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Tunicae farbig, weiß oder natur?
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Autor:  Marcus Mentellius Sermonius [ Sonntag 4. März 2007, 20:39 ]
Betreff des Beitrags: 

vespasian hat geschrieben:
Nach meiner Meinung war das Gürtelleder sicher nicht braun, sondern meistens rot, grün, schwarz, blau usw. und die Tunika für Soldaten ist weiss (mit ein paar Ausnahmen in der Spätantike) nach neuster Forschung. Leider!

(snip ...)

Bild eines Legionärs 110 bis 130 n.Chr.
http://portraits.fayoum.free.fr/fayoum/ ... at=0&ori=0
Also nach den Bildern nicht mal Farbe für Männer (Zivilpersonen).
Es sind viele aus dem 1.Jh.n.Chr. dabei und die Mumienportraits sind wohl das sicherste Abbild der Menschen der römischen Epoche.


Die Diskussion ob die Legionäre rote oder weiße Tuniken getragen haben ist
wahrscheinlich über 100 Jahre alt, ich habe bisher noch keine wirklich schlüssige
Beweisführung gesehen, die das eine oder das andere beweist und gleichzeitig die
Argumente der jeweils anderen wiederlegt - aber falls Du eine neue Argumentation
kennst wäre ich an einem Litheraturhinweis sehr interessiert.

Wenn man sich die Bilder aus Pompeii ansieht haben die Männer sehr
wohl Farbe getragen - es gibt in Pompeii sogar ein Bild auf dem Soldaten in
weißen UND in roten Tuniken abgebildet sind.
Bei der Farbgebung der Kleidung von Mumienportäs ist auch zu berücksichtigen das
wahrscheinlich bevorzugt "formelle" Kleidung abgebildet wurde, und bei den Römern
war eben weiß die formelle Farbe.

Autor:  Lucius [ Montag 5. März 2007, 12:50 ]
Betreff des Beitrags: 

Ich denke auch, daß die Darstellung auf einem Grabstein nichts mit dem zu tun haben MUß was man im privaten Leben getragen hat.

Das ragen eines Cingulum mit Metall - Platten war, wie oben bereits erwähnt, ein Status Symbol. Ich denke man muß sich auch die Frage stellen ob jemand in der heuteigen Zeit, wenn er z.B. GSG9 Beamter war, als Rentner mit einer Kugelsicheren Weste rumlaufen würde?

Und nicht zu Letzt, eine Abbildung alleine sollte man nicht zum Standard aller Zeiten und Regionen erheben, Ausnahmen oder auch Extreme gab es schon immer und wir es auch immer geben.

Meines Erachtens nach bleibt der Cingulum, egal welche Farbe, dem aktiven Soldaten vorbehalten, aber ich kann mich irren.

Zum Thema Farbe sollte man erst garnichts sagen, das ist so dünnes Eis!!!

VALE
LVCIVS

Autor:  Tib. Gabinius [ Montag 5. März 2007, 14:38 ]
Betreff des Beitrags: 

Dan Peterson z.B. verbreitet die Theorie rein roter tunicae im militärischen Kontext. Er hat dafür eine große Zahl bildlicher Nachweise zusammengetragen.
Davon ist in etwa das gleiche zu halten wie von der Theorie und den Nachweisen der ungefärbten tunica.
Ganz von der Hand zu weisen sind die Nachweise ja nicht, aber eine Ausschließlichkeit, dass erkennt man eben schon an der Existenz für Nachweise beider "Färbungen" ist damit nicht erbracht.

Auch wäre es höchst erstaunlich, wenn sich die Soldaten die Mühe machten, das Leder des cingulum zu färben, von dem ein Großteil nicht sichtbar ist durch die Beschlagplatten, aber die tunica ungefärbt zu belassen.
Da böte sich sogar der balteus eher an, und auf dem Bild des Soldaten aus dura wirkt dieser eher schwarz oder naturfarben, was aber natürlich auch kein expliziter Nachweis ist und sein soll.

Kurz noch zum Tierfang: keineswegs kann dies als Training für die Soldaten gesehen werden. Es gibt regelrechte Ränge für diese Jagdunternehmen für den Circus oder die Versorgung.
Es ist also vielmehr anzunehmen, dass es sich hierbei um einen regulären Bestandteil der täglichen Pflichten handelte, wie etwa auch der Strassenbau, die Kalkbrennerei usw.

