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Lederzelte
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Autor:  Miles [ Donnerstag 1. Mai 2008, 22:56 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Noch eine kleine Anmerkung zu den Lederfunden in Vindonissa:
Diese Funde sind schon älteren Datums (in den 40er Jahren) und wurden dazumal einfach pauschal als Lederzeltfragmente gedeutet. Diese Funde wurden bis heute kaum weiter untersucht.

Im Jahresbericht 2005 wurden drei Fragmente genauer untersucht. Interessant ist, dass keines zu einem Lederzelt gehörte sondern:

- Kopfstück einer Pferdedecke
- Sitzfläche eines Klappstuhls
- Schreibtafeletui

Dies wirft natürlich ein ganz interessantes Bild auf die ganze Thematik, oder etwa nicht...??

Autor:  Tib. Gabinius [ Donnerstag 1. Mai 2008, 23:08 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Allerdings, danke für die Info :)

Autor:  L-I-LENTULUS [ Samstag 3. Mai 2008, 09:22 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Ohh ja sehr interessante Befunde.

Autor:  Susanna [ Mittwoch 1. Juli 2009, 09:13 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Nachdem ich jetzt mal wieder mit Lederzelten in Berührung kam, sann es mir noch einige Gedanken: Imprägnierung in der Antike (reichte Gerben?), Insekten (passiert bei Leinen eben gerade nicht) nisten sich ein, Schimmelsorten...

Dann habe ich nochmal den Threat hier gelesen und auch Miles Beitrag mit der Neuuntersuchung Revieu passieren lassen...gibt es die auch für Großbritannien und die dortigen Funde?
Ich finde nämlich nur eine direkt Einteilung...

Ach ja und Jurten, die hier angesprochen wurden, belassen häufig die Haare auf den Fellen. Mir wurde gesagt, zur Abweisung des Wassers und zur besseren Isolation (was ziemlich logisch ist!).

Hier nochmal ein Bild:
http://www.scran.ac.uk/packs/exhibition ... /Camps.htm

Autor:  Lucius [ Mittwoch 1. Juli 2009, 09:22 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

SALVETE,

bei der Frage ob Leinen oder Leder möchte ich eines noch zu denken geben:
Das Leben muß auch in der ANtike nicht S/W gewesen sein, ich sage in solchen Fällen immer gerne "Evil. liegt die wahrheit irgendwo dazwichen!". Es macht sicherlich Sinn über die Vor- und Nachteile von Leinen und Leder zu diskutieren, aber ich denke man sollte dann die Antwort nicht auf ein einfaches Leinen oder Leder, Ja oder Nein, 0 oder 1 beschränken. Ich glaube immernoch, dass beides Anwendung gefunden hat, jenachdem was im Moment besser bzw. einfacher verfügbar war. Ich denker anders entscheiden wir heute auch nicht.

VALE
LVCIVS

Autor:  Falcon [ Mittwoch 1. Juli 2009, 11:02 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

http://picasaweb.google.de/GentesDanubi ... 3965241362
eigentlich wollte ich hier das Bild direkt reinladen, hat aber nicht gefunzt ... :?

Autor:  Lucius [ Mittwoch 1. Juli 2009, 11:12 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

SALVE,

ohne es in Frage stellen zu wollen, währe jetzt mal interessant wie zuverlässig und sicher dieser Rekonstruktionsversuch ist. Wie sicher ist das? Nicht das man damit hausieren geht und dann Jemand kommt und sagt: "Ja aber....!"

VALE
LVCIVS

Autor:  Susanna [ Mittwoch 1. Juli 2009, 11:20 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Super Falcon, die habe ich u.a. gesucht...habe ich im Original gesehen und war nicht wirklich überzeugt...Mist, wo gibt´s den Fundbericht!?

Damals wurde nämlich gesagt, dass man von einer zweiten Schicht aus Leinen oberhalb des Leders ausgeht. Meine mitbekommen zu haben, dass da Analysen laufen...aber vielleicht verwechsel ich da was...

