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 Betreff des Beitrags: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Montag 3. Dezember 2007, 21:56 
Neuling
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Salve Tobias,

mit Interesse habe ich auf der Website von Euch den Teil über Gladiatoren gelesen und bin über Dein Foto als Dimachaerus gestolpert. Du schreibst ja selbst, daß dieses eine sehr selten oder schwer nachzuweisende Gattung ist. Junkelmann schreibt ja hierzu, daß der Dimachaerus nur zweimal epigraphisch belegt ist. Ein Relief aus Amisos, welches Dimachaeri zeigen könnte, deutet er D. Faccena und G. Ville folgend als Provocatores. Basiert aber Deine Darstellung des Dimachaerus auf diesem Relief, weil die dort gezeigten Gladiatoren pectorale tragen?

Ich hätte - nur so theoretisch - einen Dimachaerus ähnlich wie einen Scissor eine lorica hamata (Kettenhemd) oder lorica squamata (Schuppenpanzer) tragend vorgestellt, weil er ja eben wie der Scissor auch keinen Schild mehr zur Verteidigung hat und im Endeffekt eine ähnliche Bewaffnung, zwei Schwerter anstatt eines Schwertes und dieses komischen Wiegemesserarmes.

Danke im voraus für Deine erhellende Antwort,

Spartacus


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 Betreff des Beitrags: Re: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Dienstag 4. Dezember 2007, 02:35 
Tesserarius
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In der mir vorliegenden letzten Auflage seines Buches spricht Junkelmann selbst nur eben jenes Relief aus Amisos an, kein Zweites. Sollte sich das in der aktuellen Auflage geändert haben, muß ich zugeben, dass mir dieser zweite Nachweis bislang unbekannt war. Mir nur geläufig ist das seit Anfang des Jahres in der Berichterstattung präsente, aber m.W. noch nicht fachlich publizierte Relief des 1. Jh.v.Chr. welches ebenfalls einen dimachaerus zeigen könnte, dort mit nacktem Oberkörper. Zwischen diesen beiden Reliefs liegt aber eine gehörige Zeitspanne und somit sind die Vergleichsmöglichkeiten eingeschränkt.
Bei aller kritischen Betrachtung blieb für eine Rekonstruktion, die nicht allein auf Mutmaßungen gestützt war auch nur jene Abbildung.

Daher wird meine Rekonstruktion dieses Typus nie ohne den Verweis auf seine kritische Lesung und den Mangel an eindeutigen Quellen betreffend der Ausrüstung präsentiert.

Der Mangel eines Schildes als Begründung für eine stärkere und damit auch schwerere Körperpanzerung ist nicht griffig. So kämpft auch der retiarius ohne Schild, den einzigen Schutz bietet ein extrem unterschiedlich gestalteter Schutz auf der Schulter, der scheinbar auch ausgelassen werden konnte, und seine Geschwindigkeit.
Auch Gattungen mit kleinen Schilden wie der eques oder der hoplomachus greifen nicht zu einer verstärkten Brustpanzerung.
Was eine solche Rekonstruktion natürlich nicht völlig ausschließt.

Im Falle des sog. scissor gehe ich noch immer von einer Spielart des secutors aus, als Gegner dementsprechend den Netzkämpfer. Bei dieser Helm-Ausrüstung-Konstellation ist eine Panzerung der einzig logische Schritt, um der bestehenden, im Fall des secutors namensgebenden Taktik zu einer realen Chance zu verhelfen.

m.W. würde der sich aus der Doppelbewaffnung ergebende Vorteil des dimachaerus schwinden, wenn er sich mit solch einer schwerer Ausrüstung selbst behinderte. Aber hier befinden wir uns bereits im Bereich der eigenen Theorie.

