Registriert: Montag 5. September 2005, 18:47 Beiträge: 3128 Wohnort: Swisttal
Schnittmuster gibts leider nicht, da meines Wissens auch kein dazu brauchbarer Fund gemacht wurde. Ich empfehle Leinen, das ist relativ robust und angenehm zu tragen.
_________________ Wer war froher als Neanth, da er sich Meister von diesem wundervollen Instrumente sah, wodurch er, ohne das mindeste von der Musik zu verstehen, der Erbe des Talents eines Orpheus zu sein glaubte! - Lukian
Ich denke, man sollte sich etwas am Schnittmuster der Thorsberg-Hose orientieren.
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Registriert: Mittwoch 25. April 2007, 15:42 Beiträge: 219 Wohnort: Nord-West-Schweiz
In unserer Gruppe tragen wir die Hosen ja eigentlich nur, wenn es kalt ist (z.B. in unserem Winterlager). Daher kann ich aus der Praxis Leinen eher nicht empfehlen. In unserer Gruppe sind die Hosen entweder aus Leder oder Wolle (Wolle gibt etwas wärmer, Leder hält mehr aus). Da wir auch keine überlieferten Schnittmuster haben, ist es ein ausprobieren und tüfteln, dass das endgültige Bild der Antike entspricht und das dass ganze auch in der Praxis funktioniert. Hier noch ein Bild von mir in meiner "Wintertracht". Die Hosen sind noch zu weit. Ich habe sie seither enger gemacht.
Naja, man hat ja schon Funde von Hosen aus dieser Zeit...und der Schnitt ist sehr ähnlich. Heisst: die Hose sollte einen Karokeil zwischen den Beinen besitzen und nicht auf lange Naht, wie die heutigen Hosen. Auch hadere ich mich immer mit dem umnähen und säumen....sollte man möglichst lassen, wenns irgend geht.
@ Miles: Schickes Photo ))
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Registriert: Mittwoch 25. April 2007, 15:42 Beiträge: 219 Wohnort: Nord-West-Schweiz
Oh, ja. Der Karokeil (interessantes Wort, bei uns heisst das Teil "Spickel") ist sehr wichtig. Ohne das Teil wird das Bücken oder in die Kniehe gehen schwierig (lass die Nähte explodieren... )
Registriert: Dienstag 10. Januar 2006, 12:44 Beiträge: 76 Wohnort: Aachen
Feminalia, ein interessantes Thema!
Leider gibts dazu wenig konkretes zu sagen. Ich würde generell ein Schnittmuster aus den norddeutschen Moofunden empfehlen und dieses dann dann den eigenen Bedürfnissen anpassen.
Wenn es eine gerade übers Knie reichende feminalia sein soll, die auch noch nah an den wenigen Funden bleibt, dann würde sich die Kniehose von Marx-Etzel anbieten. Besteht nur aus einem Stück Tuch, aus dem mit zwei Schnitten eine vollwertige Hose entsteht. Allerdings hat das Teil den schweren Nachteil, dass es im Schritt an zwei Streßpunkten eigentlich immer irgendwann reißt. Besonders, wenn man sie aus Wolle macht. Außerdem sieht sie aus wie ne Windel - ich persönlich halte das Ding deswegen für einen Vorfahren so mancher häßlicher Bruche im Hochmittealter.
Hervorragend sitzen würde dagegen tatsächlich eine Thorsberhose, wie Susanna schon sagte. Allerdings möchte ich anregen, mal nicht die von allen getragene F.S. 3684, sondern die weit weniger bekannte F.S. 3685 zu versuchen. (Schnittmuster bei Schlabow, Textilfunde der Eisenzeit)
Die besteht aus weniger Einzelteilen, ist also leichter und schneller zu nähen. Außerdem sitzt sie meiner persönlichen Einschätzung nach auch ein klein wenig besser als ihre berühmte Schwester. Natürlich könnte man beide Modelle problemlos knielang schneiden.
Was die Materialfrage angeht, meide ich inzwischen Wollstoffe. Natürlich sind nur die im Moor überliefert, aber auch pflanzliche Fasern, also Leinen, Hanf und Brennessel sollte man nicht außer Acht lassen.
Wollhosen sind einer starken Abnutzung unterworfen, insbesondere innen an den Oberschenkeln, wo die Stoffe beim Laufen ständig aneinander reiben. Bei engen Hosen und eher locker gewebeten Stoffen reißt derselbe auch schnell nahe bei den Nähten (wohlgemerkt der Stoff, nicht die Naht). Deswegen bevorzuge ich inzwischen Leinen oder Hanf. Ich habe letztens einen besonders stabilen Hanfstoff in Fischgrat entdeckt und mir daraus eine robuste Thorsberghose gebaut. Der Stoff ist übrigens auch ziemlich warm. Bei Interesse geb ich gerne die Bestelladresse weiter.
