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BeitragVerfasst: Sonntag 2. Dezember 2007, 09:59 
Hetairoi
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Schon aufgrund der mangelnden Lesefähigkeit des Großteils der Bevölkerung und der enorm hohen Herstellungskosten für Bücher war an eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Bibeln während des Früh- und Hochmittelalters nicht zu denken. Das kirchliche Mißtrauen gegenüber Übersetzungen in die Volkssprache war darin begründet, dass häretische Bewegungen (Waldenser, Lollarden) solche Übersetzungen oft für ihre Predigt verwendeten.
Dies änderte aber nichts daran, dass die Menschen des Mittelalters durchaus mit biblischem Gedankengut vertraut waren: Predigten, Gottesdienste, Bilder usw. führten die biblische Heilsgeschichte den Menschen vor Augen.
Da das Christentum ja großen Wert auf das Verständnis des Glaubens legt, wurde es als Pflicht angesehen, die Gläubigen, so gut es ging, durch Katechese, Predigt, Kunst usw. mit den wesentlichen Inhalten des Glaubens vertraut zu machen (dass natürlich dieser hohe Anspruch nicht immer und überall erfüllt werden konnte und es neben den großen Theologen der Domschulen und Universitäten auch einfache Priester gab, die selber kaum das Vaterunser konnten, sollte allerdings nicht verschwiegen werden. Erst mit dem Konzil von Trient (1545-1563) wurde eine seminaristische Priesterausbildung obligatorisch).
Die Bibelübersetzung Luthers (welche nicht die erste war) sollte dem einzelnen Christen den selbstständigen Zugang zum Glauben ermöglichen, ohne dabei irgendeine kirchliche Zwischeninstanz zu benötigen. Luther ging davon aus, dass sich das Bibelwort selbst erkläre. Allerdings irrte sich Luther hier: Sein Prinzip der "sola scriptura" führte gerade nicht zu einer höheren Eindeutigkeit und Einigkeit. Vielmehr spaltete sich der Protestantismus in kurzer Zeit in eine Vielzahl von Denominationen, Konfessionen und Sekten.
Wir stehen hier also vor dem Problem des angemessenen Umgangs mit Texten: Jeder Text, auch die biblischen, bedürfen natürlich der Interpretation. Dazu wurde schon in der Spätantike die Lehre vom mehrfachen Schriftsinn entwickelt, welche dazu befähigte mit Hilfe der literarischen Textkritik die Intention des jeweiligen Textes zu erkennen. Mit diesem Vorgehen sollte einer Verzerrung der biblischen Botschaft vorgebeugt werden, die sich aus dem Herausreißen einzelner Textstellen aus dem Gesamtzusammenhang der Bibel sowie aus einem rein wortwörtlichen Verständnis biblischer Textstellen ergibt. Ein aktuelles Beispiel für diese Problematik haben wir beispielsweise im Kreationismus und der Ablehnung der Evolutionstheorie durch fundamentalistische Protestanten, welche die Schöpfungsgeschichte(n) der Genesis wortwörtlich verstehen, wohingegen weder die Katholische Kirche noch die EKD mit der Evolutionstheorie Probleme haben.

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Sparates


Wer müßig geht, wird hoch geehrt; wer das Feld bebaut, wird tief verachtet. Das ehrenvollste Leben ist das Kriegs- und Räuberleben. (Herodot über die Thraker)


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BeitragVerfasst: Donnerstag 6. Dezember 2007, 17:41 
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Quellen für Leseverbote habe ich nicht bei der Hand. Ich hatte über das Mittelalter früher meist geliehene Bücher (kein Geld) und weiß nicht mehr, wo ich da was drüber gelesen habe und habe auch keine Lust zu suchen. :wink: Ein schnelles googeln hat ein paar Hinweise gebracht, z.B. auf ein Verbot des Bischofs von Oxford im Jahr 1408 oder auf das allerdings neuzeitliche Konzil von Trient.