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Wer war froher als Neanth, da er sich Meister von diesem wundervollen
Instrumente sah, wodurch er, ohne das mindeste von der Musik zu
verstehen, der Erbe des Talents eines Orpheus zu sein glaubte! - Lukian

Tib. Gabinius Primus
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 Betreff des Beitrags: Re: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Freitag 7. Dezember 2007, 16:53 
Neuling
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Tib. Gabinius hat geschrieben:
Der Mangel eines Schildes als Begründung für eine stärkere und damit auch schwerere Körperpanzerung ist nicht griffig. So kämpft auch der retiarius ohne Schild, den einzigen Schutz bietet ein extrem unterschiedlich gestalteter Schutz auf der Schulter, der scheinbar auch ausgelassen werden konnte, und seine Geschwindigkeit.
Auch Gattungen mit kleinen Schilden wie der eques oder der hoplomachus greifen nicht zu einer verstärkten Brustpanzerung.
Was eine solche Rekonstruktion natürlich nicht völlig ausschließt.

Im Falle des sog. scissor gehe ich noch immer von einer Spielart des secutors aus, als Gegner dementsprechend den Netzkämpfer. Bei dieser Helm-Ausrüstung-Konstellation ist eine Panzerung der einzig logische Schritt, um der bestehenden, im Fall des secutors namensgebenden Taktik zu einer realen Chance zu verhelfen.

m.W. würde der sich aus der Doppelbewaffnung ergebende Vorteil des dimachaerus schwinden, wenn er sich mit solch einer schwerer Ausrüstung selbst behinderte. Aber hier befinden wir uns bereits im Bereich der eigenen Theorie.


Im Gegensatz zu Retiarius kämpfen sowohl der Scissor als auch der Dimachaerus (wenn man ihn denn tatsächlich als Zwei-Schwerter-Mann ansieht) mit Kurzwaffen während der Retiarius mit seinem Dreizack eine Langwaffe besitzt. Von daher macht für mich eine stärkere Panzerung in Form eines Kettenhemds o. ä. durchaus auch beim Dimachaerus Sinn.


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 Betreff des Beitrags: Re: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Freitag 7. Dezember 2007, 17:57 
Tesserarius
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Wie gesagt:
a)
Tib. Gabinius hat geschrieben:
Auch Gattungen mit kleinen Schilden wie der eques oder der hoplomachus greifen nicht zu einer verstärkten Brustpanzerung.

b)
Tib. Gabinius hat geschrieben:
Was eine solche Rekonstruktion natürlich nicht völlig ausschließt.

c)
Tib. Gabinius hat geschrieben:
Aber hier befinden wir uns bereits im Bereich der eigenen Theorie.


Eine Diskussion hier entbehrt also ohnehin den Grundlagen um irgendeinen der von mir oder von dir angeführten Theorien die letztgültige Beweiskraft zu geben.
Darum halte ich mich an die einzigen Quellen, die wenigstens möglicherweise einen solchen Typus darstellen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Mittwoch 8. Juli 2009, 14:26 
Neuling
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Tib. Gabinius hat geschrieben:
In der mir vorliegenden letzten Auflage seines Buches spricht Junkelmann selbst nur eben jenes Relief aus Amisos an...


Gibt es dieses Relief als Bild im Internet irgendwo zu sehen? Würde mich über einen Link freuen!

Bei diesem Bild hier
http://www.roman-colosseum.info/images/gladiators.jpg
ist ganz Links ein Gladiator zu sehen. Ist es ein Dimachaerus oder ist das rechteckige etwas das Schild eines Thraex?
Ist dieses Bild vollständig?

Dann gibt es zwei Filme die ich gesehen habe: Gladiator (mit Russel Crow) und Held der Gladiatoren. Was haltet ihr von der Ausrüstung und Darstellung der beiden Fime? Die Geschichtliche Hintergründe und das Drumherum mal ausen vor gelassen.
Sind Panzerung, Bewaffnung und (Freizeit-)Kleidung in dieser Art wirklich Vorgekommen? Welche Funde belegen oder wiederlegen dies?

