen untersagt..


...Arschbacken und Kuchenbacken... sind beides backen, haben aber trotzdem nichts Gemeinsam...


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BeitragVerfasst: Sonntag 6. Juli 2008, 23:34 
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Das wusst ich nicht...aber wie gesagt, dann lieber eingrenzen als versuchen LARP allgemein zu definieren.

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BeitragVerfasst: Montag 7. Juli 2008, 08:52 
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Nochmal die bereits dargestellten Begriffe im Sinne der Klassischen Archäologie:

Rekonstruktion:
Weitgehende Wiederherstellung der Form von Objekten, Bauwerken und ander Kulturdenkmäler anhand erhaltener Überreste. Gilt auch für künstlerische Werke im Sinne von Musik, Theaterstücken etc.

Replik:
Wiederholung eines Kunstwerks durch den Künstler selbst, im Unterschied zur Kopie, die nicht vom ursprünglichen Künstler stammt. Bei der Beurteilung antiker Bildwerke werden in der Archäologie als Replik die Stücke bezeichnet, die soweit miteinander übereinstimmen, daß sie als Kopien des gleichen Originals gelten können.

Man könnte also durchaus sagen, daß die heute hergestellten Kopien antiker Originale
dann als Repliken im eigentlichen Sinne gelten, wenn sie stets aus der gleichen Werkstatt kommen.
Das wäre mein Vorschlage im Sinne der heutigen Benutzung bei vielen Darstellern/Handwerkern.

@Steve: Hast du eine Literaturquelle, welche die Definition für den Begriff Rekonstruktion
in direkte Verbindung mit ihrer historischen Herstellungsweise bringt?

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BeitragVerfasst: Montag 7. Juli 2008, 09:01 
Togatus
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Hallo!

Ein interessantes und vielschichtiges Thema! Leider redet man in der LH doch häufig wegen des Begriffswirrwars aneinander vorbei. Das wurde zuletzt auch wieder auf den Fachtagungen in Cloppenburg und Kiekeberg deutlich. Prof. Wolfgang Hochbruck von der Universität Freiburg machte deshalb den Versuch, ein wenig Ordnung hineinzubringen und inhaltliche Grenzen und Verbindungen bei Begriffen wie Living History, Experimentelle Archäologie, reenactment, LARP usw. aufzuzeigen. Seinen ganzen Beitrag hier wiederzugeben würde wohl den Rahmen sprengen, deswegen sei mir der Verweis auf den (sehr handlichen) Tagungsband von Kiekeberg erlaubt: W. Hochbruck, Living History, Geschichtstheater und Museumstheater: Übergänge und Spannungsfelder. In: H. Duisberg (Hrsg.), Living History in Freilichtmuseen. Neue Wege der Geschichtsvermittlung (Ehestorf 2008) 23-35.

Ich will mich nur kurz zu zwei Begriffen äußern, die mich selbst betreffen, nämlich der Heritage Interpretation und Archäotechnik

Heritage Interpretation, entzieht sich einer genauen deutschen Übersetzung. Mann könnte je nach Blickwinkel etwa „Kultur“- „Natur-„ oder auch „Geschichtsinterpretation" sagen. Es handelt sich um einen Sammelbegriff für eine Reihe von Kommunikationstechniken, die in den USA seit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt wurden, um den Besuchern von Nationalparks, historischen Stätten und Museen ihr kulturelles Erbe im direkten Kontakt mit Objekten, Landschaften und Orten zu vermitteln. Ich selbst benutze gerne den Begriff "historische Interpretationen", um deutlich zu machen, daß ich mich auf Geschichte und Archäologie konzentriere, statt auf Kunst oder Naturvermittlung (zitiert nach: A. Beyer/A. Sturm, Geschichte für Herz und Verstand - Rekonstruierte Vergangenheit als Chance für lebendige Museen. AI 29/1&2, 2006, 63-71.). Entscheidend geprägt und erstmals umfassend beschrieben wurde der englische Begriff durch Freeman Tilden in seinem im Grunde immer noch gültigen Standardwerk“Interpreting our Heritage” (Chapel Hill 1977).

Den Begriff der Archäotechnik würde ich deutlich enger fassen als mein altgedienter Kollege und Erfinder des Begriffs Wulf Hein. Denn dem Wortlaut nach beinhaltet die Archäotechnik ja erstmal die Beschäftigung mit technischen Verfahren der Vergangenheit (und nicht, wie man auch annehmen könnte, etwa Grabungs- und Meßtechniken). Und genau hier lasse ich für mich auch das Wirkungsfeld der Archäotechnik enden.

