Nachdem ich das nun auf fast jeder römischen Vereinswebsite lese:
es gibt KEINEN einzigen römischen Textilbeleg fĂŒrs Brettchenweben!
ArchÀologisch sind brettchengewebte Textilien oder Teile davon entweder keltischen oder germanischen Ursprungs.
Das schliesst eine Verwendung bei den Provinzialrömern nicht aus,
man kann ihn aber auch nicht belegen.
Das sollte man immer dazu sagen. Laut Schriftquellen und einigen seltenen Funden waren die GĂŒrtel der römischen Damen aus StoffschlĂ€uchen oder in seltenen FĂ€llen aus Leder.
Wir tragen BrettchengĂŒrtel fĂŒr die norisch-pannonische Tracht, bei den Treverern und Ubiern. Im stadtrömischen und italischen Bereich tragen wir sie nicht.
Liebe GrĂŒĂe
Suz
_________________ Ein Genie lernt alles, von jedem. Der Intelligente lernt vom Genie und aus seinen Erfahrungen. Der Dumme lernt nichts...., er weiĂÆĂâĂâŠĂž alles besser.
Registriert: Freitag 2. Dezember 2005, 16:38 BeitrĂ€ge: 139 Wohnort: KĂÆĂâĂâöln
Heja!
Ich hÀtte da was.
Gehört sich ja auch so, wenn man das ganze praktiziert...
Und zwar gibt es an koptischen Textilien Brettchengewebe als (angenĂ€hte!) AbschlĂŒsse, z.B. an der Ărmelkante oder am Halsausschnitt.
Zum einen ist als Beleg eine MĂ€nnertunika aus Köln (Sammlung Kolumba) zu nennen, die ca. ins 4.-5-Jhd datiert wird (kann sein dass ich mich jetzt gerade irre, ich schau mal nach und stells dann klar), zum anderen auch ein Fund, der in BrĂŒssel ausgestellt wird, und zwar die einzige komplett geborgene sog. koptische Mumie in Kleidung und mit komplettem Grabinventar. Dank eines extrem freundlich gefĂŒhrten Museums gibt es eine einzige abbildung und die ist in schwarz-weiĂ. Ich weiĂ allerdings, dass die Gute wohl mehrere tuniken ĂŒbereinander trĂ€gt und jede davon am Hals, an den Ărmeln und am Saum mit brettchengewebe verziert sein soll.
Auch hier gilt: ich versuch ans Matierial zu kommen und geb dan nÀhere Infos.
ich bin sehr gespannt auf Deine Erkenntnisse, auch wenn 4.-5. Jh. erst mal sehr spĂ€t klingt. (Ich "arbeite" gerade an der Menimane-Tracht und frage mich auch, was fĂŒr einen GĂŒrtel die Dame wohl getragen hat.)
Nun ist es ja leider so, dass Funde nicht immer die representative RealitĂ€t wiedergeben, sondern nur einen winzigen Ausschnitt von ihr. Ich grĂŒble also immer noch, ob im 1. Jh. nicht Brettchengewebtes durchaus bei den keltischen u. germanischen Provinzialrömern noch gĂ€ngig ist - auch wenn es *derzeit* keine Funde gibt.
Aber wie gesagt, das ist Spekulation. Ich halte mich schon an das, was bewiesen ist.
LG, Bettina
Registriert: Freitag 2. Dezember 2005, 16:38 BeitrĂ€ge: 139 Wohnort: KĂÆĂâĂâöln
zu GĂŒrteln aus Brettchengewebe kann auch ich nichts sagen...(auĂer das sie schick sind!)
In dem bereich ist alles wilde Spekulation, aber dadran haben wir ja spass, nicht?
Registriert: Mittwoch 26. Oktober 2005, 22:28 BeitrÀge: 149 Wohnort: Bonn
Andere Frage, um das mal wieder aufzuwĂ€rmen. Wenn es keine Brettchengewebten GĂŒrtel gibt fĂŒr die Zeit des 1. und 2. Jhs. (und danach fĂŒr geraume Zeit), was fĂŒr GĂŒrtel wurden dann getragen? Insbesondere bei Frauen...