Vielen Dank im Vorraus für eure Antworten

Arges

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Um die umfassende Fülle der Architektur zu verstehen und anzuwenden, ist eine umfassende Allgemeine Bildung nötig.

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 Betreff des Beitrags: Re: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Mittwoch 8. Juli 2009, 14:39 
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In der Neuauflage seines Buches hat Junkelmann ein weitere Abbildung gebracht, welche einen Dimachaerus darstllt und seine Kritik an deren Existenz zurück gezogen.
Die Abbildung weist jedoch keinen Brustschirm mehr auf, so dass entweder der von mir hier angesprochene Stein keinen Dimach. zeigt oder es Variationen in der Ausrüstung gab. Letzteres würde zum bisherigen Wissensstand nicht passen.
Auch sollte man einen genaueren Blick auf das vor einigen Jahren entdeckte spätrepublikanische Gladiatorenrelief, gefunden in Händen von Raubgräbern nahe Rom, werfen.
Sobald ich am heimischen Rechner bin kann ich gerne Seitenzahl der Junkelmannbearbeitung nachreichen.

Wenn das Bild online steht ist es mir nicht bekannt. Ggf. lohnt sich ein Blick in die Datenbank Pandora / Prometheus.

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 Betreff des Beitrags: Re: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Montag 13. Juli 2009, 22:56 
Neuling
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Nachdem ich mir das Werk von Junkelmann gekauft habe, habe ich sofort auch betreffende Abbildungen gefunden. Ich persönlich habe den Schluss gezogen, dass es eine Unterart der Gladiatorengattung war, ähnlich dem Kampf wo beide Kämpfer blind waren. Dort hat man ebenfalls eine leicht geänderte Ausrüstung benutzt, welche auf den Dimachaerus ebenfalls zutreffen könnte. In diesem Fall dann der zusätzliche Schutz des Armes durch eine (wie auch immer geartete) Panzerung, welche den Schild ersetzt.

Ob diese von mir persönliche These zutrifft oder nicht, so schließt sie aus, dass es sich bei dem Dimachaerus um eine eigene Gattung handelt.

MfG Arges

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 Betreff des Beitrags: Re: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Dienstag 14. Juli 2009, 00:37 
Tesserarius
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Zwei Fragen: du kommst zu dem Schluß, weil .... ?
Und zweitens: wenn deine These falsch ist, und er ist keine Untergattung, wie kann dann ausgeschlossen sein, dass er einen eigenen Typ darstellt?

Aber zur Sache: Junkelmann führt an, dass die zu sehende Bewaffnung sehr dem des scissor / arbelas ähnelt.
Wer den Absatz zum secutor und zum arbelas gelesen hat, wird auf die Problematik des contraretiarius gestoßen sein, und wer sich mit den retiarii beschäftigte kennt auch die pontiarii. Bei zweiterem eindeutig, bei ersterem m.E. sehr wahrscheinlich, handelt es sich um Unterarten. Spezialisierte Gladiatoren die nur einen Gegner kennen bzw. spezielle Kämpfe vorführen.
Junkelmann führt hier nicht mehr aus, ob s.E. der arbelas trotz möglicher eigener Unterarten wie auch def. und von ihm selbst beschrieben wechselnder Ausrüstung weiterhin eine Unterart des secutors bleiben soll.

Dies ist für uns relevant, denn wenn Junkelmann zu recht die Ähnlichkeiten in der Ausrüstung des wahrscheinlichen Dimachaerus sieht (und dabei die künstlerisch Übereinstimmung erstaunlicherweise unbeachtet läßt, es handelt sich wenn nicht um den gleiche Künstler dann zumindest um die gleiche Schule, zumal im gleichen Abschnitt des gleichen Bestattungsfeldes gefunden), und er wie auch du hier eine Unterart sehen, so stellt sich eben genau die Frage nach der Fixierung des eigentlichen Typus.
Von den wenigen Abbildungen des scissor / arbelas zeigt zumindest eines eindeutig einen Helm, den ich hier der Einfachheit halber als Secutorenhelm bezeichnen möchte (Myron, 2. - 3. Jh. heute Louvre, Paris). Gerüstet ist er wechselnd scheinbar nur mit einer tunica, mitunter aber scheinbar mit einem Brustpanzer. Beides entspricht nicht dem "typischen" secutor.

