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TV - Dokumentationen
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Autor:  Slania [ Donnerstag 23. Juli 2009, 10:57 ]
Betreff des Beitrags:  TV - Dokumentationen

Mich ärgert der Umstand, dass ich bei den als Doku verkauften Filme (die wirklich spannend sind) nie weiss, wie sehr die nun stimmen oder nicht,

Das Rome, Gladiator und die letzte Legion gute Unterhaltung sind und durchaus was fürs Auge ist mir klar, mich interessieren die Dokus mehr. Nur eben, wo liegenda Fakten und wo Fiktion?

Autor:  Tib. Gabinius [ Donnerstag 23. Juli 2009, 13:22 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Zur Serie Rome

Die Qualität von Dokus im eigentlichen Sinne schwankt extrem. Gerade der history channel bekleckert sich oft nicht mit Ruhm, aber auch die Produktionen der öffentlich rechtlichen sind mitunter faszinierend schlecht in ihren Inhalten (s. etwa der "Keltenkomet" der Reihe Terra X).

Autor:  Lucius Labienus [ Donnerstag 23. Juli 2009, 13:32 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Zur Serie Rome

also bei doku´s kann man schon von ausgehen, das die macher sich an die geschichtlichen fakten halten...nur wenn man eine geschichte erzählt, wie beispielsweise die machtergreifung julius cäsar´s oder das soziale engagement eines tiberius gracchus, weiß man auch(so glaube ich) das ein wenn auch nur kleiner teil dazu gereimt wird. da ein römischer geschichtsschreiber ja nicht von anfang an, an der wiege von cäsar gesäsen hat, und alle kleinen dedails aufgeschrieben hat. :D
aussserdem sind ja auch viele aufzeichnungen verschollen oder vernichtet worden, so das man die lücken irgendwie schließen muß...
anderseits bei manchen wird ja oft gesagt...darüber ist uns nichts bekannt...
ein film ist meistens nie realistisch, die sollen nur unterhalten...(wer möchte schon ins kino gehen und sich zwei stunden lang alte männer die sich im senat streiten anschauen) :P
aber eine doku ist meist, bis auf wenige ausnahmen sehr authentisch...

meiner meinung nach wird man nie zu 100% wissen wie die menschen früher gelebt haben...

Autor:  Tib. Gabinius [ Donnerstag 23. Juli 2009, 14:33 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Zur Serie Rome

Da wir im Thema zur Serie "Rome" darauf kamen halte ich es für angebracht, ein Thema zum grundsätzlichen Charakter der aktuellen TV Dokumentationen aufzumachen. Ich habe dazu zwei Beiträge hier hinein verschoben.

Autor:  Tib. Gabinius [ Donnerstag 23. Juli 2009, 15:08 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Zur Serie Rome

Lucius Labienus hat geschrieben:
also bei doku´s kann man schon von ausgehen, das die macher sich an die geschichtlichen fakten halten...

Da möchte ich widersprechen.
Die von mir vorher angesprochene Sendung aus der Reihe Terra X ist ein gutes Beispiel, dass dies eben nicht immer so ist. In der Folge "Der Chiemgau Komet" wimmelt es von erfundenen und zusammengewürfelten Aussagen.
Die Sendung beginnt indem sie ein Idyll, was sie später auch explizit so nennt, keltischer Lebensweise aufbaut, die dann durch den Einschlag eines Kometen vernichtet wird.
Fakt ist: soweit wir dies überblicken können ist die Lebenswelt der Kelten keineswegs eine Ideale. Auch dort gab es soziale Konflikte und alltägliche Probleme. Ein gezeichnetes Bild von immer lächelnden, im natürlichen Einklang lebenden blonden und rotblonden erfolgreichen Jägern, Bauern und Handwerkern paßt in die Romantik, nicht in die Vermittlung historischer Lebenswelten.
Und dann wird es richtig krude:
"Die Kelten, die dem Desaster in Chiemgau entrinnen können müssen sich aufmachen und eine neue Bleibe finden. (...) Der Beginn bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen den Sippen. Zum ersten Mal in der Geschichte kämpfen die Clans um Territorien. Nach und nach verändert sich ihr Image von friedlichen Bauern zu brutalen Erobern und Mördern. Erbarmunglos verfolgen sie ihre Gegner und bestrafen jeden mit dem Tod."
In der Folge macht die Sendung glauben, dass "die Kelten" im Zuge dieser Entwicklung dann nach Rom zogen.

