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 Betreff des Beitrags: Gladiatrices
BeitragVerfasst: Freitag 10. März 2006, 03:20 
Tesserarius
Tesserarius
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Registriert: Montag 5. September 2005, 18:47
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Da immer wieder danach gefragt wird, wirds Zeit diesem Thema ein eigenes Räumchen zu widmen:
Das berühmteste Abbild kämpfender Frauen im Status eines Gladiatoren ist das Relief im Besitz des British Museums.
Die durch Inschrift als Amazonia und Achillia benannten Damen streiten ohne Helm. Die Schilde auf dieser Darstellung enden weit über den Knien, was folglich Parmulari (oder besser -ae) nahelegt.
Es ist dabei jedoch kaum noch zu erkennen ob und wie viele Beinschienen die Frauen tragen. Welche Gattung wir hier nun also haben läßt sich kaum mit Sicherheit rekonstruieren, zumal dem sich anbietenden Thraker die geraden Klingen widersprechen
Hier besagtes Relief.
http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Glad ... relief.jpg

Thomas Wiedemann führt in seinem Buch zudem ein Relief aus Maastricht an.

Tacitus wie Suetonius berichten von kämpfenden Frauen in der Arena.
Ihre Existenz ist somit auf jeden Fall unumstritten, ihre Verbreitung jedoch völlig im Unklaren.

_________________
Wer war froher als Neanth, da er sich Meister von diesem wundervollen
Instrumente sah, wodurch er, ohne das mindeste von der Musik zu
verstehen, der Erbe des Talents eines Orpheus zu sein glaubte! - Lukian

Tib. Gabinius Primus
alias Talos
alias Tobias


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 Betreff des Beitrags: Missio at Halicarnassos
BeitragVerfasst: Freitag 10. März 2006, 14:57 
Salve Tib.,
Salvete Omnes,

ich hatte Nina per E-Mail die Zusammenfassung von dem Artikel von Kathleen Coleman geschickt, weil ich gedacht hatte, das wäre vielleicht zuviel des guten für dieses Forum, zu ausführlich und würde nicht von Interesse sein. Da Du, Tiberius, ja nun dieses Relief erwähnst und meinst, die beiden Frauen darauf hätten barhäuptig gekämpft, stell ich hier meine Zusammenfassung nun doch ein, in der K. Coleman beschreibt, warum die Frauen barhäuptig auf dem Relief zu sehen sind.


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: Freitag 10. März 2006, 14:58 
Kathleen Coleman â€" Missio at Halicarnassus
(in: Harvard Studies in Classical Philology, Volume 100, 2000)
Zusammenfassung:

Mitte des 19. Jh. wurde dem British Museum ein Reliefstein übergeben. Dieser Stein hat die Maße von ca. 65 cm Höhe und 79 cm Breite. Auf diesem Relief ist die einmalige Darstellung weiblicher Gladiatoren zu sehen. Ihre „Kampfnamen“, die sie genauso hatten wie ihre männlichen Kollegen, sind unten auf dem Relief mit „Amazon“ und „Achillia“ wiedergegeben. Die beiden Kombattantinnen stehen sich gegenüber und sind ähnlich ausgestattet. Beide tragen das subligaculum, Beinschienen und einen Armschutz. Beide tragen einen gewölbten länglichen Schild. Sie sind barbusig und die Köpfe sind unbedeckt.

Über den beiden Frauen steht auf griechisch, was auf lateinisch missae sunt bedeutet. D. h. beide wurden für diesen Kampf aus der Arena entlassen, ohne das eine Entscheidung gefallen war, sie haben also unentschieden gekämpft. Da sie beide auf diesem Relief sich gegenüberstehen, kann man davon ausgehen, dass sich das stantes missi auf diesen Kampf bezieht, bei dem sich die beiden gegenübergestanden haben.

Bemerkenswert ist, dass die beiden Frauen ohne Helme auf dem Kopf tragend dargestellt sind. Neben jeder Frau sind je ein rundes Objekt dargestellt, welches als Helm interpretiert werden kann. Deutlich sind das Visier, der Nackenschutz und die Krempe erkennbar. Dass diese Helme keinen Kamm mit Helmbusch haben, muss nichts außergewöhnliches sein, denn Gladiatorenhelme konnten die verschiedensten Formen und Verzierungen haben, so gab es sehr wohl Helme ohne Kamm.