Autor:  vespasian [ Montag 5. März 2007, 14:56 ]
Betreff des Beitrags: 

Bilder sind immer ein wichtiges Hilfsmittel für die Rekonstruktion.
Es sind nun mal die besten Zeitdokumente.
Auch für jemand der sich im 19. oder 20. Jh. beweget sind Bilder (oder erste Photos) die besten Informationsquellen.
Man kann natürlich immer sagen , dass es nur die Idealbilder jener Zeit sind, aber es sind wenigstes Bilder aus dieser Zeit.
So bin ich und auch viele Wissenschaftler der Meinung, mit diesen Bildern am nächsten an der Wahrheit zu sein.
Natürlich kann man immer sagen: Es sind ja nur Bilder und es könnte ja auch ander sein.

Nun zur Jagdt: Es wird als Training für die Soldaten beschrieben. Es wird aber wie Tib. Gabinius sagt auch zu Versorgung und als ein Bestandteil der täglichen Pflichten beschrieben.

Aber aus solchen Diskusionen lehrt man was! :)

Gruss David
Legio Tertiani Italica

Autor:  Tib. Gabinius [ Montag 5. März 2007, 15:14 ]
Betreff des Beitrags: 

Der Quellenwert der Bilder ist hier keineswegs beschnitten worden.
Viel eher ist darauf zu verweisen, dass sich, z.B. durch Dan Peterson gesammelt, auch gegenteilige Bilder finden lassen, die farbige tunicae zeigen.
Im Fall von Dura ist es regelrecht idealtypisch. Die bekannte Weihezeremonie zeigt uns uniform gekleidete Personen. Weiße tunica (also keinesfalls naturfarben) mit clavi und orbiculi, einen beigen Mantel um die Schultern.
Schild I aus Dura aber zeigt uns die gerüsteten Soldaten, die unter ihren Waffen blaue tunicae tragen. In Schild II erkennt man weiß / beige, blau und grün.
Wie Sermonius bereits erwähnte zeigen uns Darstellungen aus Pomepji rote und grüne tunicae.

Ganz quellenunkritisch darf man Bilder allerdings auch nicht in den Raum stellen.
Das beginnt mit den einfachen Grundlagen, wie Datierung, Region, Provinienz (archäologisch wie kulturell) und führt dann weiter zu Materialienanalyse und Hintergründe, sowohl der gezeigten Person(en), als auch des Bildes selbst.

Jedes Bild hat also seinen eigenen Stellenwert, und es ist eine schwere Aufgabe dies zu ordnen. Eine Theorie, die auf derartigen Interpretationen ohne literarisischen Hintergrund eine Ausschließlichkeit propagiert schießt darum m.E. über das Ziel hinaus.

Zitat:
Nun zur Jagdt: Es wird als Training für die Soldaten beschrieben.

In welcher Quelle?

Autor:  vespasian [ Montag 5. März 2007, 15:58 ]
Betreff des Beitrags: 

So hab ich das auch nicht gemeint.
Ich meinte nur die Farbe der Tunika der Soldaten.
Der Mantel, Gürtel, Hosen usw. ist farbig.

Nur als ich 2001 in Pompeji war und mich mit einem Archäologen über die
Farben an Kleider unterhalten habe, sagte er das die Wandmalerei immer die griechischen Mythologie mit dem römischen vermischen und ich doch an die Mumienportraits aus Aegypten halten sollte.

Sogar die Leiterin der Abegg-Stiftung geht Heute von weiss aus.
Auch die Mehrheit der Tunikafunde sind weisse Tuniken und das sind
solche aus dem 1.Jh.n.Chr. bis ins 6.Jh.n.Chr.
Hab auch wieder einen Bericht das Kinder sich noch nicht an die strenge Kleiderordnug halten mussten
Das könnte auch die farbige Kindertunika aus der Abegg-Stiftung erklären.
Die Tuniken aus der Abegg-Stiftung sind auch alle aus Leinen und nur die Clavi aus Wolle.

Es ist auch ein Problem das die Mosaiken und Frescos nie mit den Fundmaterialien übereinstimmen, bis auf die Mumienportraits.
Aber eben ich halt mich mal an die Fachleute und fast alle gehen bei der Farbe der Soldatentuniken von weiss aus.
Ob die Tunika der Zivilpersonen (Männer) im 1.Jh. immer nur weiss sind ???