Die übergeordnete Metaebene der Vermittlung an das Publikum, also die Einordnung in den historischen Kontext sowie die Wahl und Anwendung der zur Ansprache des Rezipienten notwendigen pädagogische Mittel wird meiner Ansicht nach bereits hervorragend und seit Jahrzehnten (in Deutschland) durch die Museumspädagogik und (auf internationaler Ebene) die Heritage Interpretation ausgefüllt. Ich sehe deshalb keinen Grund, hier einen Bedeutungstransfer vorzunehmen und auf die Archäo-Technik auch noch die pädagogische Arbeit aufzusatteln.

Es sei noch angemerkt, dass sich die Heritage Interpretation insofern von der klassischen Museumspädagogik unterscheiden lässt, als dass erstere von Tilden eher als eine Kunst, die zum Lernen verführt, charakterisiert wurde denn als klassische Lehrveranstaltung. Da aber auch bei dieser Kunst in Tildens Werk immer die Wissensvermittlung und nicht allein der ästhetische Genuß im Zentrum der Interpretation steht, habe ich in Kiekeberg als Kennzeichen einer gelungenen Heritage Interpretation die Vereinigung von Kunst und Wissenschaft betont.

Zu den Begriffen First- und Third-Person Interpretation habe ich schon vor längeren ein wenig zusammengestellt, das hier mit weiterführender Literatur einzusehen ist: http://www.rete-amicorum.de/publikationen/living_history/living_history_index.html

Herzliche Grüße,

Andreas

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Heritage Interpreter und Autor


Zuletzt geändert von Andreas am Montag 7. Juli 2008, 11:29, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Montag 7. Juli 2008, 09:44 
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Zitat:
@Steve: Hast du eine Literaturquelle, welche die Definition für den Begriff Rekonstruktion
in direkte Verbindung mit ihrer historischen Herstellungsweise bringt?


Ad hoc nicht. Ist lediglich die Widergabe meiner Überzeugung (und die anderer Archäotechniker, wenn ich auch nicht sagen kann, ob und von wie vielen). Ansonsten sehe ich keine Möglichkeit, etwas als archäologische Rekonstruktion im Sinne des Wortes ernst zu nehmen.

Es gibt Leute, die drehen Teile auf modernen Drehbänken, flexen oder fräsen Klingen aus Bandeisen und nennen das fertige Produkt Rekonstruktion, Sichtnähte per Hand, alle unsichtbaren mit der Maschine, kleben mit Unterbodenschutz statt mit Birkenpech...die Liste ist lang. Auf Sicht mag es so wirken, aber eigentlich ist es ein simpler Nachbau.

Ich war anfangs selber geneigt, Arbeiten für mich selbst "mal eben schnell" hinzuklatschen, aber ich kam schnell auf den Trichter, dass das nicht der richtige Weg sein kann.

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Steve Lenz

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BeitragVerfasst: Dienstag 8. Juli 2008, 11:57 
Musica Romana
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Zum Thema Larp (fühle mich da Berufen, da ich das selbst mache)...

Ganz trocken aus der Wiki:
Live Action Role Playing (LARP) oder Liverollenspiel bezeichnet ein Rollenspiel, bei dem die Spieler ihre Spielfigur auch physisch selbst darstellen. Es handelt sich also um eine Mischung aus dem Pen-&-Paper-Rollenspiel und dem Improvisationstheater. Das Spiel findet in der Regel ohne Zuschauer statt. Die Teilnehmenden können im Rahmen einer Rolle, die die eigene Figur und ihre Eigenschaften und Möglichkeiten beschreibt, frei improvisieren. Die Spielfigur wird Charakter genannt. Soweit möglich finden Liverollenspielveranstaltungen an Spielorten statt, deren Ambiente dem Szenario der Spielhandlung entspricht, und die Charaktere werden mit einer entsprechenden Gewandung kostümiert.

Natürlich wird meist im Fantasy-Bereich gelarpt...
ABER: das ist nicht darauf beschränkt! Live Action Role Playing. Da steht nix von Fantasy Role Playing.

Larpen kann man natürlich auch auf dem historischen Sektor und mit Verlaub... imo kann man es mit dem vergleichen, was Reenactor tun. Sie denken sich eine Rolle und lassen diese anhand von Gewandung "erstehen". Natürlich kommt hier noch der Erklärungsfaktor hinzu.
Aber mal ehrlich... wenn ihr auf nem Feld steht und aufeinander eindrescht... dann tut ihr nichts anderes als das, was Larper auch machen.
Für das Larpen gibt es verschiedene Philosophien und sich gleich einen Elb oder Orc vorzustellen, der durch den Wald rennt oder sich an Bäume drückt, ist schlicht und einfach falsch.

