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Lederzelte
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Autor:  Tib. Gabinius [ Dienstag 23. Januar 2007, 16:48 ]
Betreff des Beitrags:  Lederzelte

Beim durchgehen einiger Unterlagen stieß ich auf einen Artikel der Ermine Street Guard, in der sie unter anderem kurz auf die Thematik der Lederzelte eingehen.

Daraus einige Informationen:
Das Zelt besteht aus 70 Ziegenhäuten, welche in 900 Arbeitsstunden zusammen genäht wurden (nach der vorgefundenen Stichtechnik).
Das Zelt wog ca. 44 kg, nach einem Regen kamen weitere 8 kg dazu.

Weder Licht noch Luft kommen dabei gut hinein, für die Ermines ein Argument für die Öffnung an Vorder- und Hinterseite.

Soweit die Abhandlung der britischen Gruppe dazu.
Nicht angesprochen wurden das Pflegebedürfnis und die Lagerungsqualitäten der Zelte.

Rechnen wir den Bedarf mal hoch auf eine frisch aufgestellte Legion:
10 Zelte in einer centuria würden bei 70 Ziegen pro Zelt bereits 700 Ziegen das Leben kosten, ohne Centurionenzelt und mögliche Unterkünfte für die Calones.
Eine Kohorte benötigt damit mindestens 4200 Ziegen, eine Legion ohne Troß, Stab, immunes und Offiziere, auch von der "doppelten Sollstärke" der 1. Kohorte abgesehen, mindestens 42 000.

Autor:  Susanna [ Dienstag 23. Januar 2007, 17:30 ]
Betreff des Beitrags: 

*mäh* :D zu 42.000 Ziegen

und

*näh* zu 900 Arbeitstunden...

es sind nur die Verstärkungen an den Zeltstangen gefunden worde, die waren aus Leder. Daraus lässt sich kein Rückschluss auf das restliche Zelt schließen.

Und wer trägt das? Der Zeltmuli?

Autor:  Marcus Mentellius Sermonius [ Montag 29. Januar 2007, 00:47 ]
Betreff des Beitrags: 

Angesichts dieser Zahlen stellt sich die Frage, warum glaubt man überhaupt das
die Zelte komplett aus Leder waren - das hat sich doch keiner einfach zum Spass
ausgedacht ?!

Autor:  caiustarquitius [ Montag 29. Januar 2007, 01:41 ]
Betreff des Beitrags: 

Auf der Trajanssäule sind Zelte abgebildet, die so interpretiert werden, daß sie aus zu Rechtecken zusammengenähten Lederstücken konstruiert wären.

Autor:  Tib. Gabinius [ Montag 29. Januar 2007, 02:11 ]
Betreff des Beitrags: 

Während andere Zelte, u.a. auch auf der Marc Aurelsäule einen wunderbaren Faltenwurf präsentieren (und einen fast orientalischen Schnitt), der bei Leder höchst unwahrscheinlich ist.

Es gibt eine gute Anzahl Funde von ledernen Reststücken, aus denen die Rekonstruktionen entstanden sind.
Publiziert z.B. in "Beiträge zur römischen Archäologie des Rheinlandes 4, Funde vom Bonner Berg". Auch und gerade Carol van Driel-Murray hat sich damit sehr intensiv beschäftigt damit beschäftigt und einiges dazu publiziert. z.B. im Journal of Roman Military Equipment Studies, New lights on old tents.

Autor:  Susanna [ Montag 29. Januar 2007, 09:40 ]
Betreff des Beitrags: 

Sind die denn definitiv Stoffbahnen...ich kann nämlich nur Lederverstärkungen z.B. an den Zeltstangen, an den Enden (Öffnung, Heringsfuß etc.)... :roll: ?

Autor:  caiustarquitius [ Montag 29. Januar 2007, 12:39 ]
Betreff des Beitrags: 

Zitat:
Während andere Zelte, u.a. auch auf der Marc Aurelsäule einen wunderbaren Faltenwurf präsentieren (und einen fast orientalischen Schnitt), der bei Leder höchst unwahrscheinlich ist.

Genau richtig. Ich finde Lederzelte eh furchtbar. Drin stinkts und sie sind irrsinnig schwer und pflegebedürftig...

Autor:  Marcus Mentellius Sermonius [ Montag 29. Januar 2007, 21:23 ]
Betreff des Beitrags: 

Hat es in irgend einer anderen Kultur jemals Lederzelte gegeben ?

bzgl. den Abbildungen auf der Trajanssäule: Die Rechecke könnten auch durch
Verstärkungsnähte, oder untergespannte Seile gegen das Durchhängen von langen
Zeltbahnen enststehen.

Autor:  Primus Manius Verus [ Montag 29. Januar 2007, 23:46 ]
Betreff des Beitrags: 

Flavius Josephus berichtet von "Leichten Zelten" in dem Jüdischen Krieg, vielleicht gab es tatsächlich Unterschiede in den Regionen?

Autor:  Tertius Mummius [ Montag 29. Januar 2007, 23:49 ]
Betreff des Beitrags: 

Die Darstellung von Schiffssegeln betont ebenfalls die Nähte. Und die waren nicht aus Leder. Aber sehr viele Argumente sprechen für die Lederzelte, neben den Funden auch Argumente wie Wintertauglichkeit, Robustheit, Recyclingfähigkeit und nicht zuletzt der Preis; Leinen muss aufwändig behandelt werden und ist dann immer noch nicht halb so strapazierfähig wie *mäh*.

Autor:  Susanna [ Dienstag 30. Januar 2007, 10:27 ]
Betreff des Beitrags: 

Sorry, aber das bezweifel ich.

