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Unterschiede zwischen Kelten und Germanen https://board.flavii.de/viewtopic.php?f=10&t=1299 |
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Autor: | Marcus Mentellius Sermonius [ Donnerstag 17. Mai 2007, 18:26 ] |
Betreff des Beitrags: | Unterschiede zwischen Kelten und Germanen |
Salve, das Thema hat zwar nichts mit römischen Zivilleben oder Handwerk zu tun aber ich wußte nicht wohin sonst mit dem Thema hin. Nun zum Thema: Gibt es eigendlich für das erste Jhd. vor Chr. eindeutige archäologische Unterschiede zwischen Kelten und Germanen ? Mein Eindruck ist, das es sich eher um graduelle Unterschiede handelt und eigendlich mehr Konvention die Zuordnung von einzelnen Stämmen zur germanischen oder keltischen Kultur bestimmt. Womit sich auch einen zweite Frage aufdrängt: Gab es ausserhalb der materiellen Welt andere Kennzeichen die Kelten von Germanen unterschieden haben? valete |
Autor: | geala [ Sonntag 27. Mai 2007, 13:23 ] |
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Im materiellen Bereich scheint mir ein Unterschied in den Siedlungsformen gelegen zu haben. Ansonsten: ich bin kein Kelten/Germanenexperte, aber zuerst würde mir als weiterer Unterschied die Sprache einfallen. Außerdem etwas andere Gesellschaftsformen mit geringer ausgeprägter Schichtung, wenn man Tacitus trauen darf (na ja...) und das auf das 1. Jhr. vor Chr. zu übertragen wagt. Für die frühe Zeit ist irgendwie wenig bekannt, scheint mir. Oder? Es gibt ganz interessante Untersuchungen der Änderung der Siedlungsformen und die damit verbundenen sozialen Verhältnisse, die ich mal gelesen habe, aber ich habe mir die Fundstellen nicht gemerkt. War aber auch für spätere Zeiten ab dem 2. Jhr. n. Chr.. |
Autor: | Susanna [ Sonntag 27. Mai 2007, 19:53 ] |
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Soweit ich weiss, basiert die historische Tradition dieser Einteilung tatsächlich auf philologischen Unterschieden. |
Autor: | Tertius Mummius [ Montag 28. Mai 2007, 12:41 ] |
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In Werner Ecks "Köln in römischer Zeit" beschreibt er ziemlich ausgiebig die "keltisierten" Ubier in Abgrenzung zu ihren Nachbarn, dabei hebt er ein paar Dinge hervor wie z. B. Münzprägung (Regenbogenschüsselchen), Oppidasiedlungen (Dielsberg) und weitreichende Handelsbeziehungen (Import/Export, auch als Zwischenhändler entfernterer germanischer Stämme). Aber dann ist da auch die Frage, ob die Ubier "richtige" Germanen waren, so ganz gelöst scheint die auch nicht zu sein. |
Autor: | Marcus Mentellius Sermonius [ Montag 28. Mai 2007, 15:50 ] |
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Wenn es so ist das man Kelten und Germanen nur schwierig auseinander halten kann könnte man dann auch vermuten das die Germanen so eine Art "unzivilisierte" Kelten gewesen sind ? (wobei ich jetzt großzügig über sprachliche Unterschiede hinweggehe ...) |
Autor: | Barbara [ Dienstag 29. Mai 2007, 19:32 ] |
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Wie schaut das denn bei den Kelten aus? Haben die richtige Könige bzw. Stammesoberhäupter, die man als Ansprechpartner nutzen kann? Und dabei ist wichtig, dass sie für eine Mehrheit der entsprechenden Bevölkerung sprechen, nicht nur für einen winzigen Pizzel-Stamm, und dass sie das besprochene auch weitergeben können. Die Germanen wurden u.a. deshalb als Barbaren angesehen, weil es keinen festen Ansprechpartner für die Griechen/Rom unter ihnen gab. Keinen König, mit dem man etwas aushandeln kann, niemanden, den man schlägt, und weswegen dann alle Ruhe geben. Es gab bei den Germanen einfach keine Einheitlichkeit. Abr auch das sind alles philologisch begründete Gründe. |
Autor: | geala [ Freitag 1. Juni 2007, 12:01 ] |