Die Zurückhaltung mit der Hinwendung (auch) zur Volkssprache ist nur partiell verständlich. Das Christentum war ja nicht nur für die Gelehrten da. Sicher muß eine autoritäre Lehre versuchen, möglichst wenig Angriffspunkte zu geben, z.B. um Häresien zu vermeiden. Die größte Gefahr ging doch aber eher von gelehrten Abweichlern aus. Die christliche Kirche hat sich immer stark um die Einbeziehung der Vernunft ins System bemüht, damit eben aber auch das (Nach-)Denken ermutigt und kritische Gedanken gefördert.

Marco, ich stimme Dir zu. Allerdings frage ich mich, inwieweit eine für alle Menschen bis ins letzte Lebenseckchen Gültigkeit beanspruchende Lehre eine Auslegungshoheit für eine elitäre Minderheit verträgt. Besonders bei Beachtung der zentralen historischen Figur, sicher kein abgehobener Wissenschaftler, ist das seltsam. Das ist jetzt aber ziemlich off topic, also lasse ich es besser. ^^

Die Haltung der katholischen Kirche zur Evolutionstheorie ist, finde ich, etwas problematischer als geschildert, wenn man Aussagen des derzeitigen Papstes ansieht, der im Vergleich zu seinem Vorgänger scheinbar etwas zurückrudert. Auch off topic, hmmm, aber interessant.

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Antinoos aka Wolfgang Zeiler


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BeitragVerfasst: Sonntag 9. Dezember 2007, 18:52 
Tesserarius
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Zurück zum Thema:
Demandt führt 210 Punkte des Unterganges an. Die meisten davon fand ich persönlich nicht sehr überzeugend.

Gehen wir mal ins Detail und betrachten einzelne Elemente:
War das Heer desaströs und nicht mehr Wehrfähig?
Nein, keineswegs, die spätantike Truppe, egal wie viele in ihr Christen, Germanen oder "Römer" waren, verbuchten eine ganze Reihe von Siegen wie Niederlagen, nicht unähnlich den früheren Heeren.
Diokletians Reformen und deren Abrundung durch Konstantin brachten aus dem desolaten Heer der Soldatenkaiser eine wieder funktionierende Truppe zustande. Damit restaurierte er das Reich nahezu bis an die Grenzen der severischen Zeit (193 - 235 n.Chr.).
Dabei sollte betont werden, dass die Krise der Soldatenkaiserzeit nicht in irgendeiner Weise mit den Christen in Verbindung gebracht werden kann, sondern mit den Streitigkeiten um die Machtfolge.
Und da sind wir m.E. auch bei dem Hauptproblem. Nach den starken und stabilisierend wirkenden Kaisern Diokletian und Konstantin kamen dessen Söhne an die Macht, und lieferten nicht nur Persern, Alamannen, Sachsen und Franken zum großen Teil erfolgreiche Kriege und Schlachten, sondern ringten auch untereinander um die Herrschaft (Massaker in Konstantinopel), nicht zuletzt durch mangelnde Vorsorge des verstorbenen KOnstantin ausgelöst.
In der Folge kam es wieder einmal zu Bürgerkriegen, z.B. zwischen Magnentius und und Constantius. (Nebenbei, der Sieger Constantius soll bei Mursa 30 000 Mann verloren haben, das zeugt nicht für lau geführte Kämpfe).
Und hier kommt es zu einer der großen, Katastrophalen Lücken in der Verteidigung des Reiches, als in den 50ern des 4. Jh.n.Chr. Franken und Alamannen nahezu ungehindert einfallen und die Gebiete verwüsten können.
Am Ende des gleichen Jahrzehntes führt Constantius Krieg gegen Quaden und Sarmaten (erfolgreich) sowie Limiganten (unentschieden) und die Perser nutzen die Gelegenheit, um erneut anzugreifen. Gefördert wurde der Zustand durch die absentia der Osttruppen, die vorher im Bürgerkrieg nach Gallien verlegt worden waren.

Auch in diesem Zeitfenster steht die Schlacht von Strassburg.
So könnte man nun eine Weile fortfahren um das bestehende Bild des beständigen Niederganges gerade der Armee entgegen zu wirken.

