Auf einem Teller der im Katalog "Der thrakische Silberschatz von Rogozen Bulgarien" (Seite 67, 68, 69) ist in wunderschöner Treibarbeit ein thrakisierter Herakles (Löwenfell und Keule) auf einem Felsen sitzend abgebildet mit einer Frau vor ihm die nach seiner Hand greift. Aufgrund des Schmucks der Frau lässt sich die Darstellung/Herstellung zwischen 375-350 BC datieren. Vor dem Fels des Herakles liegt ein zylindrischer Köcher mit der Länge nach aufgebrachten Verzierungen (Bemalung, Punzierung, Schnitzereien?). An der Oberkante ist eine Abdeckplatte mit breiterem Durchmesser als der Köcherkorpus angebracht die mit 5 Kreisaugenverzierungen die wie bei einem Würfel angeordnet sind verziert ist. Den Korpus schätze ich mal auf 50 bis max. 60 cm in der Länge und 10-15 cm im Durchmesser. An dem Köcher ist ein nur wenig größerer Bogen skythischer Art mit Rohhaut- oder Lederumwicklung in gespanntem Zustand angebunden (allerdings ist keine aufgezogene Sehne zu sehen möglicherweise ist der Bogen auf schon im ungespannten Zustand so stark gebogen, Länge ca. 70-80 cm), und zwar mit einem ziemlich langen Trageband (Leder oder Textil) dessen Enden in (sich selbst zusammenziehenden?) Schlaufen gebunden sind die lasch über den beiden Enden von Bogen und Köcher hängen.
Interessant finde ich hierbei dass der Bogen und der Köcher vom Glauberg (keltisches Grab der Latenezeit A um 450-400 in der Wetterau in Hessen) in derselben Lage gefunden wurden wie sie hier abgebildet sind. Auch die Länge des Bogens passt fast überein, vermutlich war der noch zusätzlich in einer Lederhülle gesteckt worden. Der linsenförmige oder runde Köcher im Grab vom Glaubergfürsten war aus zwei Pappelholzschalen gefertigt und außen mit Leinen beleimt. Die Pfeile waren in Wolltuch eingeschlagen und in einer Ledertasche mit Deckel deponiert. Auch der Köcher von Hochdorf war in einer ähnlichen Weise gebaut dort hat man aber die runden Boden und Deckelscheiben gefunden. Und schon wieder eine auffällige Parallele zwischen den Frühlatenekelten und den Thrakern.
lg Stephan
P.S.: Auch auf dieser thrakischen Heraklesabbildung sieht man wieder die Keule mit mehreren Reihen "Nägeln" wie auf der Zierplatte von Panagjurischte. In diesem Fall aber sieht man deutelich dass es ein beinlanges, verknorpelt gewachsenes Stück Wurzelholz ist, mit kurzem, umwickelten und knauflosem Griff ohne Fangriemen das an den Knubbeln mit Nägelköpfen oder ähnlichem bewährt ist. Gibts dazu Funde?
Registriert: Donnerstag 4. Januar 2007, 16:57 Beiträge: 268 Wohnort: Hannover
Kannst Du ein Bild verlinken? Obwohl Du die Darstellung wirklich sehr gut beschrieben hast, wäre das zur Ergänzung doch recht hilfreich. Was ist unter einem thrakisierten Herakles zu verstehen? Daß der Bogen in unbespanntem Zustand so stark in Schußposition gebogen sein soll, halte ich für unwahrscheinlich; wo soll dann die Spannung für die Beschleunigung des Pfeils herkommen? Ein ungespannter S-Bogen sieht ja manchmal fast wie ein umgekehrt gespannter aus. Oder vielleicht war die Sehne aufgemalt oder wurde aus irgendwelchen künstlerischen Gründen weggelassen? Ich würde den Teller gerne mal sehen, da ich gerade ein gewisses Interesse an Bögen habe.
Auf dem silbernen Gürtelblech von Loves sind zwei knieende Bogenschützen zu sehen. Beide haben Kompositbögen und es ist ein Gorytos zu erkennen.
_________________ Sparates
Wer müßig geht, wird hoch geehrt; wer das Feld bebaut, wird tief verachtet. Das ehrenvollste Leben ist das Kriegs- und Räuberleben. (Herodot über die Thraker)
Registriert: Donnerstag 4. Januar 2007, 16:57 Beiträge: 268 Wohnort: Hannover
Vielen Dank, Sionnach, ist sehr gut zu sehen!
Der Bogen sieht jedenfalls wie bespannt aus. Die Form kann er unmöglich in unbespannter Form haben, sonst wäre er kaputt. In Bogenschützendarstellungen ist aber häufig die Sehne scheinbar nicht abgebildet, in Tölle-Kastenbeins Buch über Pfeil und Bogen im alten Griechenland finde ich leicht mehr als ein Dutzend Malereien, wo man die Sehne nicht sieht. Also nicht so schlimm für den Teller.
Warum ist der Herakles thrakisiert? Fell, Bogen und Keule sind eigentlich typische Attribute von Herakles.
Hab mich falsch ausgedrückt, nicht vom Aussehen her sondern lediglich vom Stil in dem er abgebildet ist. Die Art Menschen in diesem Kunststil auf Metallgeschirr darzustellen ist fürs 4. JH bei den Thrakern scheinbar in Mode, sprich sehr realistisch darzustellen und auch ein paar Fettpartien mit einzubauen, also nicht so geschönt wie bei griechischen oder römischen Statuen bspw. (bei den Männern sieht man meistens einen kleinen Bierbauch/Plautze) . Man sieht die Thraker haben gerne und gut gespeist .
Das der Bogen auch ein typisches Heraklesattribut ist wusste ich nicht ich ging immer nur von Löwenfell und Keule aus, obwohl ich mich an eine Szene aus der griechischen Mythologie zu erinnern meine in der Herakles jemanden seinen Bogen anbietet damit derjenige Herakles verbrennt, wenn ich mich nicht irre? (Nein ich habe nicht das Sam Hawkings-Syndrom )
Registriert: Donnerstag 4. Januar 2007, 16:57 Beiträge: 268 Wohnort: Hannover
Herakles hatte den Bogen von Apollon gekriegt, bevor er sich König Eurystheus andiente. Er hat damit z.B. den Zentauren Nessos getötet. Daher ist der Bogen meines Wissens auch eines seiner Attribute. Das mit den Thrakern und dem "Bierbauch" ist ja interessant. Ich kenne mich mit thrakischer Kunst (und auch sonst) leider gar nicht aus. Beim abgebildeten Herakles hatte ich daher natürlich an einen griechisch-muskelgestählten Unterleib gedacht.
Ãœbrigens sahen wirklich alle Griechen so gut aus wie in den Statuen abgebildet.
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 32 Gäste
Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen. Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen. Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern. Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.