Gegen Ende konstruiert die Sendung dann das Folgende: das Material der Kometen wurde von den Kelten zum Schmieden besonderer Schwerter genutzt, die dann an Römer verkauft wurden, die durch diese besonderen Waffen dann expansionistisch wurden.

Jetzt kann man sagen: Ausnahmen bestätigten die Regel.
Dann wenden wir uns der US Doku "Rom, Bauwerke der Caesaren" zu, die hierzulande im History Channel lief. Schon nach wenigen Minuten begegnen uns folgende Kommentare:
"Offsprecher: Caesar führt 8 römische Legionen, insgesamt 8 Legionen durch Gallien, eine römische Provinz, die das heutige Frankreich, Belgien und die SChweiz umfasst.
Mary T. Boatwright: Er wollte den Rhein überqueren und Germanien erobern. Das hatte bislang keiner gewagt. Er wollte es Alexander gleichtun und ins unbekannte vorstoßen.
Offsprecher: Der Rhein markierte den Rand der bekannten Welt. Jahrhundertelang hat er die germanischen Stämme vor der römischen Expansion geschützt. Bislang ist kein Heer mächtig genug gewesen, die Überquerung zu wagen. Aber Caesar ist nicht wie seine Vorgänger.
Peter Weller: Er hätte in Booten übersetzen können, aber das wäre nicht sein Stil gewesen."

Ich habe die jeweiligen Sprecher dieses fließenden Kommtares angegeben, da es sie gezeigt und genannt werden, jeweils mit ihrer Stellung an US Universitäten.
In diesen wenigen Sätzen stecken so viele Fehler und so viel Unterstellung das es weh tut.
Von diesem Niveau gibt es noch reichlich weiteres.
Natürlich gibt es auch gute Dokus. Die BBC Doku über den Untergang von Pompeji bspw. kann nicht mit einem hohen Grad an materieller Authentizität glänzen, besonders nicht was die Kleidung angeht, schildert aber die Abläufe aus einer gut ausblancierten Mischung der historischen Beschreibung des Plinius, den archäologischen Befunden und der vulkanologischen Forschung.

Zitat:
nur wenn man eine geschichte erzählt, wie beispielsweise die machtergreifung julius cäsar´s oder das soziale engagement eines tiberius gracchus, weiß man auch(so glaube ich) das ein wenn auch nur kleiner teil dazu gereimt wird.

Da ist in meinen Augen ein Unterschied zwischen fiktionaler Geschichte, einem "inspirierten" Film wie "Troja" und Historienverfilmung, Historienverfilmung mit formuliertem Anspruch wie bei "King Arthur" oder "Rome" und Dokumentationen.
Dokumentationen sollen wiedergeben was wir wissen. Da ist kein Platz für dramaturgisches "Lücken füllen". Wenn wir etwas nicht wissen oder nicht sicher wissen, können wir nicht einfach irgendwas reinklatschen, und wenn wir es tun muß es erkennbar sein.

Zitat:
da ein römischer geschichtsschreiber ja nicht von anfang an, an der wiege von cäsar gesäsen hat, und alle kleinen dedails aufgeschrieben hat. :D
aussserdem sind ja auch viele aufzeichnungen verschollen oder vernichtet worden, so das man die lücken irgendwie schließen muß...

Muß man? In meinen Augen ist es für eine Doku kein Problem zu sagen: wo sich XY in dieser Zeit aufhielt wissen wir nicht / was weiter geschah liegt im dunkel der Geschichte verborgen usw. In guten Dokumentationen wird dies auch getan.
Was die Arbeit an den Quellen angeht, so ist die quellenkritische Auswertung die Aufgabe der Historiker, nicht die der Drehbuchautoren, die z.T. keine Ahnung vom dafür notwendigen Handwerkszeug haben. Auch wenn es so scheint, eine Quelle richtig zu lesen ist meist viel komplizierter als die schlichte Wiedergabe.

Zitat:
meiner meinung nach wird man nie zu 100% wissen wie die menschen früher gelebt haben...

Dem Stimme ich 100% zu.