Vieles meiner Gewandung fürs Larp zum Beispiel hat historische Vorbilder. Oftmals nähe ich sogar 100%ig nach historischer Vorlage und viele meiner Freunde tun das ebenso... obwohl es "nur" für das Larp ist.
Einige meiner Kollegen sitzen stundenlang da und weben eine Brettchenborte. Nun gut, es ist für das Larp, aber macht es das weniger bedeutsam oder anerkennungswürdig?

Allerdings und da bin ich wieder völlig Archäologin...
Der historische Kontext fehlt natürlich bei den meisten Larp-Veranstaltungen. So dass die einzelnen Darstellungen irgendwie wirken, als würden sie in der Luft hängen.
Aber wie gesagt, normalerweise ist Larp eben NICHT auf Fantasy beschränkt. Man kann genauso historisch Larpen und seinen "Plot" (also die Handlung) in eine bestimmte Epoche verlegen.
Das mit den "Gummischwertern" ist übrigens ein reiner Sicherheitsfaktor... nicht jeder mag nämlich mit ner richtigen Waffe auf einen anderen eindreschen.


Museumspädagogik:
Die Lehre von der Vermittlung des Sammlungsgutes eines Museums... auch ganz trocken formuliert.
Aber im Moment mein Arbeitsgebiet und wie sich herausstellt alles andere als trocken. Hier geht es um die didaktische Vermittlung von kulturhistorischen Prozessen, historischen Entwicklungen und von Archäologie. Es geht darum Konzepte zu erstellen, die es dem Besucher ermöglichen sich besser in das jeweilige Thema "einzudenken".

Sowohl Reenactment, als auch Living History und "Archäotechnik" (tut mir leid, ich finde diesen Begriff furchtbar!) sind lediglich HILFSMITTEL für die Museumspädagogik, die als Oberbegriff eigentlich über allem zu stehen hat.
Durch die bei der Museumspädagogik werden u.a. Erlebnisse vermittelt. Dies geht oftmals sehr viel einfacher anhand von Kleidung, Ausrüstung und sonstigen Materialien zum Anfassen.
Allerdings - und das muss ganz klar herausgestellt werden - widmet sich die Museumspädagogik nicht allein den Kindern und Jugendlichen, sondern adressiert sich auch ganz klar an Erwachsene.


Was die anderen Begriffe angeht... denen würde ich mich ja auch gerne jetzt widmen, aber ich hab hier eigentlich zu arbeiten ^^

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BeitragVerfasst: Dienstag 8. Juli 2008, 12:50 
Hetairoi
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Marion hat geschrieben:
Aber wie gesagt, normalerweise ist Larp eben NICHT auf Fantasy beschränkt. Man kann genauso historisch Larpen und seinen "Plot" (also die Handlung) in eine bestimmte Epoche verlegen.

Meiner Erfahrung nach ist LARP in Deutschland in den allermeisten Fällen auf Fantasy beschränkt, alles andere ist leider noch ne Ausnahme und damit per Def. eben nicht normal.
Es hat hier übrigens niemand behauptet LARP sei weniger beachtenswert als die anderen Hobbies. Ich hab nur gesagt es fällt aus der Reihe und dabei bleib ich auch.

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BeitragVerfasst: Mittwoch 9. Juli 2008, 10:02 
Musica Romana
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Thrakbad hat geschrieben:
Meiner Erfahrung nach ist LARP in Deutschland in den allermeisten Fällen auf Fantasy beschränkt, alles andere ist leider noch ne Ausnahme und damit per Def. eben nicht normal.


Sicher, in den meisten Fällen. Aber nicht ausschließlich. Es gibt sie, die historischen Larps. Sie sind nur weit weniger präsent als die der klassischen Fantasy.
Aber mit Sicherheit fällt es innerhalb dieser Aufzählung aus der Reihe, da stimme ich dir zu.
Mein Standpunkt ist schon seit jeher, dass im Grunde jeder Reenactor mit seiner Ausrüstung Larpen könnte, aber Larper sich bitteschön von historischer Darstellung fernhalten sollten.
Dennoch finde ich, dass die beiden Hobbies, trotz ihrer Unterschiede (v.a. was die Ernsthaftigkeit und Verbissenheit angeht - ich habe noch keinen Larper gesehen, der so Verbissen und "zähnefletschend" drauf ist wie so manche Reenactor...) dennoch über gewisse Parallelen verfügen.
Und dabei bleibe ich ;)

Edit:
Und bevor es zu Mißverständnissen kommt... ich ziehe eine große, dicke, fette Linie zwischen Reenactment und Larp! Mein Kleiderschrank hat sozusagen eine "Trennwand" ;)

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