Registriert: Samstag 10. September 2005, 11:57 Beiträge: 751
Salve
- eine Frage an die Archäologen unter uns:
Wenn Ihr einen antiken Metallgegestand ausgrabt/findet dann ist er üblicherweise mit einer mehr oder weniger dicken Korrosionsschicht bedeckt, die bei der Konservierung/Restaurierung zum größten Teil entfernt wird. Wieviel von der orginalen Materialstärke bleibt eigendlich bei einem solchen Vorgang erhalten? Gibt es Methoden um auf die orginale Materialstärke zurück zuschließen?
Um etwas konkreter zu werden habe ich folgendes Problem:
Bei Helmen, sowohl antiken wie mittelalterlichen, bei denn die Kalotte kaputt ist kann man oft beobachten das das Metall im Scheitelbereich sehr dünn ist (wenige 1/10 mm) - Die Schutzwirkung ist in diesem Bereich entsprechend gering. Ist dieser Befund durch Korrosionsverluste bedingt oder auch schon im Orginalzustand zu finden gewesen ?
Wie sind die Helme denn restauriert worden?
Klingt nicht sehr professionell oder schon länger her, z.B. 60er Jahre.
Hab gerade eine Metallpfeife restaurieren lassen, aus Blei, die Patina wird dabei auchdünn und sehr genau abgetragen.
Ansonsten kann man vorher röntgen, um die Dicke und Tiefe festzustellen.
Ich empfehle da mal:
Peter C. Bol
"Antike Bronzetechnik", erschienen im CH Beck Verlag.
_________________ Ein Genie lernt alles, von jedem. Der Intelligente lernt vom Genie und aus seinen Erfahrungen. Der Dumme lernt nichts...., er weiß alles besser.
Registriert: Samstag 10. September 2005, 11:57 Beiträge: 751
Salve Susanna,
genau dieses Buch hat mich auf die Idee gebracht mir mal die Kalotten genauer anzusehen. Herr Bol behaupted, das die Griechischen Helme z.T. Papier-dünn ausgetrieben sind - meine eigene Erfahrung mit solch dünnem Blech sagt mir aber, das da kaum noch Schutzwirkung übrig bleibt, auch wenn das Blech durch Knicke und ähnliche Formgebung verstärkt ist. Papier-dünnes Blech bietet zB. keinen sicheren Schutz gegen Pfeile.
Die Helme die ich mir genauer angesehn habe (Köln RGM, Darmstadt LM, Marburg Schlossmuseeum, etc.) sind natürlich alle vor etwas längerer Zeit restauriert worden. Aber auch bei modernen Restaurierungen wird ja die Korrosionsschicht abgetragen bis die Metallschichten mit den Bearbeitungsspuren sichtbar werden.
Bleibt die Frage, hatten antike Helme wirklich so dünne Kalotten ?
Registriert: Mittwoch 26. Oktober 2005, 22:28 Beiträge: 149 Wohnort: Bonn
Ja, hatten sie. Hab mich grad nochmal bei nem Kollegen versichert und er hat meine Vermutung diesbezüglich schnell bestätigt.
Die Kalotte eines normalen Helmes hatte eine durchschnittliche Dicke von ca. 0,8 mm. Im Grunde muss man bei allen Ausrüstungsgegenständen immer die Aufrechnung Gewicht/Stabilität und Schutzfunktion im Kopf behalten.
Die Teile mussten relativ leicht sein, aber dennoch einen guten Schutz gewährleisten.
Dadurch läßt sich auch recht gut die Entwicklung der Kreuzbügel auf den Helmen verdeutlichen, die ja erst im Zuge des Beginnenden 2. Jh. n.Chr. aufkommen (Dakerkriege). Die Gefahr wurde immer größer, dass die Römer mit der Falx einen von oben auf den Kopf kriegen und die kritische Stelle war dann eben am Helm die dünnste Stelle. Aber auch die sich häufenden Angriffe berittener Einheiten nötigten die Römer endlich diesbezüglich eine "Ausbesserung" des Helms vorzunehmen.
Bei den modernen Restaurierungsarbeiten geht kaum etwas am usprünglichen Material verloren. Ich hab mich vor ner Weile mal mit einem Restaurator unterhalten und der hat mir versichert, dass heutzutage nichts mehr weggeschabt wird, was antik ist.
Hoffe gehelft zu haben
Marion
Zuletzt geändert von Marion am Dienstag 17. Januar 2006, 14:17, insgesamt 1-mal geändert.
Es stellt sich natürlich auch die Frage, welcher Schutzeffekt wirklich erzielt werden sollte. Bei einem Kettenhemd zum Beispiel ist bei wirklich wuchtigen Hieben auch nichts wert, sondern ist wohl eher als eine Art Schnittschutz zu bezeichnen.
Insofern schützt ein Helm mit den von euch erwähntenMaterialstärken logischerweise nicht gegen wuchtige Hiebe oder Pfeile. Er reicht jedoch aus, um bei schwachen Treffern (am Schild oder an der Waffe abgeglittenen Hieben oder Stößen) die Wirkung abzufangen.
Diese Erklärung habe ich mir unter anderem aus den Schaukampferfahrungen gebildet, da mir auffiel, dass diese "Streifschüsse" bei zwei mehr oder weniger gleich guten Kämpfern deutlich häufiger sind als direkte Treffer.
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Registriert: Samstag 10. September 2005, 11:57 Beiträge: 751
Das ist sehr interessant, da diese bescheidene Schutzwirkung der frühen Jahre ja immer mehr verbessert wurde hat sich offensichtlich die Kampftechnik sehr veränadert, bzw. die Legionäre waren Ihren Gegener nicht mehr ebenbürtig (- Nun ja nicht umbedingt eine neue Erkenntniss)
Registriert: Freitag 2. Dezember 2005, 16:38 Beiträge: 139 Wohnort: Köln
Desweiteren kann man noch anfügen, dass Reiterhelme zumeist dünner sind als Infanteriehelme (laut der Aussage meines Dozenten).