DASS gegĂŒrtet wurde, steht wohl auĂer Frage. Aber mit was?
Leder? Stoff? Gedreht oder nicht? Gewebt oder nicht? Vielleicht geflochten?
WĂŒrde mich ehrlich gesagt interessieren, da es ja auch die eigene Tracht beeinflusst. zur Zeit trage ich nĂ€mlich noch meinen eigenen selbstgewebten BrettchenwebgĂŒrtel. Aber auf die Dauer... nein, da fĂŒhle ich mich selber dann nicht wohl mit. Aber was aussehen soll es halt auch.
Ich wĂŒrde wetten, das ging der antiken Frau genauso!
Ich hab meinen auch noch und es gibt germanische Funde aus dem ersten Jh. nach, soweit ich weiss. Danach kommen sie auch in Ăgypten vor ab dem 3.Jh. nach. Die nachgewissenen GĂŒrtel sind aus Stoff oder grob gewebter Wolle. Hab hier einen neue Quelle in "ArchĂ€ologie in der Schweiz", neueste Ausgabe ist ein TunikagĂŒrtel abgebildet aus Wolle.
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Registriert: Montag 5. September 2005, 18:47 BeitrÀge: 3128 Wohnort: Swisttal
Ist zwar gar nicht mein Thema aber ich erinnere mich an die norisch pannonischen FrauengĂŒrtel, Leder mit BeschlĂ€gen.
Pausch stellt auch zur Diskussion, dass es durchaus praktikable GĂŒrtel gab, also neben denen aus Wolle auch einfache Stricke und Riemen, verdeckt durch das Raffen der Kleidung.
Auch hier spiegelte sich garantiert wieder, welcher Klasse man angehörte.
_________________ Wer war froher als Neanth, da er sich Meister von diesem wundervollen Instrumente sah, wodurch er, ohne das mindeste von der Musik zu verstehen, der Erbe des Talents eines Orpheus zu sein glaubte! - Lukian
Registriert: Freitag 2. Dezember 2005, 16:38 BeitrĂ€ge: 139 Wohnort: KĂÆĂâĂâöln
Also, dass es Brettchengewebtes gab, ist jetzt klar: Funde von viereckigen und dreieckigen Webbrettchen (zumeist aus Bein) gibt es im provinzialrömischen des öfteren, ich möchte hier zunÀchst einaml die Funde aus der Augusta raurica (Augst) aus der mittleren Kaiserzeit nennen.
Zum einen gibt es hier drei dreieckige Webbrettchen, alle einen millimeter dick. Mit ihnen lassen sich keine so "tollen" musterbÀnder weben, sie taugen aber wunderbar, um strapazierfÀhige BÀnder herzustellen. Datiert werden zwei davon durch den Fundkontext zum einen 125-210 nach (oder 1-100, hier ist sich Frau Deschler-Erb nicht sicher) und zum anderen 270-400 nach Christus.
Desweiteren gibt es hier auch den Fund von einem viereckigen Webbrettchen mit einem Zentralen Mittelloch; solche Brettchen benutzte man wohl ebenfalls hauptsÀchlich zur Herstellung fester Riemen, es ist aber auch genauso möglich, schicke verzierte BÀnder damit zu weben.
(FundstĂŒcke und Datierung nach: Sabine Deschler-Erb, Römische Beinartefakte aus Augusta Raurica; Katalog, Augst 1994)
Ebenso glaube ich mich an Webbrettchenfunde aus Xanten zu erinnern, ich kann nur zur Zeit leider die Bearbeiterin der Knochenfunde aus Xanten telefonisch nicht erreichen...Ich denke, es waren einfache, relativ kleine, viereckige Brettchenfragmente ohne Mittelloch.
Also, gegeben hat es die Technik in der römischen Kaiserzeit definitiv. Zu was sie genau verwendet wurde ist unklar, ob es einzelne BÀnder mit rein funktionalem Zweck waren oder gemusterte BÀnder, die nebenbei auch noch eine zierende Funktion hatten, oder, dritte Möglichkeit, das ganze mit direkt in den Stoff als "Webkante" eingearbeitet wurde - Siehe die Textilfunde aus den Mooren in Norddeutschland und DÀnemark, hier sind die MÀntel an allen Seiten mit extrem breiten Brettchengewebe versehen (die Funde werden allerdings als "germanisch" bezeichnet)
Warum also nicht eine Technik, die es gegeben hat, verwenden, um damit reiĂfeste GĂŒrtel herzustellen, die noch dazu schick sind?
