Registriert: Sonntag 30. April 2006, 19:56 Beiträge: 117 Wohnort: Saarland
Da ich mir nun ein Cingulum anfertigen möchte, das ich als Vinarius mit militärischem Hintergrund (Ex-Miles) auf der Civil-Tunika tragen will, hier mal ein paar grundlegende Fragen:
1. War das Gürtelleder braun und sah aus wie ein normaler Gürtel oder
war es weinrot und an den Kanten umgenäht ?
2. Ist das Gurtende verjüngt und hängt es hinter der Schnalle herab ?
3. Waren die Beschläge tatsächlich alle aus verzinntem Messing ?
4. Ist die Darstellung des Cingulums in Junkelmanns Buch „die
Legionen des Augustus“ korrekt ?
Ich frage deshalb, weil Holger Ratsdorf ein weinrotes mit umgenähten Kanten propagiert als einzig mögliches und Neidhard eines, das aussieht wie in der Bauanleitung hier im Forum.
Gab es, wie von mir vermutet, auch hierbei Standesunterschiede was die Ausfertigung betrifft.
Registriert: Montag 5. September 2005, 18:47 Beiträge: 3128 Wohnort: Swisttal
Zuerst wäre ich etwas skeptisch was die Verwendung eines militärischen Attributes im Veteranenstand angeht. Die wenigen Hinweise, wie das Grabmal in Köln, zeigen uns durch und durch zivil gekleidete Herrschaften.
Aber zu deinen Fragen:
1. Wissen wir nicht. HR hat seine Theorie ja begründet, nichts desto trotz bleibt es eine Theorie. Ich persönlich hänge ihr nicht an, kann aber auch keinen expliziten Grund dagegen nennen. Die Darstellungen auf den Grabsteinen und staatspropagandistischen Bauwerken lassen m.E. keinen Schluß in die Richtung des Herrn HR zu, allerdings gibt es auch keinen wirklichen Lederfund eines cingulum.
Von einer Farbe können wir ohnehin nicht sprechen, da hat sich weder an den Bildnissen noch an den Funden etwas brauchbares erhalten.
2. Das Gurtende ist verjüngt und wird in der Regel durch einen Riemenender herabgezogen. Je nachdem ob man es noch einmal durchschlauft oder nicht hängt es vor oder hinter der Schnalle herab.
3. Ob sie alle verzinnt waren steht weiter zur Diskussion, es gab allerdings auch Edelmetalle in der Verarbeitung.
Gefunden wurden zudem der ein oder Stempel, mit denen die Motive herausgearbeitet wurden.
4. "Korrekt" ist eine gute Frage, es ist eine Rekonstruktion und soweit ich das beurteilen kann finde ich sie absolut stimmig. Zudem, auch das ist ja richtig dargestellt, cingula, also zwei Gürtel.
Diese Mode scheint nach dem Fund des Soldaten von Herculaneum zumindest in einigen, bislang unklaren Bereichen auch bis ins fortgeschrittene erste Jahrhundert gehalten zu haben.
_________________ Wer war froher als Neanth, da er sich Meister von diesem wundervollen Instrumente sah, wodurch er, ohne das mindeste von der Musik zu verstehen, der Erbe des Talents eines Orpheus zu sein glaubte! - Lukian
Sicherlich sind die Rekonstrktionen von HR sehr genau und gut recherchiert. Der ständig erhobene Zeigefinger in Bezug auf andere Möglichkeiten der Rekonstruktion ist aber mitunter nicht nur unschön, er ist auch wissenschaftlich nicht haltbar.
Hierzu sei an die Farbdiskussion über spätantike Tunicae und Weiß als deren einzige Grundfarbe errinnert.
Geht man von Lederfunden an Pelta-Beschlägen (wenn sie denn zum Cingulum gehörten) aus, wie die vom Hadrianswall, kann und konnte man (soweit ich mich errinnere) keine Farbspuren nachweisen.
Es gibt aber neuere naturwissenschaftliche Methoden der Farbuntersuchungen, die in letzter Zeit desöfteren an in den letzten Jahrhunderten gemachten Funden durchgeführt wurden. Daher kann es auch sein, dass dies nicht der letzte Stand ist.
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Registriert: Sonntag 30. April 2006, 19:56 Beiträge: 117 Wohnort: Saarland
Vielen Dank erstmal für die Antworten. Also wenn ich das richtig sehe, könnte ich durchaus ein Cingulum anfertigen, wie in der Bauanleitung von Tiberius beschrieben.
Wie sieht eigentlich Dein Cingulum aus, Tiberius ?
Zur Frage Tragen eines Cingulums im Veteranenstand möchte ich erwähnen, das im Raum Speyer ein Veteranen-Grab gefunden wurde (allerdings erst 3. oder 4.Jhdt) das als Grabbeigabe einen Militärgürtel enthält. Also kann man eventuell davon ausgehen, das man solch ein Cingulum auch im 1.Jhdt unter der Civil-Tunika tragen kann, wenn auch ohne Pteryges.
Registriert: Montag 5. September 2005, 18:47 Beiträge: 3128 Wohnort: Swisttal
Mein Gürtel sieht aus, wie so ziemlich jedes andere cingulum auch
Die Grabbeigaben des 3. oder gar 4. Jh.n.Chr. lassen generell gar keine Rückschlüsse auf derartige Traditionen im 1. Jh.n.Chr. zu.