Autor:  Lucius Labienus [ Freitag 24. Juli 2009, 04:58 ]
Betreff des Beitrags:  Re: TV - Dokumentationen

hmm...von der seite habe ich das noch nie gesehen...
danke für diesen lichtblick :)
war immer der meinung das da viel wahrheit drinnen steckt.

ich habe z.b die doku reihe "die germanen - meilensteine der geschichte europas"
1.teil barbaren gegen rom
2.teil die varusschlacht
3.teil entscheidung am limes

wie genau wurde denn da für rechachiert/nachgeforscht? stimmen denn da die fakten und so? kann ich da auch nicht alles glauben was da erzählt wird?

da hast du mich nun echt neugierig gemacht...

Autor:  Tib. Gabinius [ Freitag 24. Juli 2009, 20:13 ]
Betreff des Beitrags:  Re: TV - Dokumentationen

Konkret zu werden fällt mir hier schwer, da ich zum einen keine große Ahnung von der germanische Archäologie habe, zum anderen die Serie vor einiger Zeit zuletzt gesehen habe.

Wenn ich mich richtig erinnere wurde recht viel zitiert und auch darauf hingewiesen, dass bereits die antiken Quellen ein Stereotyp des Germanen erschaffen. Auch der Wert der Quellenkritik wird klar gemacht (ich glaube Carnap-Bornheim oder Clauss besprechen kurz die Probleme mit der Germania des Tacitus).
Rein aus dem Gedächtnis kann ich also nur sagen, mitunter vielleicht etwas wörtlich genommene Quellen, und auch mal Detailfehler (die Interpretation in Wort und Bild, dass die Eberkopfformation zu viel Freiraum und darin stattfindenden Zweikämpfen führte kann ich nicht verstehen) aber nichts dramatisches.
Was mich an der Serie gestört hat war die dramaturgische Perspektive. Da wird viel von der Sozialität und Emotionalität vorgeführt, von dem wir einfach keine Kunde haben.
Ich schau mal, ob ich die Serie irgendwo finde, dann kann ich ggf. ein wenig konkreter werden.

Autor:  Lucius Labienus [ Samstag 25. Juli 2009, 23:07 ]
Betreff des Beitrags:  Re: TV - Dokumentationen

es geht mir hier nicht so sehr um das leben der germanen im einzelnen, sonder eher mehr um das zusammenleben von römern und germanen.
haben die wirklich so friedlich miteinander gelebt, gehandelt wie es dort dagestellt wird?

und das mit der eberkopftaktik hat mich auch ein bischen verwirrt.
die war doch bestimmt nicht so efektiv gegen die schlachtaufstellung der römischenlegionen...gab es diese taktik wirklich?

Autor:  Tib. Gabinius [ Sonntag 26. Juli 2009, 00:14 ]
Betreff des Beitrags:  Re: TV - Dokumentationen

Zum Teil haben sie das. Der Austausch der beiden Kulturen scheint zumindest so rege, dass bspw. die Anzahl im römischen Heer dienender Germanen im laufe der Zeit stark Anwuchs.
Es gibt dazu eine ganze Reihe guter Bücher, die ich empfehlen kann und möchte. Dazu gehört die Aufsatzsammlung im Begleitband zur Ausstellung Rom & die Barbaren. Auch "Feindliche Nachbarn, Rom und die Germanen" vom Helmuth Schneider (Hrsg.) gehört dazu. Etwas älter als die beiden erstgenannten, dafür preiswert zu bekommen, "Kelten, Römer und Germanen" von Caroll.
Wenns klein, preiswert und übersichtlich, trotzdem fundiert sein soll ist das Büchlein: Die Römer in Germanien von Wolters ein sehr guter Einstiegspunkt.

Die sog. Eberkopftaktik gab es nach den Beschreibungen der Antike wirklich, wie effizient sie war, darüber streiten sich die Geister. Fakt ist, dass die betreffende Schlacht so bei Caesar geschildert wird. Wie bedrohlich die Lage wirklich war, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Es könnte sich im Geiste der Dramaturgie Caesars auch um eine Übertreibung handeln. Falls nicht, hätte die Masse der eindringenden Germanen aber eher für Platzmangel gesorgt, als für Platzüberfluß.

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