Warum aber liegen die Helme nun daneben? Es gab zwei Möglichkeiten, die missio zu erreichen. Entweder rief das Publikum danach und der editor signalisierte dem summa rudis die beiden Kämpfer mittels seines Stabes zu trennen, oder der aufgebenden Gladiator legte eine Waffe ab, was auch durchaus ein Helm sein konnte, wie auf einem Graffiti aus Pompeji zu sehen ist.

Dadurch, dass beide Frauen ihre Helme abgelegt haben, akzeptierten beide, dass es keine Siegerin gibt, und dass sie auf dem Relief in Kampfstellung dargestellt sind, weist darauf hin, dass es sich bei diesen beiden um eine Kampfpaarung handelte.

Warum wurde dieses Relief geschaffen und wo stand es ursprünglich und was sagt es über die Einstellung zu weiblichen Gladiatoren? Sein ursprünglicher Aufstellungsort ist unbekannt, aber es ist kein Grabmal. Man nimmt an, dass der Sponsor der Spiele dieses Relief in Auftrag gab, um diesem besonderen Ereignisses eines unentschiedenen Kampfes zu würdigen. Dagegen spricht, dass aber sein Name nirgends genannt ist, es sei denn dieses Relief war Teil einer ganzen Serie. Meistens gedachten die Sponsoren aber der Spiele durch Mosaike.

Eine andere Möglichkeit war, dass das Relief in dem ludus stand, wo Amazon und Achillia trainierten, als Ehrung für diesen ungewöhnlichen Ausgang des Kampfes. Cassio Dios Anerkennung der Frauen, die bei Weihung des Flavischen Amphitheaters legt Nahe, dass weibliche Teilenahme toleriert wurde, so lange sie nicht die oberen Klassen betraf. Kaiser Septimius Severus verbannte weibliche Gladiatoren aus der Arena, aber hauptsächlich, weil Damen der oberen Klasse durch ihren Arenaauftritt Schimpf und Schande über ihre ganze Klasse brachten. Der Bann wurde aber wohl nicht überall eingehalten.

Aufgrund der Darstellungsweise ihrer Bewaffnung kann angenommen werden, dass die beiden Frauen einen ernsthaften Gladiatorenkampf bestritten haben. Unklar ist, ob sie nur für diese eine spezielle Gelegenheit unter den Namen Amazon und Achillia auftraten oder ob sie regelmäßig unter diesen Namen kämpften. Die Namen entsprachen jedenfalls der Vorliebe der Römer für griechische Mythologie, denn Achilles besiegte die Amazonenkönigin Penthesilea. Da in diesem Kampf sich jedoch zwei Frauen gegenüberstanden, war das Unentschieden für diese Gelegenheit ein passender Umstand im Gegensatz des Mythos.


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 Betreff des Beitrags: Quellen
BeitragVerfasst: Donnerstag 16. März 2006, 22:36 
Ich hab jetzt mal die Quellen zusammengetragen, die ich zu dem Thema gladiatrices gefunden habe. Leider sind die Ãœbersetzungen nur auf Englisch, gab halt keine Deutschen online.

@Tib.: Wie Du siehst, bin ich jetzt sogar auf die Stelle von Juvenal gestoßen.

Tacitus, Annales 15.32.3:
[32] Eodem anno Caesar nationes Alpium maritimarum in ius Latii transtulit. equitum Romanorum locos sedilibus plebis anteposuit apud circum; namque ad eam diem indiscreti inibant, quia lex Roscia nihil nisi de quattuordecim ordinibus sanxit. spectacula gladiatorum idem annus habuit pari magnificentia ac priora; sed feminarum inlustrium senatorumque plures per arenam foedati sunt.
[15.32] That same year the emperor put into possession of the Latin franchise the tribes of the maritime Alps. To the Roman knights he assigned places in the circus in front of the seats of the people, for up to that time they used to enter in a promiscuous throng, as the Roscian law extended only to fourteen rows in the theatre. The same year witnessed shows of gladiators as magnificent as those of the past. Many ladies of distinction, however, and senators, disgraced themselves by appearing in the amphitheatre.