Dies könnte man fortführen, die Verwandtschaft mit dem secutor ist jedoch alles in allem nur oberflächlich.

Betrachten wir uns nun noch einmal den Dimachaerus. Die Verwandtschaft konstatiert Junkelmann bereits aus der Artemidorusstelle, in der beide in einem Atemzug genannt werden. Anders als Junkelmann vermag ich hierin zwar auch eine scheinbare Ähnlichkeit der Kampfstile zu sehen, aber eben auch eine geistige Trennung der beiden, die es in den Augen des antiken Autors nötig machte, beide zu benennen, und nicht den einen Typus, den des arbelas, welcher dann dementsprechend seine Spielarten mit einschließen würde, zumindest da es nur um Charakteristika geht.
Diese Quellenkritik steht für mich vor der augenscheinlichen Abbildungsverwandtschaft.
Schauen wir uns dann die Abbildung genauer an, so sehe ich bspw. nicht die für mich notwendige Verwandtschaft zu dem auf dem myroner Relief dargestellten Helm.
Darüber hinaus, wollen wir die Lesung der in Pompeji gefundenen Inschrift gelten lassen, würde der Kampf dimachaerus gegen hoplomachus spätestens aus dem Rahmen fallen.
Auf besagte Inschrift aus Lyon geht Junkelmann leider in keiner seiner beiden Auflagen ein, sie würde evtl. weitere Klarheit verschaffen.

Um es letztlich kurz zu machen: die Ähnlichkeiten der beiden Steine ergeben sich für mich aus der Hand des Handwerkers, der ähnlichen Kampfweise und einer sich sicherlich auch aus praktischen Gründen ähnelnden Ausrüstung. Wie Junkelmann schreibt: "Der dimachaerus muß also eine dem letzteren (gemeint ist der arbelas) zwar ähnliche, aber doch eigenständige Spezialisierung gewesen sein." Natürlich kann man Junkelmann hierbei so verstehen, dass er Spezialisierung als eine Unterart des arbelas meint, sein erster Satzteil schließt diese Lesart aber aus und läßt nur übrig, dass es sich hierbei also um etwas Eigenständiges handelt. Einen sicherlich seltenen, weil auch schwer zu meisternden Typ des Gladiators.

Es spricht, bis auf die Ähnlichkeit des nunmehr gefundenen Steines wenig für eine Unterartentheorie zum arbelas. Und die Ähnlichkeiten eines einzelnen Steines mit einem in jeder Hinsicht so nahen Exemplar will mir nicht Beweis genug erscheinen.
Ich bin gespannt auf deine Argumente :)

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 Betreff des Beitrags: Re: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Mittwoch 15. Juli 2009, 09:43 
Neuling
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Tib. Gabinius hat geschrieben:
Zwei Fragen: du kommst zu dem Schluss, weil .... ?


In Abbildung 363 (Seite 216) es doch sehr verwirrend ist.
Man könnte den Helm als einen Späten Provokatorhelm ansehen. Dafür sprechen die Kammlosigkeit, der Wulst am unteren Ende des Visiers und das geschlossene Visier an sich. Dass es sich um eine Provokatorunterart handeln könnte, wird unterstützt durch die Tatsache, dass kurze Beinschienen benutzt werden.

Doch in der Abbildung wird eine Tunika getragen und keinen Armschutz. Allerdings kann man auch vermuten, dass durch den Mangeln an Details die Tunika keine Tunika ist, sondern ein Schuppenpanzer. Das würde wiederum auf einen Scissor passen. Ebenso würde der Wahrscheinliche Kampfstil zu eben jenem passen.