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Ich glaube nicht, daß man die Germanen als unzivilisierte Kelten verstehen kann. Sprache, Lebensformen und Kultur sind doch verschieden, aus der heutigen Sicht. Genausowenig kann man die Slawen mit den Kelten oder Germanen in einen Topf werfen. Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten und jede Unterscheidung hat immer auch gekünstelte Elemente. In letzter Zeit nimmt man ja auch verstärkt genetischen Untersuchungen vor, um die Herkunft bestimmter Völker zu klären. Zum Beispiel soll angeblich die lange Streitfrage, ob die Etrusker authochton waren oder aus dem Osten gekommen sind, durch genetische Untersuchungen zu Gunsten der Ost-These entschieden sein (hab es nur auf DLF gehört, keinen sonstigen Nachweis). Oder zur Besiedlung von Irland: die letzte entscheidende Welle vor den Kelten soll nicht aus Spanien, sondern eher aus dem skandinavischen Raum gekommen sein. Vielleicht gibt es ähnliche Untersuchungen auch zu den Kelten und Germanen? |
Autor: | Publius [ Freitag 1. Juni 2007, 18:42 ] |
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.... wenn es denn eine wirkliche keltische welle nach Irland gegeben hat. bisher spricht nichts wirklich dafür, der letzte Gentest sogar dagegen. Zurück zum Thema: Eigentlich kommen wir jetzt in einen Bereich, wo wir allgemeingültige Definitionen von keltischem und germanischen Fungut bräuchten... Leider ist jedoch nichts im Leben so einfach. Selbsverständlich lassen sich signifikante Unterschiede herausarbeiten: So haben zum Beispiel die Kelten eine deutlicher herausgeprägte Führungselite (hat Babs ja schon angesprochen), weitere Punkte sind die Münzprägung sowie die sogenannten Oppida als Siedlungs- und Herrschaftszentren. Insgesamt wird wohl niemand bestreiten dass es sich bei Stämmen wie den Avernern um Kelten handekt, genausowenig wird auch niemand widerlegen, dass Cherusker als Germanen anzusprechen sind. (Immerhin sind wir hier noch durch literarische Erwähnungen unter anderem bei Caesar unterstützt) Komplizierter wird es, wenn wir in der Übergangsregion zwischen keltischem und germanischem Gebiet herausfinden wollen ob die örtliche Bevölkerung nun das eine oder das andere war. Teilweise lässt uns dann auch die römische Überlieferung im Stich, was dazu führt, dass manche Stämme wie zum Beispiel die Chatten nicht einwandfrei einer der beiden Gruppen zugeordnet werden können. Ich frage mich manchmal, ob die Unterteilung im wissenschaftlichen Sinn eine wirkliche Bedeutung besitzt. Immerhin sprechen wir in den meisten Fällen von einzelnen Stämmen und nicht "den Kelten" im gesamten. Ehlich gesagt wäre das bei den regionalen Unterschieden ja auch ein wenig zu verallgemeinernd. |
Autor: | Authari [ Samstag 2. Juni 2007, 14:39 ] |
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die Kelten waren viel Kleinkarierter. |
Autor: | Quintus Ulpius Lepidus [ Samstag 2. Juni 2007, 21:54 ] |
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Ich denke. dass wir die signifikante Abgrenzung, wie wir sie heute haben, zu einem nicht unerheblichen Teil den Römern verdanken. pauschal gesagt: Hier sind die Kelten, die haben wir unterworfen, dort sind die Germanen, die haben sich gewert! Die archäologischen Befunde sind natürlich ein Kapitel für sich, aber, wie auch schon die angesprochenen "Grenzstämme" zeigen, sie reichen nicht aus um jeden STamm deutlich zuzuordnen. Und da greift meiner Meinung nach das römische Idealbild von "zivilisiert vs. unzivilisiert". |
Autor: | geala [ Sonntag 3. Juni 2007, 12:58 ] |
