Ich möchte eine Diskussion darüber anregen, wie authentisch "heutzutage" die lateinische Aussprache in der Schule gelehrt wird.
Sohnemann bringt den üblichen Spruch, wie ich ihn auch gelernt habe: "Käsar und Kikero gingen in den Kirkus". Ich denke, die meisten sind sich darüber bewusst, dass ein C als K ausgesprochen wird.
Was mich aber nun seit einigen Wochen schon bewegt, ist eine falsch gelernte Aussprache z.B. des Umlautes "ae". Selbstverständlich machen wir daraus ein "ä". Ich habe nun an mehreren Stelen gelesen, dass im frühkaiserlichen Rom das ae als a-i (Buchstaben als zwei Buchstaben getren nt) ausgesprochen wurde.
Damit ergäbe sich für den "Zäsar" ein "Kaisar". Die phonetische Ähnlichkeit mit unserem deutschen Kaiser ist mehr als auffällig.
Wie seht Ihr das?
Valete! Gaius Claudius
Wikipedia hat geschrieben:
Die lateinische Aussprache ist die von Linguisten rekonstruierte Phonetik des klassischen Lateins, wie es zu Ciceros und Caesars Zeiten von gebildeten Sprechern ausgesprochen wurde. Sie unterscheidet sich von dem im heutigen Unterricht vermittelten Schullatein und von der Deutschen Aussprache des Lateinischen, die von den Aussprachegewohnheiten der Muttersprache der Lernenden beeinflusst sind.
Die im Mittelalter und der frühen Neuzeit übliche Lateinaussprache hatte sich in vieler Hinsicht vom damals nur unzureichend bekannten klassischen Standard entfernt. Im 19. Jahrhundert wurde versucht, wesentliche Merkmale der wissenschaftlich erschlossenen klassischen Aussprache wieder zu ihrem Recht zu bringen. So war bereits gegen Anfang des 20. Jahrhunderts in weiten Teilen Deutschlands die klassisch-lateinische Aussprache des "c" als [k] üblich, wie sie auch von Quintilian (1. Jh. n. Chr.) als Normaussprache bezeugt wird. Aufgrund eines Dekretes der Nationalsozialisten wurde allerdings in den dreißiger Jahren die Schul- und Universitätsaussprache des Lateinischen vorübergehend wieder "eingedeutscht", so dass lateinische Wörter nach deutscher Orthographie- und Aussprachetradition gelesen wurden. Inzwischen ist die klassische Aussprache der meisten Phoneme (so etwa "c" als /k/ und "ae" als /ai/) international und auch in Deutschland allgemein üblich. Eine durchgängig (z.B. bei der Aussprache des "v" als englisches /w/) auf Originaltreue bedachte klassische Aussprache (pronuntiatus restitutus) ist allerdings weiterhin in der Minderheit.
Aus alledem ergibt sich, dass der Name des berühmten Diktators, Caesar, im Latein zu Caesars Zeiten wohl ungefähr wie [?ka??sar], [?ka???ar] oder [?ka??zar] ausgesprochen wurde. Diese Aussprache stimmt nicht mit der Schulaussprache [?k?a??zar] oder [?k???zar] oder [?ts??zar] überein.
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Ich glaube, das Thema hatten wir hier schon woanders...
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Gaius Claudius hat geschrieben:
Der "Kaiser" Zäsar...
Wie seht Ihr das?
Ich sehe das genau so!
Übrigens gibt es ein gut lesbares Buch dazu (und überhaupt zu der tollen toten Sprache): "Latein ist tot, es lebe Latein!" von Wilfried Stroh. Dessen Humor ist zwar etwas schulmeisterlich, aber was solls - er ist halt einer. Er vermag es, Latein ans Herz zu legen.
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Ich habe zwar gelernt, dass C ein K ist und ae ein a-i....
Dennoch sag ich Prätorium oder Cäsar... Wenn man allerdings damit auftritt und in die Öffentlichkeit geht, sollte man m.E. die derzeit vorherrschende Lehrmeinung vertreten (es sei denn man hat aufgrund seiner eigenen, tiefschürfenden Studien eine andere Meinung zu diesem Thema)
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Nu, wir sagen "Prätorium" und "Zäsar" weil das deutsche Worte sind. Fremdworte zwar, aber im deutschen Sprachgebrauch - durch vieles deutsches Aussprechen lateinischer Worte haben wir ein Parallel-Latein geschaffen, das deutsch klingt und das weder Engländer noch Franzosen verstehen. Die reden ihren eigenen Latin-Lingo mit "Ssesar" und "Ziehsar" (deutsch phonetisiert).
Würden wir (wenn wir) lateinisch sprechen, müssten wir "Praitoriwm" und "Kaisar" sagen.
Registriert: Montag 5. September 2005, 18:47 Beiträge: 3128 Wohnort: Swisttal
Nebenbei betont reden wir hier von "Hochlatein". Die verschliffene "Gossensprache" oder auch das provinziale Vulgärlatein läßt sich kaum rekonstruieren in der Aussprache.
_________________ Wer war froher als Neanth, da er sich Meister von diesem wundervollen Instrumente sah, wodurch er, ohne das mindeste von der Musik zu verstehen, der Erbe des Talents eines Orpheus zu sein glaubte! - Lukian
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