Ein Beispiel für eine christliche Beteiligung die zu Reichsschwierigkeiten führte findet sich ein Jahrhundert später in der Eroberung Jerusalems durch "Mönche" wie auch die durch die Diskussion um Theotokos oder Christotokos geschürten Aufstände in Ägypten. Diese Geschehnisse im Osten unter dem Kaiser Marcian.
Trotzdem blieb das oströmische Reich weit länger bestehen, als das Christentum längst etabliert und fraglos dominierend war.
Im Westen hielten sich die Kaiser Maiorian und Anthemius jeweils sehr gut, zweiterem gelang es im Gegensatz zu seinem Vorgänger Severus sogar gegen die Vandalen zu bestehen, wenn auch der Großangriff auf Karthago mißlang, beide (M. & A) starben mehr oder weniger direkt durch die Hand eines Heermeisters (eben solch einer wie es Aetius zu dem Zeitpunkt bereits gewesen war).

So schlecht stand es also um das römische Reich gar nicht, wenn es auch nicht wirklich als eine Hochzeit bezeichnet werden kann.
Nichts desto trotz ist die Rolle des Christentums in diesen Geschehnissen zwar vorhanden, aber bei weitem kein solch großer Baustein, wie gerne dargestellt.
Nicht "verweichlichte Christen in den Reihen der Soldaten" ließen den Sturm auf Rom am Ende zu, und auch die Streitigkeiten zwischen den Christen selbst oder ihnen und den Kaisern lenkten nicht so sehr ab, dass Rom förmlich blank da lag.

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Wer war froher als Neanth, da er sich Meister von diesem wundervollen
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BeitragVerfasst: Montag 10. Dezember 2007, 09:23 
Miles Gregarius
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Ich habe mal ne Hausarbeit über die Zeit:395 - 450 n. Chr. geschrieben, unter dem Aspekt Herrschaftsgeschichte.

Es geht um die Reichteilung nach Theodosius I. unter Honorius und Arcadius bzw. ihren Nachfolgern. Die Zeit der "Kindkaiser" ist sehr anschaulich, wenn man den Verfall des zumindest weströmischen Reiches sich einmal genauer ansehen will. Verfall ist vielleicht zu hart, sagen wir Zerfall.

Egal, wens interessiert, ich hab die HA dazu, ist auch ganzh gut bewertet worden. Gibt aber einen meist temporalen Aspekt des ganzen wieder.

grüße
sebastian

PS: Soviel in Kürze, also meine Kurzmeinung:
Der Verfall hat mit dem Christentum sehr wenig zu tun, und ist deutlich mehr im Bereich der persönlichen Machtgier und Machtspiele zu suchen.

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BeitragVerfasst: Freitag 11. April 2008, 14:15 
Miles Gregarius
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Eine Literaturhinweis dazu bzw. zum Untergang des Westreichs:

Peter Heather " Der Untergang des Römischen Weltreichs"

Sehr Lohnenswert gibt die politischen Zusammenhänge sehr gut wieder

Meine Meinung

Dement: "Geschichte der Spätantike" C.H. Beck

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BeitragVerfasst: Dienstag 21. Juni 2011, 17:07 
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Würde ich ehrlich gesagt schon sagen. Kann es aber ebenfalls nicht wirklich belegen. Ich persönlich denke aber, dass das Christentum wie für viele andere Kulturen auch für die Römer ein eher schlechtes "Erlebnis" war. Da würd ich ja lieber hier Ferrari selber fahren :D


Zuletzt geändert von goliath am Montag 18. Juli 2011, 11:36, insgesamt 2-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Freitag 24. Juni 2011, 00:01 
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Deine Meinung in Ehren, aber WARUM bist du dieser Ansicht?

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BeitragVerfasst: Sonntag 2. Juni 2013, 21:14 
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Das Christentum war eher nicht am Untergang Roms schuld. Zumindest Ost-Rom also Byzanz existierte bis 1453. Eine andere Religion des Friedens machte dem Byzantinischen Reich damals auf unerfreuliche Art und Weis den Garaus - der Islam.