Dass allerdings ein Schwert eines Tharex benutzt wird verwirrt noch mehr.

Doch zunächst zu einer anderen Passage, die meine Theorie unterstützt.
In Traumbuch von Artemidorus heist es ja: "Der dimachaerus und der sogenannte arbelas bedeuten eine Giftmischerin oder sonst ein bösartiges und scheußliches Weib" Kann es da nicht als unwahrscheinlich gelten, dass Dimachaerus wie auch der Blinde (oder auch nicht blinde) arbelas/Scissor wegen ihrer Schildlosigkeit zu einem extrem offensiven Kampfstil gezwungen worden sind und so schnell eine Entscheidung erzwungen haben und das es deshalb zu der Bezeichnung von Artemidorus als "Giftmischerin" oder "bösartig/scheußliches Weib" gekommen ist. Denn ein nur Sekunden dauernder Kampf hat kaum Show-Effekt.

Als könnte es auch sein, dass es sich bei dem Dimachaerus um eine Temporäre Gattung handelt, die allerdings mangelnder Überlebensfähigkeit bald bei den professionellen Gladiatoren vernachlässigt wurde und schließlich ganz verschwand.

Was die Ähnlichkeit der Fundstücke in dem Relief aus Hierapolis angeht, stimme ich dir mit Ausnahme des Helmes voll und ganz zu. Doch muss beachtet werden, dass es wahrscheinlich aus demselben Gebäude stammt. Möglicherweise auch aus derselben Wand, was bedeutet, dass im Sinne der Stilsicherheit auch die Art der Steinmetzarbeiten stilistisch identisch sein müssen. Also das es aus derselben Schule oder sogar aus derselben Hand entsprungen ist, halte auch ich für sehr Wahrscheinlich.

Doch kommt es mir so vor, als wenn viele verschiedene Veranstalter nach verschiedenen neuen Gattungen rufen, diese aber nur selten oder gar nicht vorhanden sind. Und wenn sie vorhanden sind, dann sind sie kaum oder nicht überliefert. Ein Beispiel hierfür ist der hastarius, welcher von Junkelmann in Klammern als einen Hoplomachus bezeichnet wird. Was aber hierbei möglich ist, dass es eine Unterart des Hoplomachus ist, der ebenso wie der Retarius mit einer manica und galerus (oder nur mit einer manica) geschützten Variante handelt, welche nur mit hasta (deshalb die namentliche Ableitung, wie beim retarius von seiner rete) und möglicherweise mit Dolch bewaffnet ist. Doch Bildliche Beweise gibt es dafür (glaube ich, da ich nicht sämtliche Quellen kenne) nicht.

Also halte ich weiter an meiner Theorie fest, welche sagt, dass der Dimachaerus eine Unterart ist bzw. eine extrem seltene Armaturae, welche allerdings durch ihre Kurzlebigkeit schnell wieder verschwunden ist.

Zu deiner zweiten Frage:
Wie ich ausschließen kann, dass wenn meine These falsch sein sollte, es keine Untergattung ist, dann muss ich gestehen, dass ich das nicht kann. Doch mangels an Quellenmaterial kann man nun mal kaum mehr als Schlüsse und Vermutungen anstellen. Doch bin ich persönlich so flexibel, dass wenn eindeutiges Material gefunden wird, ich mich auch überzeugen lasse :)

Tib. Gabinius hat geschrieben:
Ich bin gespannt auf deine Argumente :)

Das war meine Argumentation, jetzt bin ich auf deine Antwort gespannt :)

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Sinngemäßes Zitat von Vitruv


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 Betreff des Beitrags: Re: Dimachaerus
BeitragVerfasst: Mittwoch 15. Juli 2009, 12:52 
Tesserarius
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Arges hat geschrieben:
In Abbildung 363 (Seite 216) es doch sehr verwirrend ist.
Man könnte den Helm als einen Späten Provokatorhelm ansehen.

