Registriert: Donnerstag 5. Juni 2008, 17:52 BeitrÀge: 10 Wohnort: Dortmund
Ich versuche jetzt seit einem Monat etwas genaueres zum Thema Hutformen herauszufinden, aber mittlerweile gestaltet sich das Gebiet als ziemlich frustrierend, was wahrscheinlich mit ungenauen bzw. widersprĂŒchlichen Quellen zu tun hat. Neben den immer wieder auftauchenden phrygischen MĂŒtzen, sowie Kappen, die als Pileos/Pileus bezeichnet werden (und auch gerne mal mit phrygischen MĂŒtzen gleichgesetzt werden, trotz aller offensichtlichen Unterschiede !), habe ich zunĂ€chst versucht, mir ein genaueres Bild eines Petasos zu machen, aber leider ohne Erfolg. Da gibt es die unterschiedlichsten Formen, Krempen, die mal an einer Stelle, dann an einer anderen ausgeschnitten sind, manchmal gar keine Ausschnitte haben, entweder klein oder groĂ sind bzw. eine in sich verschiedene Dicke aufweisen. Dann variiert der Kopfteil zwischen ganz flach, bis hin zu hoch gewölbt und teilweise spitz zulaufend, und Materialangaben sprechen von Stroh, aber auch Filz, ohne sich aber definitiv festlegen zu können oder zu wollen. Teilweise taucht der Begriff "Kausia" auf, manchmal nur als andere Bezeichnung fĂŒr Petasos, wĂ€hrend anderswo ganz klar zwischen beiden getrennt wird. Speziell bei plastischen Hermes/Merkur-Darstellungen, wird der Hut zum starren Helm, der, trotz ganz klar erkennbarem bildhauerischen Vermögens, auch die kleinsten Gewandfalten wiederzugeben, keinerlei organische Struktur oder Weichheit aufweist. NatĂŒrlich wĂ€re es keine schlechte Idee, sich speziell an einer Hermesdarstellung zu versuchen und einen geflĂŒgelten Goldhelm zu bauen, allerdings sind meine eigenen Stirnlocken in letzter Zeit etwas weniger geworden, was angesichts des immer jugendlichen Alters dieser Figur evtl. schwierig werden könnte. Ich wĂŒrde mich zunĂ€chst lieber an einer neutraleren Darstellung eines Wanderers oder evtl. auch Herolds versuchen, und ich glaube, daĂ ein Hut dazu besser paĂt als ein Helm.
Das Bild zeigt meine frustrierenden Rechercheversuche. Interessant ist auf jeden Fall, daĂ die meisten Bilder von MuseumsstĂŒcken stammen, in deren Kurzbeschreibungen wortwörtlich der Begriff "Petasos" auftaucht, und zwar jeweils direkt auf die abgebildeten Formen bezogen.
Ich weiĂ, daĂ es schon einen Thread zum Thema Petasos gab, allerdings ist dieser Ă€lter, und villeicht gibt es ja inzwischen neue Ekenntnisse. WeiĂ jemand villeicht, ob es Informationen ĂŒber Materialen, Farben bzw. dreidimensionale Rekonstruktionsversuche gibt?
Die hĂ€ufigsten griechischen Kopfbedeckungen sind a) die böotische MĂŒtze (bei den von Dir angefĂŒhrten Bildbeispielen ganz links in der Mitte); eine halbkugelige Kalotte mit schmaler Krempe und zwei Riemen versehen b) der Pilos; ist von der Form her am ehesten mit einem Zuckerhut zu vergleichen, wohl besonders auf der Peloponnes getragen c) der Petasos; der eigentliche charakteristische Reise- und Reiterhut, gibt es in vielfĂ€ltigen Formen, wobei die breite Krempe, der "Knubbel" auf der Kalotte und ein unterhalb des Hinterkopfes verlaufender Trageriemen typisch sind.
Sowohl böotische MĂŒtze als auch Pilos standen Pate fĂŒr die Entwicklung des böotischen (Reiter)helms bzw. des Piloshelms; Auch vom Petasos gibt es eine MetallausfĂŒhrung fĂŒr Reiter.
