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Spätantike Bindung und Authenthizität in der Kleidung
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Seite 1 von 2

Autor:  HarkilaR [ Samstag 16. August 2008, 21:09 ]
Betreff des Beitrags:  Spätantike Bindung und Authenthizität in der Kleidung

Wird sicher richtig hübsch!
Aber sag mal, der rote Stoff ist ja eine Köperbindung. Soweit ich weiß sind koptische Tuniken aber immer Leinwandbindig gewebt, weil nur in dieser Webart die aplices in den Stoff gewebt werden konnten. Hast du für die Köperbindung einen Beleg? Ich meine wenn nicht, wärs doch schade, wenn du dir so viel Mühe gibts mit den Stickereien und dann doch was raus bekommst, mit dem du nicht zufrieden sein kannst. Und wenn doch, fänd ichs ziemlich interessant.

Autor:  Susanna [ Montag 18. August 2008, 14:21 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Er hat seine Applikationen ja auch nicht reingwebt, sondern aufgestickt.

Autor:  HarkilaR [ Montag 18. August 2008, 21:39 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Zitat:
Er hat seine Applikationen ja auch nicht reingwebt, sondern aufgestickt.


Stimmt schon, aber dann könnte er auch gleich Polyesterstoff nehmen. :roll:
Eingewebte aplices sind für uns alle außerhalb aller Hoffnungen. Aber wenn man sich schon die Mühe macht, aplices in vielen Arbeitsstunden aufzusticken, dann sollte man schon einen Stoff in der richtigen Webart nehmen. Die Webat ist einfach etwas, dass einem sofort ins Auge springt.

Und spätantike (koptische) Tuniken sind in Leinwandbindung gewebt. (Zumindest soweit ich keines besseren belehrt werde :wink: )

Autor:  Authari [ Dienstag 19. August 2008, 12:13 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

8)
ist aber trotzdem recht schön, mach ihm das doch ned so madig :wink:
Ich meine, selbsterständlich hat Till damit recht, aber ich finds beeindruckend, das er sich die Wahnsinnsarbeit zutraut und damit überhaupt angefangen hat.
sehr viele Spätantike Darstellungen sind weitaus un A mässiger gekleidet... ich sage mal nur Spanien... da stimmte ja noch nicht mal der Schnitt.

Schön wird das teil in jedem Fall und tausenmal besser als mit Maschine bestickt, Im Computer gedruckt, aufgebügelt, etc...
Herr Asperagus, machense bloss weiter...

Autor:  Marcus Asprenas [ Dienstag 19. August 2008, 13:00 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Ich hatte mir dazu schon Gedanken gemacht, und denke auch nicht das das Vorgebrachte Argument einen gewissen Hintergrund hat.
Wie Authari schon sagte, viele Spätantike Gruppen sind an manchen Stellen zu bemängeln, ob nun Künzing Beinschienen aus der Zeit um 250 n. Chr. für das 4te Jahrhundert genommen werden, oder was die manchmal künstliche Füllung von der Subarmalis betrifft.

Bei mir ist ja auch noch nicht aller Tage Abend, und es wird auch noch nicht die Letzte Arbeit sein die ich Mache.

MfG,

Marko

Autor:  Jupp [ Dienstag 19. August 2008, 14:37 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Eben, gekocht wird nur mit Wasser.

Es ist ja auch noch nicht einmal geklärt, welche Bedeutungen die ggfl. vorhandenen (Grund-) Färbungen eine Aussagekraft hatten.

Und was man so in der "Spätantiken-Szene" alles sieht, ohweia.
Kindertuniken werden gnadenlos von ausgewachsenen getragen, Schlabberärmel hier, Ikeawolldeckchen als sagum da (na, wer hat denn die Abschlusskanten im Köper eingewebt, nicht, wenn überhaupt, aufgepappt?) und ohne benagelte Wendeschuhe läuft anscheinend nix.

Meines Erachtens sind Kompromisse unerlässlich. Und wenn das Gesamtbild überzeugend ist, die Kompromisse oder Missstände erklärt werden, dann ist es recht ...

Vieles ist für viele einfach nicht bezahlbar. Eine Koptische Tunika weben zu lassen ist durchaus möglich. Auch ein vernünftiges sagum. Doch, wer kann das bezahlen ...? Und, ist das wirklich nötig?
Ich freue mich immer, wenn Darsteller das hinbekommen. Doch kenne ich auch meine Grenzen und kann daher die Grenzen anderer nachempfinden.
Daher kann ein "sieht us wie" schon ausreichend sein, wenns gut und liebevoll gemacht ist.