Die Klassifizierung des Helmes liefert Junkelmann ja direkt mit. Wenn man Ähnlichkeiten bestehender Gattungen sucht, so ähnelt die Darstellung eher den Helmen der equites. Da aber der gleiche Helm eben von den arbelai getragen wird, und diese sonst den der secutores tragen, bezweifle ich eine solche Verwandtschaft stark. Die Ähnlichkeit, wie in meiner vorherigen Antwort ausgeführt, liegt bei diesen insgesamt eher bei den secutores, und die Ähnlichkeit der beiden Darstellungen entfernt diesen dimachaerus vom provocator.

Zitat:
Dafür sprechen die Kammlosigkeit, der Wulst am unteren Ende des Visiers und das geschlossene Visier an sich.

Läßt man den Helmaufbau weg, so ähnelt die Helmdarstellung auch einem greiflosen Thrakerhelm. Besonders nahe an unserer Darstellung wäre dabei der thraex Drakon und erstaunlicherweise auch der Helm des murmillo Asteropaios, Ephesos, 3. Jh.n. Chr. derzeit in Berlin, Antikensammlung. Bei Junkelmann im Kapitel zu Rüstung und Waffen. Läßt man die Federn des provocator weg, so kann man dies eben auch mit dem Greif oder den Federn der equites machen. Die Krempe selbst ist dabei ein schlechter Diener, der provoator aus Ephesos (vermutlich gleiche Hand wie Drakon & Asteropaios) bspw. besitzt alle typischen Attribute, aber keine Feder, dafür auch keine Krempe.
Die späten Helme der provocatores jedenfalls entfernen sich eher von den auf unserer hier diskutierten Darstellung zu sehenden Variante, verzichten auf die Krempe. (Abb. 320 als weiteres Beispiel, Euprepes.)


Dass es sich um eine Provokatorunterart handeln könnte, wird unterstützt durch die Tatsache, dass kurze Beinschienen benutzt werden. Während die sica bei besagtem Austausch der Helminterpretation auch auf einen thraex als Urheber hindeuten könnte. Aber wie du selbst ausführst, an der Darstellung erscheint einiges ekklektisch und macht es unmöglich einen Typus zu definieren, zu dem diese Darstellung im speziellen oder eben als Stellvertreter einer eigenen armatura zu zuordnen ist. Das spricht eben massiv gegen deine Theorie einer Unterart.
Gegen eine Unterart des provocator spricht auch der Verzicht auf eine pectorale. Diese wäre dem dimachaerus mehr als dienlich gewesen, aber auf dem Relief findet sich kein Hinweis darauf, während sie zu den typischen Merkmalen der potentiellen Überart gehört.

Die Darstellung mag nicht die beste sein und gut abgewaschen wirken, das er tunica trägt steht außer Frage. In der Körpermitte finden wir eine deutliche Absenkung auf eine tiefere Ebene, die dann gleichmäßig weiter verläuft und in sanftem Schwung endet. Hierbei kann es sich nicht um einen Gürtel handeln da es keine Erhebung gibt und auch keinen Hinweis auf einen Verlust einer solchen, erhöhten Ebene. Statt dessen kann dies nur als Bausch gewertet werden.