Registriert: Dienstag 10. Januar 2006, 12:44 Beiträge: 76 Wohnort: Aachen
Ach ja, kleiner Nachtrag zu dem „Karokeil“ oder „Spieckel“. Ich nehme an, damit ist der langezogene trapezförmige Einsatz im Schritt gemeint, der für die berühmte Thorsberghose F.S. 3684 charakteristisch ist.
Meiner Erfahrung im Zuschneiden nach ist dieser Einsatz nicht zwingend nötig, weder konstruktiv noch als besonderes Kennzeichen „germanischer“ Hosen. Die Hose F.S. 3685 hat diesen eben nicht und auch die Damendorfhose, die Schlabow war es wohl, früher mit einem großen u-förmigen Einsatz rekonstruktiert wurde, war wohl ohne einen solchen zusammengenäht, ebenso wie eine moderne Hose auch - nur ohne Reißverschluß ;o).
Die Art, wie bei 3684er der schmale Zwickel eingesetzt wurde, nämlich so, dass er auch den Hosenbund durchbricht, läßt mich spekulieren, ob dieser Einsatz nicht eine nachträgliche Erweiterung der Hose darstellt, weil das Ding sonst für den Träger zu eng gewesen wäre. Allerdings scheinen nach den mir vorliegenden Unterlagen Zwickel und die restliche Hose aus dem gleichen Stoff gemacht zu sein, also müsste diese Änderung gleich beim Schneidern der Hose passiert sein, weil z.B. der/die Schneider/in die Hose zu knapp bemessen hat und das Stück retten musste. Aber wie gesagt, dass ist eine reine Spekulation. Tatsache alleine ist, der Zwickel ist konstruktiv nicht zwingend notwendig, wenn man den Schrittbereich etwas anders zuschneidet, wie bei F.S. 3685 geschehen, geht’s aus sehr gut ohne.
Registriert: Mittwoch 25. April 2007, 15:42 Beiträge: 219 Wohnort: Nord-West-Schweiz
Ist es möglich von den beiden Varianten Hose F.S. 3685 und 3684 ein Bild oder Schnittmuster reinzustellen? Da ich die Unterlagen nicht kenne, währe dies sehr hilfreich um zu dem Thema weiterdiskutieren zu können. Insbesonders da meine Erfahrung ist, dass Hosen ohne Spikel schneller kaputt gehen, im Gegendsatz zu Hosen mit Spikel. Meine (mit Spikel) haben ich nun gut 5 Jahre im Einsatz und bis jetzt musste ich sie nie flicken. Andere in der Gruppe ohne Spikel sind nach relativ kurzer Zeit reparaturfällig (und immer bei den Nähten).
OK, ich trage sie nur bei kalter Witterung, aber trozdem, hält erstaunlich gut...
Registriert: Dienstag 10. Januar 2006, 12:44 Beiträge: 76 Wohnort: Aachen
Tja, die tatsächliche Abnutzung einer Hose hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere dem Stoff selbst, aber auch der Art, wie sie belastet wird. Und natürlich spielt es eine bedeutende Rolle, wie eng oder weit die Hose ist. Meine Spätmittelalterhosen, die den Moorfunden nicht unählich sind und wirklich hauteng getragen werden, sind deshalb besonders reperaturanfällig (außer man trickst wie es viele Spätmittelalterdarsteller tun und verwendet Walkloden, der ist elastisch weil gestrickt, aber das gabs im 15. Jh. gar nicht).
Ich habe hier mal die Schnittmuster der drei wichtigsten Langhosen aus den Mooren
Bitte zu beachten, das die Form der Füßlinge von Schlabow übernommen ist, im Original ist davon nur wenig erhalten. Ich muß noch ausprobieren, ob das so auch sinnvoll funktioniert. Meine erste Hose dieser Art hatte aus bestimmten Gründen keine.
Ich habe mir sagen lassen, daß der Spickel auch ein Hinweis darauf sein könnte, daß der Träger ein Reiter war.
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Registriert: Mittwoch 25. April 2007, 15:42 Beiträge: 219 Wohnort: Nord-West-Schweiz
Vielen dank Andreas
Jetzt kann ich auch etwas darunter vorstellen.... Unsere sind noch wesentlich einfacher geschnitten. Mal schauen, vieleicht bring ich es mit meinen bescheidenen Zeichnungskünsten zustande, etwas vergleichbares reinzustellen...
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