Chaire, Wie die Überschrift schon sagt, interessiere ich mich nebenbei auch ein wenig für das antike Schreibzeug, sprich Werkzeug, Medium etc. Nun meine Fragen: welche Medien, und welche Tinten wurden verwendet? Ich nehme an Schilfrohr dürfte wohl recht gängig gewesen sein als Material für Schreibfedern (korrigiert mich bitte falls ich auf dem Holzweg bin), als Medium kommen vielleicht Papyrus (dabei denke ich an die Papyri im hellenistischen Alexandria) und Leder (pergament ist wohl eindeutig zu modern), eventuell Tonscherben für Notizen in Frage (Behauptung meines alten Geschichtslehrers), und als Tinte?? Vielleicht ein Ruß-Öl-Gemisch? Das klingt für mich plausibel da Schwarze Pigmente wohl eher selten sind oder nur sehr schwierig herzustellen sind, ausserdem wäre etwas auf Ölbasis weniger Feuchtigkeitsempfindlich.
Schreibfedern aus Schilfrohr herzustellen ist nicht so schwer, ich habe für zehn Stück ca. 10 Minuten gebraucht, für Römer scheint dieses Material belegbar zu sein, und für die Griechen?
Ihr seht, viele Fragen und relativ wenige Antworten..... Grüße Strategos
Moin, auf die Schnelle: Römer: Für kurze Botschaften und Aufzeichnungen nutzte man Schreibtafeln tabulae ceratae, eine oder mehrere Holztafeln, die mit meist schwarzem Wachs ausgelegt waren. Geschrieben wurde mit einem Griffel aus Bein oder Metall. Die Schrift konnte man nach Gebrauch durch Glattstreichen des Wachses löschen tabula rasa. Für längere Botschaften literarische Texte, Protokolle, also alles was von einiger Dauer sein sollte, nutzte man Papyrus oder seltener membrana (Pergament). Schreibfedern calami bestanden aus Schilfrohr oder - seltener - Bronze. Sie wurden mit einem kleinen Messer scalprum angespitzt. Schwarze Tinte atramentum wurde aus Ruß und Gummiarabicum hergestellt, rote aus Mennige (Bleioxid minium. Für Geheimbotschaften verwendete man als Geheimtinte Milch oder schrieb mit der Spitze eines feuchten Leinenstengels.
(Schnellauszug aus Weeber, K.-W. 2000: Alltag im alten Rom. Das Leben in der Stadt)
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Darstellung: Provinzialrömerin
Wie ist es denn mit der Tinte mit Galläpfeln? Die gabs doch damals auch schon und gibt ein schönes Schwarz, zudem wurden auch gelegentlich Federn als Schreibgerät verwendet.
So, eine Schnellrecherche ergab, das Tinte aus Galläpfeln seit dem 3 Jh.v.Chr. benutzt wird (Quelle: Wikipedia), scheinbar gibt es sie heute noch fertig zu kaufen (was vielleicht die Beschaffung vereinfachen könnte). Wäre für die Antike nutzbar, aber fürs klassische Zeitalter wohl etwas jung.... Nun, Federn als Schreibgerät sind sehr gut nutzbar, verband ich bislang aber mehr mit Mittelalter und Neuzeit, da müsste ich mal etwas recherchieren.
Und noch etwas: Valerio M. Manfredi erwähnt in seiner Alexander Trilogie eine Tinte die Holundersaft enthält, ist das jetzt Fiktion oder Realität??
Also, das Holunderrezept ist mittelalterlich (da hat man auch Schlehe verwandt); als Tinte am besten Rußtinte, wie sie oben schon beschrieben wurde, allerdings ist es extrem schwer, Fettfreien Ruß zu erzeugen (vergiß die Nummer mit dem Öl in der Tinte!!!). Es gibt aber ein sehr einfaches Rezept für gute antike Tinte: Nimm echtes Scryptol (Rußtinte aus dem Schreibwarenladen) und gib auf 50ml etwa zwei kleine Messerspitzen Gummi Arabicum (gibt es in guten Apotheken) hinein. Gut durchschütteln und stehenlassen. Gummi Arabicum ist schwer wasserlöslich, daher mußt Du die Tinte einige Tage stehenlassen und pro Tag ein Mal gut schütteln. Ich mache das immer zwei Wochen lang, dann ist das Ergebnis prima. Als Schreibgrund sind bei klassischen Griechen Tonscherben (Ostraka) besonders beliebt - weil billig - aber nur für sehr kurze Texte geeignet. Pergament gab es schon, war aber in Griechenland nicht verfügbar. Aus der frühesten römischen Überlieferung kennt man bereits das Schreiben auf Leder, was auch in späteren griechischen Quellen vorkommt. Ist etwas eigenartiger Schreibgrund, funktioniert aber. Wachstafeln sind übrigens auch nichts speziell Römisches, sondern werden bereits seit der Zeit um 1500v.Chr. verwandt (Wrackfund von der südtürkischen Küste, Oluborun). Federn zum Schreiben solltest Du vergessen. Die waren nie mehr als ein schlechter Ersatz, und die Herstellung eines tauglichen Werkzeuges aus Federkiel ist aufwändig, wegen der Härtung im heißen Sand. Besser Schilfrohr; entweder Europäisch Rohr oder, besser, Spanisch Rohr, das eine stabilere Wandung hat.