Diese dreieickigen Brettchen werden aber nicht zuverlÀssig als Brettchen gedeutet.
Im Katalog "Musen-Musik und Tanz in der Antike" (Ausstellung war vor 4 Jahren in Berlin) werden dieselben Brettchen als "Schwirrhölzer", sog.
"enyx", ein mysthisches Kultinstrument, welches durch Schriftquellen belegt ist.
Ich habs ausprobiert, es summt tatsÀchlich.
Einzelne Brettchen sind daher wohl immer der Interpretation des Finders ausgesetzt. Textilfunde wÀren notwendig.
Aber den zweiten Fund kannte ich noch nicht, danke Barbara.
Durch germanische Funde ist die Technik (bereits seit dem alten Ăgypten) hinreichend belegt, da hat du Recht. Aber alle römischen GĂŒrtelfunde sind halt nicht brettchengewebt.
Oder kennt wer andere?
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Registriert: Freitag 2. Dezember 2005, 16:38 BeitrĂ€ge: 139 Wohnort: KĂÆĂâĂâöln
Wie viele römischen (Frauen!)GĂŒrtel hat man denn gefunden, nur so als Frage, ob denn das auch reprĂ€sentativ ist?
Mit den dreieckigen Brettchen lĂ€sst sich aber eben auch genau so gut weben, und die Abarbeitungen an den Löchern, die sich in den Ecken befinden, lassen darauf schlieĂen, dass FĂ€den durchgezogen wurden und die Brettchen sich entlang dieser festen FĂ€den gedreht haben. Wie ist das denn dann mit den Schwirrrhölzern, Susanna? Ist da der Faden dran festgebunden und man "schwirrt" das ganze dann durch "lassoartiges" kreiseln des Fadens? Dann dĂŒrfte es ja keine solchen abriebspuren geben. (soweit meine These)
Desweiteren gibt es in einem (leider Ă€lteren) Buch von J.P. Wild ("Textile manufactures in the northern provinces", Cambridge 1970) hinweise auf weitere, vermutlich römische Webbrettchen, auch viereckige: er listet 7 Funde von quadratischen Webbrettchen in Kontinentaleuropa auf, jeodch ist die zuordnung zum römischen Fundkontext nicht sicher, aber auch er hat das alles nur von anderen autoren abgeschrieben, das ganze muss also weiter nachgeprĂŒft werden.
Fundorte wÀren: Boos (bei Bad Kreuznach), Hermsheim (Bei Mannheim), Mainz (2x), Planig (3x).
Dreieckige Webbrettchen nennt er als Funde aus Bingen, Koblenz, Trier (2x) und Vindonissa.
Das sind alles nur exemplarische Listen, die Arbeit bezieht sich ja HauptsÀchlich auf Materialien aus Britannien, dort kann er die Funde auch sicherlich römischen Schichten zuordnen, zu nennen wÀren:
Desweiteren andere, die er aber wie gesagt nicht sicher zuordnet.
Alle diese Funde sind aus Bein.
So, ich bin gespannt auf die Beschreibung der "Schwirrhölzer" (auch wenn sich das am besten wohl im vorgefĂŒhrten Beispiel klĂ€ren lĂ€sst...)
FĂŒhlen wir dem Thema mal auf den Zahn...
Barbara, Dir herzlichen Dank fĂŒr Deine sorgfĂ€ltige Recherche. Auf die (leider Ă€lteren) Quellen von John Peter Wild bin ich inzwischen auch gestoĂen. ErgĂ€nzend sei noch folgende Quelle genannt:
Wild, John Peter: "Some New Light on Roman Textiles." Textilsymposium NeumĂŒnster, ArchĂ€ologische Textilfunde, Hsg. Lise Bender Jörgensen und Klaus Tidow (1982).