Das ist aber meine, persönliche Meinung und erhebt keinen dogmatischen Anspruch.

Autor:  Authari [ Dienstag 19. August 2008, 16:01 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

sehe ich auch so, ohne interpretationen, Notbehelfen (Künzinger B.schienen) und Nachepfundenen herstellungstechniken können wir in der Spätantiken Darstellung nichts reissen.Solange mans nicht als Reko verkauft, und sich dessen bewusst ist, dass man sich permanent um verbesserung der Details bemühen muss, ists für mich in ordnung.
Ja, man kann das auf Musealer ebene machen, dann wirds ein Reenactment für zahnärzte, und Rechtsanwälte...also muss man aufm Boden der finanzierbaren tatsachen bleiben.
Unterm strich bleibt zu sagen , dass es doch langsam aber sicher besser wird , der Depeeka unsinn verschwindet so langsam aus den Ausrüstungssortimenen der einzelnen Gruppen, Ikeea tagesdecken sind sicher schön-auf dem Sofa vorm Fernseher...
Allerdings , was sich mitlerweile so als P.Panonicus etablieren konnte ist schlichtweg ne sauerei...völlig formlose Fellfünze marke Kaffewärmer ne Handbreit über die Ohren gezogen, Auweia... Quellenstudium täte da sehr not....
Deswegen wirds in Zukunft für Archeon und ähnliche veranstaltungen nen Kitguide
geben, und der wird in einzelnen bereichen schon Hart werden.
Ausrüstung, die nach 450 zu datieren ist (vieleicht auch 500 als absolut) wird es in Zukunft nicht mehr geben,Und Ausrutscher wie zum Beispiel die mittlerweile notgedrungen etablierten Künzinger Schienen sollten mangels Publizierter Funde des 4. Jh. auch ausnahmen Bleiben.
Es sollten halt möglichst viele Leute an diesem Kitguide arbeiten , dann kann man sich abstimmen, es muss dann nicht zu Klamauk kommen, wie`s momentan in anderen Bereichen zu beobachten ist.

wir (MINERVII) haben sicher auch unsere Dartellungstechnischen Leichen im Keller... aber wir Buddeln gerade ein paar davon aus.

Autor:  HarkilaR [ Dienstag 19. August 2008, 20:59 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Achje
ich finds ja auch toll, dass Marco sich so viel Mühe gibt. Aber ich finds auch schade, wenn er ohne Not einen Stoff nimmt, der erwiesenermaßen und offensichtlich nicht den Originalen entspricht, wo es doch problemlos möglich ist, einen Stoff mit der richtigen Webart zu nehmen. Das ist meiner Ansicht nach eben keine Kleinigkeit, ich habe ja oben geschrieben, dass die Webart des Stoffes etwas offensichtliches ist.
Verwechselt meine Ehrlichkeit nicht mit Unfreundlichkeit oder "madig machen". Es wäre unkolligial von mir, wenn ich keine konstruktive Kritik bringen würde. Wenn ich hier meine Sachen reinstelle, erwarte ich keine Bauchpinselein (zumindest nicht nur), sondern auch Ratschläge, Tips und Kritik.
Würde ich wider besseres Wissen nichts sagen, wäre das nicht nur gemein, sondern ich würde auch den Nutzen des Forums hintertreiben. Wir wollen uns ja schließlich alle verbessern, oder?
Und das geht eben nicht ohne Kritik.
Und wenn Marko jetzt eine koptische Tunika macht mit einem Stoff der nicht den bekanntermaßen für koptische Tuniken verwendeten entspricht, sage ich ihm das. Ihn dumm zu halten, um nett zu sein ist für mich Heuchelei.

Ich meine das übrigens jetzt echt nicht böse, sondern wollte nur diesen Punkt klarstellen.


Zurück zum Thema. Marko, wenn du jetzt trotzdem mit dem Stoff weitermachen willst kann ich das gut verstehen, war ja schon ne Menge Arbeit. Fürs nächste mal kannst du unter

http://www.naturtuche.de/index.php?cat=c36_Wolle.html&XTCsid=7e74a841febb5ff255732be5e505f932

auch Wollstoff in Leinwandbindung bekommen.
Ich habe auch mal mit einer koptischen Tunika angefangen und den falschen Stoff benutzt (einen richtig schönen Diamantköper :mauer: ) hab aber meinen Fehler bemerkt, bevor ich was draufgestickt habe. Jetzt liegt die Tunika bei mir im Schrank und überlegt, was sie wohl noch werden kann.
Sowas passiert manchmal halt.