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BeitragVerfasst: Sonntag 12. April 2015, 22:28 
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Salvete !

Nun will ich mich auch mal in diese durchaus interessante Diskussion einschalten. Da ich selbst Christ bin und mich für römische Geschichte so weit interessiere, dass ich es später auch studieren will, habe ich dazu natürlich meine eigene Meinung.

goliath hat geschrieben:
Würde ich ehrlich gesagt schon sagen. Kann es aber ebenfalls nicht wirklich belegen. Ich persönlich denke aber, dass das Christentum wie für viele andere Kulturen auch für die Römer ein eher schlechtes "Erlebnis" war. Da würd ich ja lieber hier Ferrari selber fahren :D


Gleich zum Anfang meines Beitrages möchte ich daruf hinweisen, dass solche Meinungen (ohne jemanden zu nahe zu treten) in einer Diskussion wie dieser unpassend sind, da es hier um begründete Behauptungen geht und nicht nur um ein "schlechtes Gefühl", wenn man vom Christentum hört.
Bezüglich der "Verdummung der Bevölkerung kann ich auch nicht ganz zustimmen, da im Mittelalter die Klöster und Klosterschulen die Zentren der Bildung waren, und zwar nicht nur für die Adligen (siehe vorengegangene Beiträge von Primus).
Dass das einfache Volk ungebildet war, hat nicht nur mit dem Christentum, oder der Kirche zu tun, sondern kam daher, dass zum Beginn des Mittelalters der größte Anteil der Bevölkerung auf dem Land von der Landwirtschaft lebte. Da diese hauptsächlich der Selbstversorgung diente, gab es keine größere Nachfrage nach höherer Bildung. Im Laufe des Mittelalters kam es dann zu einem Städtewachstum und zu einer Landflucht, wobei viele ehemalige Landbewohner dort Berufe ausübten, zu denen sie mehr Wissen benötigten. Dadurch wuchs die Nachfrage nach Bildungseinrichtungen wie Schulen oder eben auch Universitäten.
Dass der ärmere Teil der Stadtbevölkerung und die Landbevölkerung diese Chance im Vergleich zu reicheren Bevölkerungsschichten selten nutzen konnte, lag nicht an der Absicht der Kirche, das Volk ungebildet zu lassen, sondern daran, dass die Familien oft weder die Zeit (Kinder sollten auf dem Feld oder in der Werkstatt mithelfen), noch das Geld (für Schulsachen) für die Ausbildung ihrer Kinder besaßen.
Natürlich gab es in der mittelalterlichen Kirche Intrigen, Korruption, etc. und auch die Kirchenfürsten wussten, das Volk zu beeinflussen (siehe Kreuzzüge), doch kann man nicht pauschal der Kirche vorwerfen, das Volk vorsätzlich verdummt zu haben, höchstens eben, das Volk beeinflusst zu haben. Und auch bei diesem Argument muss man beachten, dass nicht nur die Kirche diese Beeinflussung nutzte, auch die Kaiser und Könige und Fürsten, die z.B. die Kreuzzüge anführten, versprachen den einfachen Volk Reichtum und Ehre, wenn sie sich dem anschlossen.
Aber zurück zur eigentlichen Frage, ob das Christentum am Untergang des römischen Reiches mitschuldig war.
In Relation zu den folgenden schwerwiegenden Faktoren für den Untergang des römischen Reiches kam dem Christentum keine (weil so geringe) Bedeutung zu:

1. Die Völkerwanderung
Durch die vom innerasiatischen Volk der Hunnen ausgelösten Vertreibung der ost-germanischen Völkern wie den Ostgoten (eigentlich Östragoten-Sonnenaufgangsgoten) aus ihren Stammesgebieten in der heutigen Ukraine erfolgte in einem Dominoprinzip die Vertreibung der weiter westlich ansässigen Germanen wie den Franken, Alemannen, Vandalen oder Westgoten (Visigoten). Gleichzeitig hatten sich die einzelnen germanischen Stämme zu Großstämmen zusammengeschlossen. Diese Stämme versuchten ins römische Reich zu gelangen, erst friedlich (durch Ansiedlung als Foederaten), später, als sich Versorgungs-probleme ergaben, auch mit Gewalt. Die darauffolgenden Verwüstungen (Einnahme von Rom 410) und römischen Niederlagen (Schlacht von Adrianopel 378, bei der 2/3 der oströmischen Armee vernichtet wurden) schwächten sowohl die militärische wie wirtschaftliche Infrastruktur erheblich. Dadurch gelang es auch vielen germanischen Stämmen, praktisch ungehindert ins Reich einzufallen (z.B. den Franken und Alemannen Ende des 3.Jh., deren Einfälle zur Aufgabe des obergermanischen Limes führten). Hinzu kamen die hohen Tributzahlungen an die Hunnen und die germanischen Stämme, die stetig stiegen und somit die römische Wirtschaft zusätzlich belasteten.

2.Geldentwertung
Um die Kosten für den kaiserlichen Hof (seit 395 endgültig für zwei kaiserliche Höfe) und vor allem die immer höheren Kosten für den Sold der Soldaten bezahlen zu können, kam es bereits unter Vespasian zu einer Geldentwertung, indem der Edelmetallgehalt der Silber.und Goldmünzen drastisch gesenkt wurde. Nach einer Zeit der wirtschaftlichen Konsolidierug begann spätestens seit den Soldatenkaisern in der Mtte des 3.Jh. erneut eine schnell fortschreitende Inflation. Das hatte zur Folge, dass viele, vor allem Bauern zur Tauschwirtschaft zurückkehrten. Da viele jedoch durch von Feldzügen eingeschleppten Epedemien, Übergriffen der römischen Soldaten oder feindlichen Überfällen wie auch den steigenden Abgaben und Steuern ihren Lebensunterhalt nicht mehr erwirtschaften konnten, wurden sie entweder zu Kolonen, also zu quasi direkt Abhängigen der Grundbesitzer, oder schlugen sich als Gesetzeslose herum (es war verboten, seine Felder zu verlassen). Dadurch (und nicht durch die christlichen Lehren) sank natürlich auch der Wille der Bevölkerung, dieses Reich zu verteidigen. Auch für die in den Städten lebenden Bürger und Beamte wurden die Steuern immer mehr zu einer Last. Der ehrenamtliche Sitz im Stadtrat, der mit hohen Kosten verbunden war, wurde immer öfter den dafür Geeigneten aufgezwungen und nicht mehr als erstrebenswert empfunden (vorher war er Teil der Ämterlaufbahn gewesen). Mit der finanziellen Notlage der Städte, die die unterste Verwaltungseinheit waren, wurden auch die Provinzen und das Reich insgesamt finanziell geschwächt. Auch die Grenzverteidigung im Hinterland litt, da die Garnisionen in den Städten nicht mehr unterhalten werden konnten und viele Städte deshalb schutzlos den feindlichen Überfällen und Plünderungen ausgesetzt waren.
Dadurch, dass seit ca. dem 3.Jh. keine nennenswerten Eroberungen (wichtig wegen Rohstoff-quellen wie den Goldminen in Dakien) mehr gemacht worden, sondern immer mehr Provinzen (wie Britannien 410) aufgegeben wurden oder wegen andauernder feindlichen Plünderungen nicht mehr verwaltbar waren, entging dem Römischen Reich ein nicht unerheblicher Teil an Steuereinnahmen, was den wirtschaftlichen Niedergang und die militärische Schwächung des Reiches weiter beschleunigte.