Als Material ist wohl Filz am wahrscheinlichsten. FĂŒr die Darstellung eines Bauern, Handwerkers oder Sklaven wĂ€re eine ungefĂ€rbte Kopfbedeckung (also in weiĂ, braun, schwarz, je nach Schafswolle) am wahrscheinlichsten. Bei der Darstellung eines Aristokraten wĂ€re ein Petasos aus gefĂ€rbten Filz, evtl. sogar bestickt, angemessen. Neben diesen 3 Haupttypen gibt es aber auch noch fast mittelalterlich anmutende HĂŒte ĂÆĂâĂâĂ la Robin Hood (welche wohl auch von Herolden getragen wurden) als auch einfache SchĂ€delkappen. Was die Anfertigung eines Hutes oder eines Pilos betrifft, so kann Wolfgang/ Geala mehr dazu sagen, da er einen Handwerker kennt, der fĂŒr ihn schon einen sehr schönen Pilos angefertigt hat. Weiterhin ist noch die Kausia zu erwĂ€hnen, die vor allem in Makedonien, aber auch in Illyrien und teilweise auch in Thrakien getragen wurde. Sie ist am ehesten mit den noch heute getragenen traditionellen afghanischen MĂŒtzen zu vergleichen (und solche werden auch von unseren Makedonen als Kausia verwendet). Eine mögliche Auswahl an Kombinationen: - Athener junger Aristokrat: thrakische Stiefel, thrakischer Mantel (oder Chlamys), Petasos - Spartaner: lakonische Sandalen, Himation oder Chlamys (scharlachrot), Pilos - Böoter, bes. Thebaner: böotische MĂŒtze, böotische Stiefel, Chlamys - Herold: "Robin-Hood-Hut", Sandalen oder attische Stiefel, Chlamys, Heroldsstab - Thessalier: Sandalen, Chlamys, Petasos - Makedone: halbrunder makedonischer Mantel, Sandalen, Kausia (aber auch Petasos möglich) Es handelt sich hierbei wirklich nur um eine Auswahl an möglichen Kombinationen; inwieweit Hutmodelle auf bestimmte Landschaften oder Poleis beschrĂ€nkt waren bzw. ob es regionale Vorlieben fĂŒr einzelne Kopfbedeckugen gab und diese somit auch als landsmannschaftliches Erkennungszeichen fungierten, ist fraglich. Bildmaterial und Rekonstruktionszeichnungen finden sich am ehesten zugĂ€nglich in folgenden Osprey-Publikationen: - Greek Hoplite (Warrior) - Ancient Greeks (Elite) - The Spartans (Elite)
_________________ Sparates
Wer mĂŒĂig geht, wird hoch geehrt; wer das Feld bebaut, wird tief verachtet. Das ehrenvollste Leben ist das Kriegs- und RĂ€uberleben. (Herodot ĂŒber die Thraker)
Registriert: Donnerstag 5. Juni 2008, 17:52 BeitrÀge: 10 Wohnort: Dortmund
Vielen Dank fĂŒr diese höchst ausfĂŒhrlichen Beschreibungen, ich bin echt sprachlos Ich werde auf jeden Fall auch die von Dir genannten Quellen nutzen.
Registriert: Mittwoch 5. Juni 2013, 09:10 BeitrÀge: 44 Wohnort: Wien
Darstellung: Mittelalter 1350
Hello!
Sorry, dass ich diesen Thread jetzt Hijacke, aber wollte nicht extra einen neuen aufmachen deswegen. Dieses Mosaik aus Amphipolis ist euch wahrscheinlich ja schon bekannt: http://derstandard.at/2000006742369/Pru ... t?_slide=1
Interessant find ich daran den Petasos, nicht nur weil die Farbgebung eine Gestaltung aus Stroh oder anderem Pflanzenmaterial doch sehr wahrscheinlich macht, sondern weil man hier auch ein tolles Detail sieht von der Befestigung. Eindeutig verlĂ€uft hier eine Schnur ĂŒber die HutoberflĂ€che, die dann ĂŒber die RĂ€nder nach unten gezogen wird und dort verknotet, was diese merkwĂŒrdige "Delle" erklĂ€ren wĂŒrde, die man auf vielen Abbildungen sieht und ĂŒber die wir ja schon auf der Heuneburg kurz diskutiert hatten. Wie bei den Barocken BergerehĂŒten quasi.
Registriert: Montag 13. Oktober 2008, 13:59 BeitrÀge: 1939
Ich persönlich War und bin immer noch der Meinung das beides sicherlich aktzeptabel war/ist, optisch gefĂ€llt mir die Schnur ĂŒber dem Petasos zwar nicht aber das ist Geschmackssache. Hauptsache er schĂŒtzt vor der Sonne und das macht er ja
Registriert: Dienstag 6. September 2005, 21:03 BeitrÀge: 1760 Wohnort: Ratingen
Ist bei der kleinen Hutkalotte auch fast nötig damit er nicht stÀndig vom Kopf fÀllt. Die abgebildeten sind ja wenig mehr als nur Deckel mit einer Delle anstatt einer Kalotte.
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