Zum einen kommts bei Leinen auf die Webart an, dann kannst du auch Bahnen aufeinander verweben.
Imprägnieren wäre auch in der Antike einfach und billig gewesen. Nämlich ausräuchern, falls man das überhaupt musste...
Leinen kann man schneller ausbessern.
und...
Leinen beherbergt keine Läuse, Flöhe o.ä., es schimmelt auch weniger schnell.
Leinen kann man auch leicht (1 Bahn) und schwer (2 Bahnen übereinander) herstellen. Bei 2 Bahnen Leder kanns keiner mehr tragen. :D

Achtung: sind die Funde wirklich von laufenden Bahnen?
Ich kenne, wie oben bereits gesagt, nur Funde von Verstärkungen und Randfunde.

Autor:  Tertius Mummius [ Dienstag 30. Januar 2007, 10:53 ]
Betreff des Beitrags: 

Nun, ich habe von Webtechniken wenig bis keine Ahnung, deshalb lasse ich mich gerne überzeugen (vor allem, wenn dabei weniger Bastelarbeit rumkommt :wink: ).
Meine Überlegung war nur:

- war Leinen in entsprechender Qualität überall verfügbar? Als landwirtschaftliches Produkt erfordert es m. E. einen ziemlcih aufwändigen Produktionshintergrund, der "außerhalb" der Legion stattfinden musste. Ziegen wachsen überall.

- Die meisten Ausrüstungsgegenstände der Legion wurden selbst hergestellt (mit Ausnahme von Luxusgütern), viele Gegenstände wie z. B. Schildschutzhüllen ebenfalls aus Leder â€" die hätten doch auch sehr viel leichter (in doppeltem Sinn) aus Leinen hergestellt werden können.

Aber - wie schon gesagt - das sind nur Überlegungen. Nur weil von unserer Kultur in 2000 Jahren vielleicht nur Plastikbesteck übrig bleiben wird, heisst das ja auch nicht, dass wir ausschließlich damit gegessen haben.

Autor:  Susanna [ Dienstag 30. Januar 2007, 11:04 ]
Betreff des Beitrags: 

Zudem muss man sagen, dass Wolle und Fell vergeht im Niedermoor und bleibt im Hochmoor erhalten, bei pflanzlichen Materialien ist es umgekehrt. Deshalb könnte sich da nichts gemeinsam erhalten haben!? :wink:

Autor:  Tib. Gabinius [ Dienstag 30. Januar 2007, 11:20 ]
Betreff des Beitrags: 

Mummius Picius hat geschrieben:
- war Leinen in entsprechender Qualität überall verfügbar? Als landwirtschaftliches Produkt erfordert es m. E. einen ziemlcih aufwändigen Produktionshintergrund, der "außerhalb" der Legion stattfinden musste. Ziegen wachsen überall.

Auch die Legionen haben keine Tierhaltung betrieben, außerhalb der Pferde ihrer Legionsreiterei und der Transportviecher. Fleisch als Nahrung kam als Steuer oder Requirierung zu ihnen.

Zitat:
- Die meisten Ausrüstungsgegenstände der Legion wurden selbst hergestellt (mit Ausnahme von Luxusgütern), viele Gegenstände wie z. B. Schildschutzhüllen ebenfalls aus Leder – die hätten doch auch sehr viel leichter (in doppeltem Sinn) aus Leinen hergestellt werden können.

Die staatlichen fabricae sind spätantiker natur. Die fabricae der Legionen und cohors sind zwar bereits seit der frühen Kaiserzeit vorhanden, aber stellen längst nicht alles her. Auf den Dienstprotok. aus Ägypten ist z.B. vermerkt, dass Soldaten ausgesandt wurden, Mäntel zu kaufen. Textile Herstellung also war scheinbar nicht im Lager vorhanden, da wir auch keine immunes mit entsprechendem Titel überliefert haben.

Zitat:
Aber - wie schon gesagt - das sind nur Überlegungen. Nur weil von unserer Kultur in 2000 Jahren vielleicht nur Plastikbesteck übrig bleiben wird, heisst das ja auch nicht, dass wir ausschließlich damit gegessen haben.

Bei allen, in meinen Augen berechtigten, Zweifeln bleibt momentan eben doch nur jene von Verus angesprochene Iosephusstelle um Sachkritik laut werden zu lassen.
Trotzdem sollten die Zweifel, wie sie von den Ermines aufgestellt wurden und hier auch noch weiter ausgebreitet wurden immer im Auge behalten werden.

Noch zum Argument der Winterfestigkeit:
In der Tat sind Lederzelte besser dafür geeignet, die Wärme darin zu erhalten. Da aber Winterfeldzüge gerade in früher Kaiserzeit, sehr selten sind, müßte man Lederzelte im Winter auch einlagern können, mitunter über Jahre, denn nicht jede Legion ist jedes Jahr auf Feldzug gegangen.
Das wiederum würde den von Caius angesprochenen hohen Pflegeaufwand summieren.
Das es Feldzüge im Winter gab ist allerdings richtig. So sind z.B. Antonius Truppen im Osten bereits in der Winterperiode erst zurück gekommen.

Autor:  Marcus Mentellius Sermonius [ Freitag 2. Februar 2007, 21:28 ]
Betreff des Beitrags: 

Das beste für den Winter sind eh' Zelte aus Filz, wie sie z.B. bei den Mongolen
verwendet werden.

Ich kenne keine Kultur (ausser angeblich den Römern) die Lederzelte verwendet haben,
entsprechend glaube ich nicht mehr daran das die Römer das kostbare, emfindliche
Leder zu Zelten verarbeit haben.

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