Du hast nicht zufällig auch noch Bilder von den Befunden von Hadrians und Antonine Walls, oder? ^^ :D :eyes:

Autor:  Jupp [ Mittwoch 1. Juli 2009, 12:05 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Also jetzt mal ehrlich, ob Leinen oder Leder, die Frage habe ich mir auch schon gestellt.
Und wenn man, im günstigstem Fall davon ausgeht, das die Legionen in der Kaiserzeit mit Lederzelten ausgerüstet wurden, dann frage ich mich, wo die ganzen Ziegen herkommen.
Veranschlage ich für ein Zelt ca. 20-30 Häute, und addiere dazu die Häute, die notwendig sind um weitere Ausrüstung und Packschaften zu produzieren, dann kommt man locker auf 8-10 Ziegenhäute pro Mann.
Sind wir mal großzügig und halten etwas Materialpuffer für die Reitereien, die ja wesentlich mehr Leder benötigen, so multipliziere ich den Faktor 10 (Häute/Person) mit der Stärke "einer" Legion, dann dürfte sich so mancher Landstrich im Imperium einzig von Ziegenfleisch ernährt haben.
Und, das arme Maultier! Muß es nicht eh schon recht viel schweres Geraffel schleppen? Dann noch ein Zelt, das unnötig schwer und pflegeintensiv ist?

Ich glaube durchaus, das es Lederzelte gab. Das kann niemand bestreiten. Doch Leinen wäre um ein vielfaches günstiger, leichter und praktikabler.
Die Frage ist nur, hatten das auch die oberen Militärs begriffen ...?

Autor:  Tib. Gabinius [ Mittwoch 1. Juli 2009, 12:54 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Damals übersehen:
cepasaccus hat geschrieben:
Wenn ich mir das Diokletianische Preisedikt anschaue ist Leder verhaeltnismaessig billig. Die popeligsten Leinensachen, z.B.:
raues Leinengewand einfacherer Art für Gesinde, in Hausarbeit, dritte Qualität: 500 d
sind nicht billiger als groessere Lederteile, z.B.:
militaerischer Reitsattel: 500 d
gerupftes Schafsfell, erste Qualität: 100 d
(Quelle: http://www.imperiumromanum.com)
IMO spricht preislich nichts gegen Leder.

Preise sind allerdings auch immer eine Frage von Angebot und Nachfrage. Anders als Lederprodukte, die vom Schlachten über den Gerber zu den verarbeitenden Berufsgruppen oder dem Endverbraucher kam, ist es auf den römischen Gütern und scheinbar auch den besitzenden Haushalten durchaus nicht unüblich, selbst die Wolle zu verarbeiten. Dazu stehen neben Catos Schriften etwa vier Weber und acht "Spinner" unter den Sklaven der Statilii Tauri in deren columbarium. Das heißt, besitzende Familien hatten oftmals die Möglichkeit, sich selbst zu versorgen. Solcherlei senkt die Nachfrage.
Nicht zuletzt darum trennt auch das Preisedikt zwischen Kleidung und Kleidung für "Normale und Sklaven".
Dazu kommt die Regionsangabe. Anscheinend gibt es Woll- und Verarbeitungszentren, die höher dotiert sind als andere, und daher z.T. die Preise im Edikt hoch wirken lassen. Dabei ist es eine Reglementierung, um Exzesse zu verhindern.
Generell ist die Nachfrage zusätzlich gesenkt durch den Verbrauchswert.

Lucius hat geschrieben:
man sollte dann die Antwort nicht auf ein einfaches Leinen oder Leder, Ja oder Nein, 0 oder 1 beschränken. Ich glaube immernoch, dass beides Anwendung gefunden hat, jenachdem was im Moment besser bzw. einfacher verfügbar war. Ich denker anders entscheiden wir heute auch nicht.

Sehr vernünftige Argumente. Ich sehe das auch so.
Es gibt die Funde, wie gesagt. Wer ihn nicht kennt sollte sich wirklich ein mal den Artikel "New lights on old tents" besorgen. Aber anhand der Funde, wie auch der Rekonstruktion (Danke Falcon fürs Posten :) ) kann nicht klar ausgesagt werden, ob die Zelte "nur" aus Leder bestanden und falls ja, in welcher Funktion und Häufigkeit diese Zelte existierten.
Wie es derzeit viel getan wird, sich hinstellen und nur "es gibt nur Lederzelte" zu propagieren ist daher entschieden zu starr. Die bildlichen Überlieferungen lassen beides als Schluß zu, die Schriftquellen schweigen sich aus, ökonomische Überlegungen lassen Skepsis gegenüber einer kompletten Ausstattung mit Lederzelten zu.