Außerdem:

Die Unzulänglichkeiten anderer sind nie eine besonders schlagkräftige Ausrede für eigene Unzulänglichkeiten. Ich messe mich an mir selbst, meinen Fähigkeiten und meinem Fachwissen. Wir sollten schon versuchen uns qualitativ zu verbessern, wo es geht.

Autor:  Authari [ Dienstag 19. August 2008, 21:33 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Hihi, ich meinte das madigmachen auch ned Böse...
im Prinzip haste ja recht...Aber anfangsfehler muss man jedem zugestehn...Bla. :wink:

Autor:  Jupp [ Dienstag 19. August 2008, 23:33 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

@ Till
Zum "versaubeutelten" Raupenköterstöffchen
Evtl. eignet er sich ja noch für die Merowingerei? Oder einfach das Bestickte herausfrickeln und sich einen Thorsbergkittel zusammentackern.

Autor:  Marcus Asprenas [ Mittwoch 20. August 2008, 07:24 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Ich stehe nicht unter dem Druck in der Spätantike irgendetwas bis dann und dann fertig zu bekommen.

Nehm es als Test, oder Experiment, um zu sehen was ich vollbringen kann und was für eine Qualität ich habe.

Zudem Diskutiere ich in diesem Ton und auf diese Art mit niemanden, auch wenn du ein Fachmann bist und hier etwas besser weist, musst du dich im Ton Zügeln, sonst hört dir von der Sicht schon mal keiner zu.

Seit dem die Bilder im Netz sind und ich habe ja mehrere an Freunde per Mail verschikt, zudem liege ich ja auch mit anderen Fachleuten im guten Kontakt.
Hierrauf habe ich schon auch in diesem Forum z. B. per PN Kritik bekommen, und auch von anderen Stellen.
Aber im Gegensatz zu dir Sachlich formuliert und nicht polemisch.
Die erstere wird dankend zur Kenntnis genommen, und auch in meinen Spätantiken unterlagen festgehalten!

MfG,

Marko

Autor:  Susanna [ Mittwoch 20. August 2008, 08:47 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Schaut mal hier:
http://www.sammlungen.mak.at

Dort auf "spätantike Textilien" klicken.

Die meisten (eigentlich so gut, wie alle) sind in Leinwandbindung...
ABER...wir reden hier von eingewirkten oder eingewebten Verzierungen.

Aufgestickte Verzierungen sind für diese koptischen Textilien (vorwiegend Ägypten)
so gut wie nicht nachgewiesen
(ich relativiere hier mal, mir sind sicherlich viele Funde nicht bekannt).

Stickerei war Griechen und Römern bekannt (Plinius), sie schrieben diese Kunst
den Phrygern zu (opus phrygium). Tacitus spricht von bestickten Gewändern der Germanen.

Da hier aber wohl den antiken Mustern nachgekommen wird, sprechen wir
hier über ein "als ob" und einem "Versuch".
Andere Bindungen als Leinwandbindung waren bekannt, ebenso die Stickerei.

Beim nächsten Mal kann Marko sich dann ja mal an koptische Textilien wagen,
dann müsste er korrekterweise aber auch die Muster darauf einwirken oder -weben.
Solange dies nicht der Fall ist, finde ich die Diskussion um die historische korrekte
Bindungsart überflüssig, ausgehend von den Befunden spätantiker, koptischer Textilien.

Autor:  HarkilaR [ Mittwoch 20. August 2008, 09:37 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Hm, ich vertehe nicht, warum die Diskussion so einseitig verläuft.
Eigentlich wollte ich nur herausfinden, ob es bezüglich der Webart etwas neues gibt und im schlechtesten Fall Marko auf etwas hinweisen, was er nicht wusste.
Das habe ich in meinen letzten Posts getan und ich dachte nicht dass das als irgendwie negativ verstanden werden würde.
Das ich Markos Arbeit und als solche anerkenne und lobe, dachte ich auch klar gemacht zu haben. Darum ging es mir jetzt eigentlich nicht mehr.