Iuvenalis, Satura 6 246-264
endromidas Tyrias et femineum ceroma
quis nescit, uel quis non uidit uulnera pali,
quem cauat adsiduis rudibus scutoque lacessit
atque omnis implet numeros dignissima prorsus
Florali matrona tuba, nisi si quid in illo 250
pectore plus agitat ueraeque paratur harenae?
quem praestare potest mulier galeata pudorem,
quae fugit a sexu? uires amat. haec tamen ipsa
uir nollet fieri; nam quantula nostra uoluptas!
quale decus, rerum si coniugis auctio fiat, 255
balteus et manicae et cristae crurisque sinistri
dimidium tegimen! uel si diuersa mouebit
proelia, tu felix ocreas uendente puella.
hae sunt quae tenui sudant in cyclade, quarum
delicias et panniculus bombycinus urit. 260
aspice quo fremitu monstratos perferat ictus
et quanto galeae curuetur pondere, quanta
poplitibus sedeat quam denso fascia libro,
et ride positis scaphium cum sumitur armis.


Who has not seen the dummies of wood they slash at and batter
Whether with swords or with spears, going through all the manoeuvres?
These are the girls who blast on the trumpets in honour of Flora.
Or, it may be they have deeper designs, and are really preparing
For the arena itself. How can a woman be decent
Sticking her head in a helmet, denying the sex she was born with?
Manly feats they adore, but they wouldn’t want to be men,
Poor weak things (they think), how little they really enjoy it!
What a great honour it is for a husband to see, at an auction
Where his wife’s effects are up for sale, belts, shin-guards,
Arm-protectors and plumes!
Hear her grunt and groan as she works at it, parrying, thrusting;
See her neck bent down under the weight of her helmet.
Look at the rolls of bandage and tape, so her legs look like tree-trunks,
Then have a laugh for yourself, after the practice is over,
Armour and weapons put down, and she squats as she used the vessel.
Ah, degenerate girls from the line of our praetors and consuls,
Tell us, whom have you seen got up in any such fashion,
Panting and sweating like this? No gladiator’s wench,
No tough strip-tease broad would ever so much as attempt it.

Cassius Dio, 66.25.1
25 Most that he did was not characterized by anything noteworthy, but in dedicating the hunting-theatre and the baths that bear his name he produced many remarkable spectacles. There was a battle between cranes and also between four elephants; animals both tame and wild were slain to the number of nine thousand; and women (not those of any prominence, however) took part in despatching them.

Cassius Dio, 76.16.1
16 There took place also during those days a gymnastic contest, at which so great a multitude of athletes assembled, under compulsion, that we wondered how the course could contain them all. And in this contest women took part, vying with one another most fiercely, with the result that jokes were made about other very distinguished women as well. Therefore it was henceforth forbidden for any woman, no matter what her origin, to fight in single combat.

CIL xiv 5381 & 4616;
from MEFRA 88 (1976), pp.612-620; very fragmentary inscription.
.... Hostilianus .... duumvir, quaestor of the treasury of Ostia, flamen by decree of the city council, curator of the Youth Games .... who first of all since the foundation of the city [gave?] games with .... and gave women to the sword (?). Together with Sabina his wife he made this for himself and ....

Dann gibt es noch einen Senatus Consultum aus dem Jahre 11 n. Chr.: Freigeborene Männer unter 25 Jahren und freigeborene Frauen unter 20 Jahren dürfen nicht auf der Bühne der Arena auftreten.

Ein Senatus Consultum aus dem Jahre 19 n. Chr. aus Lavinium, welcher den vorherigen ersetzt: Zusätzliche Strafen zur infamia gibt es für Männer und Frauen des senatorischen und ritterlichen Standes, wenn sie als Gladiatoren auftreten.

Leider hab ich keinen genauen Wortlaut und Ãœbersetzung zu diesen letzten beiden Punkten.


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