Hier wird konkret auf ein einfaches (schlichtes), in Zweilochtechnik gewebtes Band verwiesen, welches auf einen Saum aufgenÀht war. Fundort ist Mainz.
(Das freut Frau Menimane, )
Ich denke, dass es durchaus in der gesamten Römischen Kaiserzeit eine gewisse PrĂ€senz von Brettchengewebtem gab, da es ja auch whrd. der Völkerwanderung und im FrĂŒhmittelalter praktiziert wurde, so dass es offenbar nie ganz "verloren ging".
Als TrÀger dieses Wissens vermute ich allerdings auch eher (romanisierte) Germanen und Kelten.
NatĂŒrlich drĂ€ngt sich auch mir als Frau die Frage auf, warum die Römerinnen nicht auch von den vielfĂ€ltigen schmĂŒckenden Mustermöglichkeiten des Brettchengewebes angetan gewesen sein sollen und es von den Peregrinen ĂŒbernahmen.
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nur mal kurz zur Info:
selbst fĂŒr die keltische LatĂÆĂâĂâĂšne-Zeit gibt es kaum nachweise fĂŒr Brettchengewebe. Es gibt noch vereinzelt Abschluss-/Anfangskanten, die mit wenigen Brettchen gewebt sind, aber die bekannten aufwenidgen Muster, wie sie fĂŒr die Hallstattzeit belegt sind, finden sich nur noch im 5. Jhdt. also der Lt A.
GĂŒrtel sind keine belegt. Diese waren primĂ€r aus Leder. Auch fĂŒr die Damen.
_________________ Die einzige Sicherheit, die wir in gegenwÀrtigen Zeiten haben, ist unsere Vergangenheit!
(Michael Altinger, bayer. Kabaretist)
Nichtsdestotrotz geht es hier um die römische Kaiserzeit.
Also, was haben wir denn an Realia zum thema römische Frauenkleidung?
Sehen wir mal von metallenen Trachtbestandteilen ab, die ja wesentlich höhere Ăberlebenschancen haben als Stoffe oder Leder, ist die Ausbeute an Funden seeehr gering, vor allem zum thema Frauenkleidung. Die MĂ€nnerwelt hat es da (teilweise, v.a. in der SpĂ€tantike) etwas einfacher.
Mir ist nĂ€mlich kein einziger archĂ€ologischer Fund bekannt, auĂer einem spĂ€tantiken, sog. "koptischen", da gibt's nĂ€mlich ne Mumie in BrĂŒssel, und die trĂ€gt mehrere tuniken ĂŒbereinanderen, bei denen Halsausschnitt, Ărmelkanten und ich glaube auch der eine oder andere Saum mit Brettchenwebborte nachtrĂ€glich verziert wurden (siehe Beitrag vom 15.12.) Datiert glaube ich ins 5. oder 4. Jhd, ich hab schon meinen Dozenten darauf angesetzt, der fĂ€hrt da in zwei Wochen hin.
Bei LedergĂŒrtel ergibt sich das problem, dass man die dinger ja irgendwie zusammenhalten muss, da Knoten in Leder sehr unschön sind. Also braucht man eine gĂŒrtelschnalle. Die haben wir aber - auĂer in einigen bestimmten Provinz-Trachten, z.B. Norisch-Pannonisch) nicht. Also fĂ€llt Leder flach (auĂer man nimmt GĂŒrtelschnallen aus Holz oder Horn..aber seid doch mal realistisch, MĂ€dels, welche Frau wĂŒrde sowas tragen???).
Also blieben uns die schon bereits aufgelisteten Materialien.
Das Brettchengewebt wurde, ist aus den Funden (definitiv 2.-4. Jh.) ja wohl klar. Das GegĂŒrtet wurde, ist auch klar. Ob man jetzt Brettchenwebborte zum GĂŒrten verwendet hat, ist nicht klar, aber nicht unmöglich. [/b]
In der letzten oder vorletzten Ausgabe von "ArchĂ€ologie in der Schweiz" ist ein WollgĂŒrtel (römisch) publiziert worden.
Hab ich auch schon Andreas fĂŒr seinen Artikel diktiert.
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