@Marko, es tut mir leid, wenn du meine Kritik als polemisch wahrgenommen hast, sie war zumindest so nicht gemeint. Der letzte post von mir war nicht so sehr auf die Tunika bezogen, als vielmehr auf die Reaktionen, die mein erster Post hervorgerufen hat. Ich wollte nur deutlichmachen, dass ich, was ich schrieb, geschrieben habe, um diesen Thread voran zu bringen und dir zu helfen.
Also bitte, verzeih mir den Ton, der dich offensichtlich gestört hat. Ich habe den letzten Satz in meinem obigen post mal gelöscht, damit es da keine unnötige weitere Aufregung gibt, die uns vom eigentlichen Thema des threads abhalten könnte.

Ich finde, wenn du deine Bilder unter der Überschrift "Spätantike Tunika" hier hineinstellst, dann sollte es mir erlaubt sein, anzumerken, dass es Verbesserungsmöglichkeiten gibt, um dem Ziel, eine spätantike Tunika herzustellen, näher zu kommen. Es ist, wie ich schon schrieb, nicht als madig machen zu verstehen.
Damit es keine unklarheiten gibt:

1. Spätantike, koptische Tuniken wurden in Ägypten ("koptisch" ist ein arabisches Wort, das ursprünglich die christlichen Ägypter in Abgrenzung zu den muslimischen Eroberern bezeichnete) in großen MAnufakturen in fast industriellem Maßstab für den Export ins gesamte Reich hergestellt. Diese Manufakturen lieferten auch ans römische Heer, die Heeresverwaltung gab dann halbhährlich eine Tunika an jeden Soldaten aus, später gab es dann nurnoch ein Kleidergeld für die Jungs.
Diese ägyptischen Tuniken wurden alle (wie gesagt ist das mein Wissenstand und ich bin gerne bereit mich überzeugen zu lassen, falls es Funde gibt die anderes belegen) in der gleichen Art hergestellt. Im 4. und 5. Jh. wurden diese Tuniken komplett, mit clavi und orbiculi und Ärmeln an einem Stück gewebt. Später hat man teilweise die Orbiculi einzeln gewebt und die Ärmel angenäht.
Die Webart war die Leinwandbindung. Material waren Wolle, Leinen und Mischgebe aus den beiden Stoffen.

2. Ich weiß und akzeptiere, das wir als reenactors da heutzutage keine Möglichkeit haben, halbwegs authentische Tuniken herzustellen. Kompromisse sind daher notwendig, wenn man nicht nackt herumlaufen will. Ich habe meine weitere Meinung hierzu oben schon deutlich gemacht, durch Redundanz wir sie nicht besser oder klarer.

@Jupp

Bestickt ist meine Tunika ja nun nicht, aber halt schon zugeschnitten und vernäht. Da sie seeehr weit ist, mit kurzen, schmalen Ärmeln, kann ich sie mir für eine andere Zeit nicht so recht vortellen, dass einzige, was sie noch werden kann, ist eine peregrine, frühkaiserzeitliche ärmellose Tunika. Eventuell könnte ich noch was byzantinisches draus machen, aber nur wenn ich mich mal schlau mache, in wie weit sich die Webart in der oströmischen Textilindustrie im Lauf der Jahrhunderte noch verändert. Mal sehen.

Autor:  Jupp [ Mittwoch 20. August 2008, 11:38 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Ich hoffe die nun auftauchendes Diskussion stört nicht den Sinn des Threads von Marco, wenn doch, sollte mein Mod. das ectl verschieben (?)

In Krefelder Textilmuseum (Burg Linn) gibt es ein tolles Schubladenkästchen, mit koptischen Textilarbeien, vorwiegend spätantik-frühmittelalterlich.
Bei einigen Stücken ist sogar
ganz klar zu erkennen, das sie wohl mal aufgenäht wurden, da an den Trägerfragmenten und dem Zierrat noch zur Befestigung der Schlingenstich zu erkennen ist.
Spannend finde ich auch, das der Wollanteil gar nicht mal so klein ist, wie ich immer vermutete.

Weiterhin kann ich mich daran erinnern im Koptischen Museum in Kairo Tuniken und Fragmente gesehen zu haben, die auch einen hohen Baumwollanteil hatten.
Bei einem Stück waren z.B. die clavies eindeutig eingewebt. Die runden Applikationen (habe z.Zt. der Fachausdruck vergessen, sorry) wurden jedoch eindeutig aufgenäht.
Leider kann ich mich nicht an so viel erinnern, obwohl ich fast ein Jahr Gast war in einer koptischen Gemeinde, habe ich viel über die Jahre vergessen, weils für mich, vor ca. 17 Jahren noch nicht interessant genug war.
Aber, im besagtem Museum ist auch der Helm zu finden. Damals dachte ich der obere Ring wäre der Zünder, wie bei einer Handgranate. Daran ziehen und der Römling läuft Amok ;-)

Eine Sache die mich auch sehr beschäftigt ist, wie hoch war der Wollanteil bei militärischen Tuniken, die z.B. in Nordeuropa ausgegeben wurden.
Wir sind uns ja alle einig, das hier Leinen wenig wärmende Eigenschaften hat und unser Klima nach besseren verlangt.