Zitat:
Doch zunächst zu einer anderen Passage, die meine Theorie unterstützt.
In Traumbuch von Artemidorus heist es ja:
Die Stelle stützt deine Theorie wie gesagt nicht.
1. Nennt sie beide Arten gleichberechtigt nebeneinander. Weder läßt dies eine dem anderen Unterordnen, noch läßt dies eine von beiden in einem anderen Stellenwert erscheinen.
2. Sicherlich kann, vielleicht sogar muß die Deutung der genannten Gladiatoren auf die Aspekte ihres Kampfes zurückzuführen sein, das impliziert ja bereits die Ähnlichkeit der beiden Typen. Gift, Giftmischerin oder "scheußliches Weib" ist dabei aber kein Synonym für Geschwindigkeit, Schnelligkeit oder einen schnellen Tod, sondern eher für Hinterlist, Heimtücke, Zauberei, Verbotenes und vielleicht sogar Ehrlosigkeit. Denn Gift, das ist auch in der Antike bekannt, wirkt keineswegs immer schnell und kann mitunter über Monate verabreicht werden, bevor die Wirkung einsetzt. Eine der bekanntesten und "beliebtesten" Giftmischergeschichten ist das Ende des Herakles, welcher unendliche Quallen litt und zu Tode gebracht werden mußte.
Auch Claudius fiel, so er wirklich vergiftet wurde, nicht einfach um, sondern brauchte noch eine relativ lange Zeit zum sterben.
Das Gift der berühmtesten Giftmischerin der römischen Geschichte, Lucusta wagte Nero nicht zu nehmen, sondern tötete sich lieber gewaltsam.
Deine Interpretation verbietet sich also.
Zur Ehrlosigkeit paßt übrigens die mangelnde Demonstration von virtus, indem die Männer entweder tunicata oder loricata gezeigt werden, niemals mit freier Brust.

Zitat:
Als könnte es auch sein, dass es sich bei dem Dimachaerus um eine Temporäre Gattung handelt, die allerdings mangelnder Überlebensfähigkeit bald bei den professionellen Gladiatoren vernachlässigt wurde und schließlich ganz verschwand.

Das ist im Grunde möglich, die angesprochenen Erwähnungen aus Lyon und Pompeji wie auch die mögliche Interpretation des ursprünglichen Steines dieser Diskussion würden dagegen sprechen. Sicherheit ist hier nicht vor weiteren Funden herzustellen.

Zitat:
Was die Ähnlichkeit der Fundstücke in dem Relief aus Hierapolis angeht, stimme ich dir mit Ausnahme des Helmes voll und ganz zu.

Das erschließt sich mir nicht. Die Ähnlichkeiten sind frapierend groß, warum soll also ein sich gleichender Aspekt ausgenommen werden von den anderen sich gleichenden Aspekten?

Zitat:
Doch kommt es mir so vor, als wenn viele verschiedene Veranstalter nach verschiedenen neuen Gattungen rufen, diese aber nur selten oder gar nicht vorhanden sind.

Das glaube ich aus verschiedenen Gründen nicht.
1. Werden längst nicht alle nachgewiesenen und sicheren Gattungen bedient bzw. von allen bedient. So ist bspw. der crupellarius nur ein einziges Mal bisher rekonstruiert worden und tritt nur bei einer Gruppe als Vorführung auf.
2. Die Vorführung von Junkelmann ist bereits jetzt recht lang, wenn er alle Gattungen die er in der Reko demonstrieren kann auftreten läßt. Vom reinen Eventcharakter ist dies also ausreichend.
3. Junkelmann hat seine Arbeit als Wissenschaftler begonnen und fortgeführt. Ginge es ihm um Schaffung darstellerischer Welten hätte er weit mehr Mittel zur Verfügung, als kritische Überlegungen zu bestimmten Funden.

Gerade die angesprochene Namensgebung findet sich ja auch bei der Neuauflage in wissenschaftlich diskutierter Weise immer mal wieder. Zwar ordnet er auch mitunter so zu, dass man darüber zu diskutieren vermag, an anderer Stelle läßt er aber auch durchaus nur Kollegen zu Wort kommen und läßt selbst offen oder äußert seine Meinung als solche erkennbar (bspw. contraretiarius).

Zitat:
Also halte ich weiter an meiner Theorie fest, welche sagt, dass der Dimachaerus eine Unterart ist bzw. eine extrem seltene Armaturae, welche allerdings durch ihre Kurzlebigkeit schnell wieder verschwunden ist.

Dem Stichwort "selten" vermag ich zu zustimmen, dem Rest stehe ich aus den oben abgeleiteten Argumenten skeptisch gegenüber. Die Kurzlebigkeit wäre über besagte Randhinweise zu klären.

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