3.Die politische Instabilität
Wie in vielen Beiträgen bemerkt gab es schon im 3.Jh. eine Zeit der "Soldatenkaiser". Dabei handelte es sich um 40 verschiedene Kaiser, die in 80 Jahren oft nur wenige Jahren regierten und durch ihre gegenseitigen Machtkämpfe die Grenzverteidigung schwächten. Oft waren die Kaiser von den Legionen ausgerufen wurden und wurden nach kurzer Zeit auch von ihnen getötet, falls sie deren Forderungen nicht erfüllten oder es einen mächtigerern Gegenkaiser gab. Im 4. und 5.Jh. wechselten die Kaiser auch sehr schnell, wobei es sich hierbei mehr um dynastische Intrigen handelte, die sogenannten Kindkaiser waren oft nur Marionetten von mächtigen Familienmitgliedern oder (oft germanischen) Heerführern waren. So wurde der letzte weströmische Kaiser, Romulus Augustulus, von seinem Vater, einem Heerführer, eingesetzt, und von Odoaker, einem anderen germanischen Heerführer, abgesetzt. Diese Fehden zwischen den Heerführern und dynastischen Intrigen, die oft auch mit der Armee ausgefochten wurden, schwächten die Grenzverteidigung (wahrscheinlich unterhöhlten sie auch die Kampfeinstellung der Soldaten, die nun für politische Machtkämpfe und nicht für die Verteidigung des Reiches kämpften; das wurde allerdings noch nicht historisch belegt) und erleichterten es Eindringlingen, die römischen Grenzen zu überwinden.

Gegenüber diesen Faktoren erscheint mir die "staatsfeindliche Einstellung" der Christen als von so geringer Bedeutung, dass man sie in diesem Sinne eigentlich nicht verwenden kann.
Davon abgesehen kann man von einer solchen Einstellung eigentlich nicht reden, da Paulus in seinen Briefen an die Korinther, Vers 13 schreibt: Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet.
Diese Aussage gilt vor allem für die damalige römische Obrigkeit. :!:

Valete

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Tiberius Claudius Maximus

Felicior Augusto, melior Traiano esset!
(Er sei glücklicher als Augustus, besser als Trajan)


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BeitragVerfasst: Sonntag 7. Juni 2015, 12:19 
Miles Gregarius
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ganz simpel

wie kämpft man besser ...
du sollst nicht töten oder
SOHN DES KRIEGSGOTT MARS!
klar hat das ost römische reich noch 1000 jahre lang gelebt die haben die heiden
ja auch nicht so stark verfolgt wie der westen (stichwort renaissance wo kamen noch mal die bücher her ach ja ostrom im westen wurden de dinger ja verbrannt)

so um 390-395n.CHR waren im osten so gut 35% und wetsen so 10% chritsten in der bevölkerung (allein schon wegen gallien britanien germanien) als im westen dann die radikalen spinner die verfolgung aller nicht christen begonnen hatte hörte außerhalb der mauern roms keine sau mehr auf den senat oder kaiser und die sachsen vandalen und co hatten blut geleckt

etwas krass dargestellt aber im grunde nicht so unwahr


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BeitragVerfasst: Freitag 4. März 2016, 00:35 
Miles Gregarius
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Ad Sveen: Das erste Argument widerlegen Sie selbst gleich wieder, das ist ihnen bewusst, oder?
Zu dem zweiten: Wann soll ihrer Meinung nach die Verfolgung von Nichtchristen durch "radikale Spinner" eingesetzt haben?
Es ging im Wesentlichen um die Spätantike, den Untergang des Weströmischen Reiches im 3. bis 5. Jahrhundert. Da war gerade erst das Christentum Staatsreligion geworden (312 n.Chr.) und obwohl es zum Beispiel zur Schließung heidnischer Tempel und Gladiatorenarenen kam, ist mir nicht bekannt, dass es "Heidenverfolgungen" damals gab.

Vale

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Tiberius Claudius Maximus

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BeitragVerfasst: Freitag 4. März 2016, 17:07 
Philosoph
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Uh, das mit der Heidenverfolgung würde ich noch einmal checken, Tiberius. Die gab es – und nicht zu knapp. Die (christliche) Geschichtsschreibung dieser Zeit ist da allerdings sehr selektiv. Nur als Beispiel: die heidnische Mathematikerin Hypatia wurde 416 in Alexandria von einer christlichen Menge gelyncht und zerrissen.