Manche Rekonstruktion erscheint mir zudem sehr phantasievoll, was natürlich die oft missachteten Textilien nicht hergeben. Auf dem Bild aus Schottland sticht mir bspw. die Anordnung der Fragmente links auf.

Jupp, die genauen Berechnungen haben wir etwas weiter vorne hier im Thema. Grob zusammengefasst: eine Legion Bedarf für die Zelte dann zwischen 40 und deutlich über 60 000 brauchbare (!) Ziegen. Löcher usw. im Leder lassen die Zahl dann effektiv natürlich noch größer werden.

Autor:  Abenader [ Mittwoch 1. Juli 2009, 14:05 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Salvete

Bezüglich der erwähnten ca. 60000 Ziegen möchte ich eine Anmerkung machen:
Biologisch gesehen vermehren sich Ziegen wenn sie gezüchtet werden deutlich schneller als Menschen, die man für ein Legion braucht (Ziege glaube ich ist in 2-3 Jahren ausgewachsen) Das Ausheben einer Legion und das Züchten von Ziegen müsste demnach ein paralleler bzw. ein leicht zeitversetzter Vorgang sein (Anfang/Anfang) Beziehung. D.h. wie lange dauert es eine Legion voll ausgerüstet auszuheben, mit allen Ausrüstungen und wie viel Material steht zu Anfang zur Verfügung.
Nebenbei bemerkt: Ist ein Zelt erst einmal hergestellt hat es sicherlich bei guter Pflege Jahrzehnte überdauert.
Die Frage ist, wie schätze ich die logistischen Fähigkeiten der Römer ein und welchen Vor/Nachteil haben Zelte aus Ziegenhaut gegenüber denen mit Leinen?

Valte

QNC

Autor:  Falcon [ Mittwoch 1. Juli 2009, 16:00 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Leder/Stoff:

wir drehen uns hier etwas im Kreis :P

solange wir nicht die Leistungsfähigkeit der römischen Manufakturen/vorindustriellen Betriebe kennen ist es sehr spekulativ über die Produktions- & Verbrauchsmengen von Leder und/oder Stoff zu spekulieren ... :roll:

Anhand der Trajansäule wurde ja in die Zeltgeschichte (in Verbindung mit den Funden) das Leder hineininterpretiert. Mir persönlich ist kein antiker Author bekannt der dies verifiziert.
Die "kleinen Flächenstücke" könnten genausogut Stoffteile sein. Es wäre (zumindest aus meiner Sicht) einfacher kleine Textilstücke zu weben und diese zusammenzunähen.

Mir persönlich ist es immer schon ein Rätsel gewesen wie in die Lederfunde haargenau Zeltelemente (und nicht z.B. eine Abdeckplane für ein Geschütz)hineininterpretiert werden können.

Dies ist jetzt keine Spitze gegen den Gebrauch von Lederzelten; ich bin noch immer der Ansicht, dass in der Antike Leder ein im Verhältnis billigerer Rohstoff war als Stoff ...

Autor:  Tib. Gabinius [ Mittwoch 1. Juli 2009, 16:26 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Da hast du recht, und es wird sich wohl auch so schnell nicht ändern, bis vielleicht einmal das Gegenteil bewiesen wird oder eine Textstelle auftaucht, die alle Zweifel ausräumt (einer der fehlenden Teile des Pseudo Hygin z.B. :D).

Die Trajanssäule wie auch die Marc Aurelsäule lassen nur wegen der "Flicken" auf Leder schließen, wobei es in meinen Augen keinen Sinn macht, diese nicht auch aus Stoff annehmen zu können. Der Faltenwurf wurde bislang meist nicht beachtet.
Beides aber, Flicken wie Falten, muß quellenkritisch betrachtet werden, beides könnte genauso gut auch einfach vom Handwerker stammen, der sich dies eben so vorstellte oder den Betrachtern am besten begreiflich machen konnte.

Autor:  Claudius Germanicus [ Donnerstag 20. Januar 2011, 10:47 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Lederzelte

Hallo an alle,

mal eine Frage, die zu dem Thema Zelt passt: Hat vielleicht jemand dei genauen Masse der Zeltheringe? Das wäre Super, da wir nämlich ein Zelt nachbauen möchten und unser Schmied uns die anfertigen soll :-)

Vale Optime
Claudius Flavius Germanicus
LEG XI CPF, COH II

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