Die Bindungsarten sind auch spannend. Tuchbindung hat den Vorteil schnell gemacht zu werden. Das Einweben von clavies ist auch bei einfachen Köpern möglich (nach aussage eines Webers), jedoch um ein Vieles strapazierfähiger.

Das in der Spätantike auch andere Webarten bekannt waren beweisen doch die Textilfunde Nordeuropas, nicht zuletzt die von Schlabow dokumentierten. (O.K. nicht römisch oder kopitsch)

Man sollte immer bedenken wie wenig uns noch bekannt ist. Viele angesprochene Textilfunde stammen aus Arabien oder anderen, wärmeren Regionen.

Aus den Reihengräberfeldern in Nordeuropa sind auch Textilfragmente bekannt. Dabei sind sowohl Tuch und verschieden Köperbindungen (hauptsächlich Diamant) zu finden. Um welche Art von Textile es sich dabei handelt kann nur spekulativ geklärt werden. Leider, da in der Vergangenheit zu viel bei Grabungen zerstört wurde, weil Textilien noch nicht im Interesse der "Goldgräber" lag ;-)

Autor:  HarkilaR [ Mittwoch 20. August 2008, 12:18 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Spätantike Tunika

Stimmt alles, Jupp.
Die koptische Textiltradition beginnt im dritten, vierten Jh. und reicht bis ins 10. Jh. soweit ich mich erinnere.
Wenn wir deshalb von koptischen Textilien sprechen, dann müssen wir den Zeitraum beachten, von dem wir reden.
In der Zeit der klassischen Spätantike die ich mal bis zur Absetzung des Romulus Augustulus 476 defeniere, ob wohl es auch noch jede Menge andere Daten dazu gibt, wie bei jeder Epocchengrenze.
In diesem Zeitraum wurde kaum Baumwolle oder Seide verwendet, dafür zuweilen Ziegenhaar und Kamelhaar :wink: . Auch wurden die Orbiculi (das sind die runden Applikationen) und Clavi zu dieser Zeit noch nicht aufgenäht. Später geht wie gesagt die Entwicklung zu geschneiderten Tuniken mit telis aufgenähten Applikationen.
Was die Köperbindung angeht:
Klar kann man einfache Clavi auch in dieser Bindung einweben, ich habe sogar schon Köpertuniken mit eingewebten Clavi gesehen, der Cacaius aus dem Roman Army Talk kann die auch besorgen.
Aber die koptischen Clavi sind ähnlich wie die Orbiculi sehr komplex gemustert (kann man sehr gut in der von Susanna verlinkten Datenbank sehen), und soweit ich weiß, ist das nur in einem Stoff möglich, der in Leinwandbindung gewebt ist. Die Muster werden ja teilweise mit fliegender Nadel eingewebt, in einem Köper sind glaube ich nur einfache Linien- und Zickzackmuster möglich.
Natürlich kannte man auch in der mediterranen Welt andere Webarten, aber für diese speziellen Kleidungstücke waren sie wohl nicht praktikabel

Zum Wärmefaktor: Ich kann mir gut vorstellen, dass man im Winter einfach eine Leinentunika als Unterhemd unter einer Wolltunika getragen hat. Das hat nicht nur den Vorteil, dass ergibt dan ein einfaches Zwiebelsystem, wobei das Leinen die Feuchtigkeit von der Haut ableitet und angenehmer zu tragen ist und die Wolle den Wärmespeicher bildet.


Die merowingerzeitlichen Textilfunde sind natürlich auch sehr interessant, es gibt halt nur wenige größere Fragmente, z.B. aus dem Grab der Arnegundis in St. Denis oder die Kleidungsreste von Bathilde in Chelles.
Ansonsten finden sich hauptsächlich an Metallteilen wie Fibeln anoxidierte Gewebereste.
Aber so sehr man die Kontiuität der Spätantike in der Merowingerzeit betonen muss, so stammen diese Funde doch aus dem späten 6. und 7. Jh. und sind nur bedingt für diese spezielle Fragestellung von belang. trotzdem ein schönes Thema :)

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