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BeitragVerfasst: Samstag 5. März 2016, 17:40 
Miles Gregarius
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Kann sein, dass die Geschichtsschreibung in der Hinsicht selektiv ist. Denn ich habe gelesen, dass außer ein paar Einzelfällen wie dem in Alexandria mehr institutionelle Diskriminierung von Heiden, aber keine Verfolgung in dem Sinne gab.
Trotzdem glaube ich nicht, dass diese Diskriminierung/Verfolgung der Heiden der Grund für den Untergang des Römischen Reiches war. Immerhin waren viele germanische Stämme ab dem 4. Jahrhundert, also zu der Zeit, als sie massenhaft ins Reich einfiehlen oder dort angesiedelt wurden bereits arianische Christen. Vor allem in Gallien, aber vor allem im Oströmischen Reich gab es ebenfalls viele Christen (30% bzw. 10% finde ich als Schätzung unglaubwürdig). Immerhin ließ sich der Frankenkönig Chlodwig I. 508 katholisch taufen (er war Arianer), um bei der gallo-römischen Bevölkerung besser anzukommen.
Ich glaube deshalb nicht, dass die Bevölkerung in Gallien, Britannien und den germanischen Provinzen sich im kollektiven Ungehorsam geübt hat, weil sie sich von der Diskriminierung der Heiden betroffen fühlten (was hätten da erst die heidnischen Senatoren, die wesentlich mehr Geld und Macht für die Durchsetzung ihrer religiösen Interessen hatten, machen müssen?)
Die anderen Gründe, die ich als TiberiusClaudiusMaximus schon mal beschrieben hatte halte ich für entscheidender.

Valete

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BeitragVerfasst: Dienstag 24. Mai 2016, 06:32 
Pagani
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Huhu zusammen,

in mir dämmert grad irgendwas aus dem Geschichtsunterricht - war da nicht was mit den Hunnen?
Als die auf der Bildfläche erschienen, hieß es "Rette sich, wer kann" und die Menschen flohen ins römische Reich. Rom war nicht in der Lage, seine Grenzen zu schützen - aber auch nicht auf die Menschenmassen (welche friedlich waren!) vorbereitet.
Dem römischen Staat ging das Geld aus, Hungersnot und Auseinandersetzungen zwischen arm und reich.

Das Christentum als Staatsreligion sehe ich da nur als am Rande beteiligt. Die Wehrhaftigkeit war eingeschränkt durch "Liebe deinen Nächsten" - was ich bei den Legionen allerdings bezweifle. Die werden wie immer weitergekämpft haben.

Änderten sich eigentlich römische Gesetze durch das Christentum? Wurden Urteile "milder" durch den christlichen Glauben?

Jede Antwort, die ich finde, wirft zehn neue Fragen auf...

Lieber Gruß :-)

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Dum spiro spero. (Solange ich atme, hoffe ich.)


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BeitragVerfasst: Montag 5. September 2016, 15:33 
Miles Gregarius
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Registriert: Donnerstag 4. Februar 2016, 17:58
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Das die Völkerwanderung zum Untergang des Römischen Reiches beitrug stimmt meiner Meinung nach. Allerdings wurden die ankommenden Völker wie West- oder Ostgoten (oder besser Vesier und Ostrogothen) nicht wegen christlichen Geboten aufgenommen, sondern oft aus taktischen Gründen als "foedrati" im Römischen Reich angesiedelt, um eine Pufferzone als Schutz vor den Hunnen zu bilden. Da die zugewiesenen Landstriche jedoch oft unwirtlich waren und für die meisten ankommenden Völker immer noch zu nah an den Hunnen kam es zu Plünderungszügen wie die des Westgotenkönigs Alarich, der dabei sogar 410 Rom eroberte (nachdem er versucht hatte, mit dem Kaiser um einen besseren Landstrich für sein Volk zu verhandeln). Interessanterweise war Alarich selbst Christ, weshalb er bei der Plünderung Roms dafür sorgte, dass die christlichen Kirchen weitgehend unbeschädigt blieben.
Dass der christliche Glaube die Wehrhaftigkeit unterhöhlt hat oder Urteile dadurch milder wurden, glaube ich eher weniger. Nachdem das Christentum Staatsreligion geworden war wurde es auch für Machtpolitik benutzt, und die war damals wie heute alles andere als friedlich.

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