Nur ein paar Punkte dazu, die Liste ist noch deutlich länger:
- der Veteranenstatus der Spätantike ist nicht mehr zu vergleichen mit dem der frühen Kaiserzeit. Wehrsiedler z.B. sind keineswegs mit den Auxiliaren zu vergleichen.
Grabbeigaben spiegeln mitnichten das Alltagsbild dar. Damals wie heute war es üblich, besondere Vorkehrungen zu treffen, wenn jemand zu Grabe getragen wurde.
- die Begräbnistraditionen haben sich in der Antike selbst verändert. War es in der frühen Kaiserzeit üblich zu verbrennen (im 1. Jh.n.Chr. kamen die Grablegen im Imperium erst wieder in Mode und verbreiteten sich stetig), so ist eine Erdbestattung bzw. Sarkophage in der Spätantike eine so häufige Form, dass sie z.B. in einem Standartwerk zum spätrömischen Heer ganze Kapitel füllen.
Auch die Beigabensitten ändern sich gerne.
- der angesprochene Gürtel ist längst kein cingulum mehr. Nach dem Ringschnallencingulum ist man z.B. zu Kerbschnittgarnituren übergangen (zumindest bei vielen Offiziersgarnituren im 4. Jh. zu finden).
- der Symbolcharakter des cinguli spricht absolut gegen eine Verwendung durch Zivilisten. Das cingulum ist eine Art Ausweis. Nichts spricht dagegen, dass ihn Zivilisten behielten wenn sie wollten, als Erinnerung oder Finanzhilfe, aber ihn zu tragen wäre, zumal für einen Geschäftsmann, eher unpassend.
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Registriert: Freitag 16. Juni 2006, 21:31 Beiträge: 131 Wohnort: Nuernberg
Man bedenke nur, wie die Toten- und Lebendenkleidung auch bei uns differiert.
cepasaccus
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Registriert: Dienstag 7. November 2006, 14:25 Beiträge: 17 Wohnort: Schweiz
Nach meiner Meinung war das Gürtelleder sicher nicht braun, sondern meistens rot, grün, schwarz, blau usw. und die Tunika für Soldaten ist weiss (mit ein paar Ausnahmen in der Spätantike) nach neuster Forschung. Leider!
Denn so ein Cingulum ist ein Statussymbol.
Beim Bild handelt es sich wahrscheinlich um einen Centurio.
Man kann den Knauf des Gladius erkennen und er trägt es am Balteus (Schwertgurt mit den goldenen Knöpfen) auf der linken Seite.
Bild eines Legionärs 110 bis 130 n.Chr.
http://portraits.fayoum.free.fr/fayoum/ ... at=0&ori=0 Also nach den Bildern nicht mal Farbe für Männer (Zivilpersonen).
Es sind viele aus dem 1.Jh.n.Chr. dabei und die Mumienportraits sind wohl das sicherste Abbild der Menschen der römischen Epoche.
Hier noch den Link zu Portraits du Fayoum einer Seite mit
Mumienportraits aus Aegypten.
Die geben Einblicke in römische Kleidung, Schmuck u.s.w. aus dem
1. bis 3.Jh.n.Chr.
http://portraits.fayoum.free.fr/
Bilder vom Mosaik aus Italien.
Bei den Jagdbilder sind eben nicht nur Zivilpersonen, sondern auch Soldaten abgebildet.
Denn die Jagd gehört zum Trainning in der Armee und
die Soldaten erkennt man auch an den Schildern mit der Bemalung ihrer Einheit.
Die Soldaten sind ganz am Schluss abgebildet,zu Fuss und auf dem Pferd mit Schild.
Hat aber zwei Soldaten mit Sagum (Mantel), Pileus (Hut) und rotem Cingulum (Gürtel).
Zwei Soldaten die ein Schiff entladen (einer holt das Segel ein) haben nur rote Gürtel mit silbernen (verzinnten ?) Platten.
Roman mosaics from a rich Roman's villa (Diocletian period 286 - 305 AD)
Piazza Armerina, Sicily
http://www.galenfrysinger.com/big_hunti ... sicily.htm
Bei Eigenbau des Cingulums habe ich da eine Frage. Ist es möglich das Cingulum aus einem Stück Leder hersuszuschneiden incl. der Schurtzstreifen, die in der Regel am Gürtelinneren vernietet werden und dann nach vorne durchgeschlauft werden? Ist das autentisch?
Valete Alexander
_________________ Die Mittelmäßigen sind auf Dauer die erfolgreicheren!
Registriert: Montag 5. September 2005, 18:47 Beiträge: 3128 Wohnort: Swisttal
Leider wissen wir nicht genau, wie die pteryges nun angebracht waren. Darum gibt es ja auch so viele verschiedene Lösungen, die einen machen an deren Enden Schlaufen, andere vernieten sie hinter dem Gürtel, andere vor und wieder andere wie ich vernieten sie dahinter und legen sie dann oben drüber. Wenn du so viel Geld ausgeben möchtest für das Leder denke ich also, das an sich kaum etwas dagegen spricht, zumal auf einigen Grabsteinen die pteryges wirken, als würden sie am Gürtel aus einem Stück stammen und sich erst etwas weiter unten in mehrere auflösen.
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