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Registriert: Dienstag 14. Juli 2009, 09:56 Beiträge: 1135 Wohnort: Vindobona / AT
Also ich verwende zum Schreiben eine Schilfrohrfeder und hab prinzipiell Gummi Arabicum und Galläpfel zu hause herumliegen´, weil ich mal Tinte selber machen wollte, aber dann mal gelesen hab dass die Galläpfeltinte eher mittelalterlich ist,.. Phrynios du kennst dich da anscheinend noch besser aus, weißt du das ?
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Unser Phrynios is echt durch nix zu ersetzen! In der Tat sind das tolle Infos! Zu Herstellung meiner Schreibwerkzeuge hatte ich als ich den Thread begann, Schilfrohr vom nahen Baggersee genommen, das ich einige Wochen lagern ließ um es absolut Feuchtigkeitsfrei zu kriegen. Ich hab da jetzt eine Menge rumliegen, wobei einige wirklich knochenhart sind. Bisher fehlte mir nur die Tinte. Wie sieht es eigentlich mit Papyrus als Schreibgrund aus, ich hatte mal ein Aristoteles Manuskript gesehen welches auf Papyrus geschrieben war, römische Kopie oder griechisches Machwerk (ja es war auf griechisch geschrieben, aber wer weiß)?
Gut dass wir barbaroi das nicht brauchen. Wir stempeln in Ton!
Nein, wirklich interessant. Ist das spanische Rohr von der Stabilität und dem Aufbau mit dem asiatischen Vergleichbar? Würde mich allein schon wegen persichen Pfeilen interessieren.
Und das europäischen Rohr, meinst du Phragmites australis oder eine Art von Typha? Ich hab hier nämlich noch einige getrocknete Typhahalme herumliegen aus denen ich Pfeile machen wollte. Die sind aber nicht gerade getrocknet und jetzt werden die entweder ein Rohr-pelte oder Schreibhalme.
Uiuiui... der Reihe nach: Papyros ist freilich eine uralte Kiste, gibt es seit etwa fünf Jahrtausenden, allerdings stand es außerhalb Ägyptens vor dem Hellenismus fast gar nicht zur Verfügung.
Eichengallus ist nicht mittelalterlich, allerdings vorher nur lückenhaft nachweisbar. Vor allem in den Nordwest-Provinzen des Römischen Reiches. - ähh... bittewarten... Ahja! In Dodona (Heilige Eiche des Zeus!) wurden die Orakel aller Wahrscheinlichkeit nach mit Galltinte notiert, war also schon früher bekannt, wie's scheint.
Dain: Die botanischen Namen sind mir leider nicht geläufig, nur die tatsächlichen Unterschiede, denn Spanisch Rohr hat eine dickere Wandung als Europäisch Rohr. Tatsache ist folgende: Ursprünglich wuchs in "unseren Breiten" fast ausschließlich Europäisch Rohr, bis die Mönche des Mittelalters gezielt Spanisch Rohr anbauten, weil es im Scriptorium bessere Dienste leistet. Das heißt, das Schilfrohr, das man heutzutage so wachsen sieht, ist mit einiger Sicherheit Spanisch Rohr, denn Europäisch Rohr ist fast völlig verdrängt (außer vielleicht in Gegenden wie den unter Schutz stehenden Au-Ufern der Donau oder so). Ob das aber für Pfeile taugt... ich bin kein Bogenschütze!
Ariston: Soll ich vielleicht mal meine Schreibzeugkiste nach Otterbach mitbringen?
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Nicht zu vergessen, das auch sehr viel auf Holztafeln ohne Wachs geschrieben wurde. Funde dazu sind auch in der Schweiz (Vitodurum) reichlich gemacht worden.
Na gut, der Vollständigkeit halber: Sehr viel Römisches Schriftgut ist auch auf geweißten Holzbrettchen erhalten. Die Brettchen wurden mit einer Lasur aus Buttermilch (Kasein!) und Kalk (oder Gips) überzogen.
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