Denn Reiter kriegen seltener was aufn Kopp, is logisch, und wenn sie runterfalln haben sie andere Probleme. Deshalb können die Helme auch eher "schick" als praktisch sein.
Klingt für mich nicht ganz logisch, da Kavallerie immer auch gegen generische Kavallerie gegangen ist und da auch ein gewisser Schutz es Kopfes vorhanden sein muss, aber naja... Wenn der Prof was sagt, wirds schon stimmen...*feix*
Bei einem Kopfsturz wäre ja auch die Innenpolsterung mit ausschlaggebend (Filz o.ä.). Dafür muss das Blech ja nicht zwingend dick sein.
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Registriert: Montag 5. September 2005, 18:47 Beiträge: 3128 Wohnort: Swisttal
Dann darf ich auch mal wieder den lieben Junkelmann rausholen der normalerweise als Intercisa Typ IV oder auch Berkasovo I tituliert wird.
Junkelmann beschreibt diesen als 3 mm dickes Eisenblech mit einer 2 mm starken Schicht vergoldeten Silbers.
Da dieser Helm im allgemeinen als der eines Offiziers (der Reiterei) gedeutet wird widerspricht das der Aussage deines Professors Babs jedenfalls für die Jahre um 314 n. Chr.
Ein anderer Helm wird von ihm als Segmentenhelm aus Ägypten tituliert und bringt es auf Stolze 4 kg Gewicht!
Auch beschreibt er den Montefortinohelm (wir springen nun zurück in der Zeit) brachte es nach seiner Beschreibung auf 1,5 mm dicke.
Thomas Fischer hingegen berichtet über Blechstärken aus Künzing von 0,25 bis 1,1 mm.
Der Straubinger Helm ist 2 mm dick.
_________________ Wer war froher als Neanth, da er sich Meister von diesem wundervollen Instrumente sah, wodurch er, ohne das mindeste von der Musik zu verstehen, der Erbe des Talents eines Orpheus zu sein glaubte! - Lukian
Registriert: Samstag 10. September 2005, 11:57 Beiträge: 751
Salve Tiberius,
Dein Angaben sind natürlich richtig, das Problem bei diesen Angaben ist aber immer das nicht klar ist wo diese Stärken gemessen wurden - bei einer unbeschädigten Kalotte ist es meist sehr schwer am Scheitel zu messen und bei beschädigten Helmen hat man dort immer das Problem was am verbleibenden Material noch die orginal Stärke aufweist.
Die Helme der spätantike kann übrigens nicht zum vergleich heranziehen, da sie völlig anders konstruiert sind - eben um auf einfache Weise eine maximale Materialstärke zu erreichen.
Registriert: Montag 5. September 2005, 18:47 Beiträge: 3128 Wohnort: Swisttal
Da hast du natürlich absolut recht und ich kann nur zustimmen.
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bezgl. Materialstärke des Helms, halte ich eine Dicke vopn 0,8 mm unwarscheinlich. Eine ausreichende Schutzwirkung ist erst bei einer Blechdicke von min 1,5 mm gegeben, wgen der Streckgrenze und Zugfestigkeit des Mrtalls ( Blech St 15 - 150 N/qmm. Rost nimmt in der regel Material weg, so kann es möglich sein, dass gefundene Helme eine geringe Blechdicke aufweisen.
Valete QNC
_________________ Die Mittelmäßigen sind auf Dauer die erfolgreicheren!
Interessant wäre ein Vergleich mit der Materialstärke einer Segmentata.
Es stellte sich dann die Frage, welchen Sinn macht es einen Torso dick zu panzern während der Kopf nur mit dickerer Blechfolie eingwickelt wird......
oder waren Segmentaten auch nur 0,8 mm dick?
Da ich widermal als Unwissender nur vermuten kann, stellt sich mir auch die Frage, wie alltagstauglich ist so ein dünner Helm? Im Versehen mal draufgesetzt.....kapott. Fallen lassen....Delle drin. Naja.
Die Argumentation, dass die Hiebe nur "Streifschüsse" waren, oder nur vor solchen schützen sollten, finde ich müßig. DIe Haupttreffer, die ich als Kämpfer erwarte, sind mit Wucht geführte Hiebe oder fiese Stiche in Richtung des Kopfes. Weder noch könnte ein solcher Helm abhalten. Schildabpraller als Hauptbedrohung des Kopfes........ich weiß nicht.
Da greift dann wirklich die Gewicht/Nutzen Rechnung. Dann würd ich die Schüssel doch lieber ganz weglassen.
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Registriert: Mittwoch 25. April 2007, 15:42 Beiträge: 219 Wohnort: Nord-West-Schweiz
Vieleicht noch als Ergänzung der Schutzwirkung: Das wichtigste Schutzteil ist ja schliesslich das Schild und nicht der Panzer oder Helm. Ein direkter Pfeilbeschuss oder Pilenbeschuss auf die segmentata oder den Helm wird das Eisenblech durchschlagen (sofern natürlich der Aufschlagwinkel stimmt..). Meine "Lebensversicherung" ist daher das Schild. Alles andere sind Schutzmassnahmen gegen Schnitte und in gerigem Teil auch Schlagschutz (zumindest bei der Segmantata).
Im Weiteren ist auch noch das Produzieren des Helmes zu beachten. Die Kalotte wird ja aus einem Stück Eisenblech herausgetrieben. Daher ist die Materialstärke bei der Kalotte immer etwas dünner als an den Randbereichen.
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