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Für eine keltische Welle nach Irland spricht die Sprache. Gerade die Cherusker sind doch scheinbar teilweise umstritten, oder?. Manchmal wird die germanische Herkunft in Zweifel gezogen und auf eine vor-indogermanische Restbevölkerung hingewiesen. Naja, finde ich nicht so überzeugend, aber ich kenne mich da auch nicht so aus. Klare Abgrenzungen in Übergangsgebieten werden kaum gelingen, warum auch. Ob die Teutonen jetzt Kelten und nur die Kimbern Germanen waren oder beide Germanen oder Kelten, wie es teilweise noch behauptet wird, ist doch so wichtig auch nicht. Als ich mich etwas intensiver mit dem Thema Germanen beschäftigt habe, so vor ca. 20 Jahren ![]() Einigermaßen abgrenzen kann man jedenfalls Sprachunterschiede (auch wenn man die Sprachen "zurückrechnen" muß, weil frühe schriftliche Beispiele selten sind); allerdings sind auch diese Ergebnisse manchmal dürftig und häufig interpretierbar. Übrigens finde ich den Hinweis mit dem "Karierten" ziemlich gut. ![]() |
Autor: | Marcus Mentellius Sermonius [ Sonntag 3. Juni 2007, 19:41 ] |
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Der eigendliche Grund warum ich diese Diskussion überhaubt angezettelt habe besteht darin das ich über die Zerstörung des Opidum auf dem Duensberg durch Drusus gestolpert bin. Dieses Opidum wird durch die Tatsache das es eines ist als keltisch angesehen allerdings befindet es sich mitten in einem Gebiet das von den Römern (und allen die nach ihnen kamen) als germanisch angesehen wurde. Außerdem ist Drusus in dieser Zeit angeblich auch immer nur gegen Germanien gezogen. Wenn man sich dagegen die Funde aus dem Opidum anschaut dann passen sie allesamt einigermaßen in keltische Kunstschemata - also ein relativ undeutliches Bild bzgl. der Frage Kelten oder Germanen. Allgemein interpretiert man die Sachlage so, das hier im rechtsrheinischen ein keltischer Stamm, der während der keltische Expansion hierhergekommen ist, sich bis in diese Zeit gehalten hat. Allerdings wohin sind diese Kelten anschliessend hin ? - Sie sind wohl kaum alle umgebracht worden. In späterer Zeit ist in diesem Gebiet eigendlich nur noch von Chatten die Rede. Diese Chatten werden in Quellen Germanen genannt und dadurch gekennzeichnet das sie geordnet in Phalanxen kämpfen - ein Hinweis auf eine "höhere" Kultur, bzw. Organisationsstufe ? (als Erbe der Kelten ??) Das es im Übergangsbebiet schierig ist Germanen und Kelten auseinander zu halten ist klar, aber gibt es *klare* Unterschide im Fundgut wenn man sich Kelten aus der Nähe der Pyrenäen bzw. Germanen aus Sachsen ansieht ? Ich meine hier keine qualitativen Unterschiede, die könnten eben darauf hindeuten das die Germanen einfach unzivilisiert waren, sondern Unterschiede die auf unterschiedliche Kulturen hindeuten wie z.B. ein anderes Kunstverständnis, andere Herstellungstechnik etc. |
Autor: | Marcus Mentellius Sermonius [ Sonntag 24. Juni 2007, 14:19 ] |
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Salvete, eine gute Zusammenfassung unserer Diskussioon und damit auch Beantwortung der ursprünglichen Frage habe ich in "Die Römer in Germanien" von R. Wolters (Uni Tübingen) gefunden: "... Von der Archäologie wird allgemein die weiter im Osten aufgekommene Jastorf-Kultur, mit ihrem Zentrum an der unteren Elbe, als die eigendliche germanische Kultur gesehen.Doch zur Zeit Caesar lassen sich Ihre Ausläufer nur ganz vereinzelt am Rhein finden. Erst in der Zeit danach bildeten sich unter Ihrem Einfluß,doch ebenso unter dem der angeführten horizontalen Kulturzonen einschließlich der Latenekultur, die "Germanen" aus. Das bedeutet, daß die keltische Kultur als eher vorangehende, nicht der germanischen zeitlich parallelstehende Kultur, somit sowohl zur Ausbildung der Germanen im Osten wie der jetzt von römischen Einfluß geprägten gallischen Kultur im Westen beitrug. Es zählt zu den besonderen Eigentümlichkeiten dieses Vorganges, daß der Germanenbegriff Cäsars somit der eigendlichen Ethogenese der "Germanen" vorangegangen ist, ..." valete Sermonius |
Autor: | Quintus Ulpius Lepidus [ Sonntag 24. Juni 2007, 22:05 ] |
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danke, nette info! |
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