Ich meinte die rote Tunika geht auf ein Stoffund in England zurück und Junkelmann hat das für seine roten Tuniken verwendet?

Sonst noch der Link von der Abegg-Stiftung, eine Instanz wenn es um Textilen geht.
http://www.abegg-stiftung.ch/

Ich glaube die haben sogar noch Lederfunde.


Die Jagdt wird im Abriss des Militärwesen von Vegetius beschrieben.


Gruss David
Legio Tertiani Italica

Autor:  Tib. Gabinius [ Montag 5. März 2007, 16:14 ]
Betreff des Beitrags: 

Salve,
Vegetius beschäftigt sich in seinem 1. Buch mit dem Training under Ausbildung der Soldaten. Weder in den Überschriften der jeweiligen Kapitel noch im schnellen Überblick konnte ich darin den Verweis auf die Jagd finden.


Was den Verweis auf die Wandmalereien angeht:
Prof. Mielsch hat just vor ein oder zwei Jahren erst ein sehr gutes Buch zur römischen Wandmalerei publiziert, das man sich in dem Zusammenhang dann doch einmal zu Gemüte führen sollte.
Dann wird recht klar, dass die, grob unterteilten, vier Stile der Wandmalerei ganz eigene Tendenzen haben, dass Porträtmalerei nicht unbedingt zwangsläufig dazu gehört, und wie dies zu bewerten ist.

Selbst wenn wir annehmen, dass weiß wirklich vorherrschend ist, gehen wir von einer Stoffbearbeitung aus, denn dies würde "bleichen" voraussetzen, oder, wie im Fall der candidatus, zusätzliches bestäuben.

Zur Aussage der vorwiegend-gefundenen Farbe ist eben ein solcher Fall, in dem ohne Quellenkritik nichts auszusagen ist.
Die meisten Funde stammen aus Ägypten und Umfeld der spätantike und dort eben aus dem Begräbnisumfeld.
Würden wir also einen hinkenden Vergleich ziehen wollen, müßten wir auf unsere Gräber gehen und würden wohl den Schluß ziehen, dass unsere Kulturen vorwiegend Schwarze und vornehme Kleidung getragen haben.

Allgemeine Quellenbetrachtungen, etwa Graffiti aus den Vesuvstädten, zeigt uns eben doch ein anderes Bild als ein rein weißes, mal ganz abgesehen von den Papyri, die durchaus Bestellungen "gebleichter Kleidung" vermerken, oftmals aber auch vollkommen ohne irgend einen speziellen Vermerk daher kommen.

Das Feld ist also eine Glaubenssache und daher nicht eindeutig und schon gar nicht ausschließlich zu beantworten.

Autor:  vespasian [ Montag 5. März 2007, 16:31 ]
Betreff des Beitrags: 

In der Abegg-Stiftung hat es auch Funde aus dem 1. Jh.n.Chr.
Hab auch noch die ISBN Nr. des Buches aus der Abegg-Stiftung.
Leider ist der Preis um die 300.- Franken.
Bin halt durch meine Arbeit für Vindonissa im Kontakt mit der
Kantonsarchäologie Aargau und abegg-Stiftung.

Sorry; wenn ich hier die Diskusion verlängert habe!
Eigentlich geht es ja um den Gürtel.

Ich suche die Stelle im Buch noch raus.
Hast du die ISBN Nr. des Buches von Prof. Mielsch?

Vermutlich wird die Wahrheit irgendwo dazwischen liegen...... :) :roll:

Gruss
Legio Tertiani Italica[/list]

Autor:  Tib. Gabinius [ Montag 5. März 2007, 16:56 ]
Betreff des Beitrags: 

Ich trenn das Thema und verschiebe die Tunica Diskussion ohnehin gleich :)

Hier zwei Literaturtipps:

H. Mielsch, Römische Wandmalerei, 2001
ISBN 3806216320 oder 978-3806216325
und
M. Pausch, Die römische Tunika, 2003
ISBN 3896393707

Autor:  Tiberius [ Montag 5. März 2007, 17:17 ]
Betreff des Beitrags: 

Wenn ich das recht sehe wird die Tunika hier in rot getragen oder?
Schnittmuster für die Tuniken habe ich im Netz gefunden, was ich vermisse sind Hinweise wie die Dinger vernäht wurden... so irgendwann dann müssen wir ja mal mit "basteln" anfangen ;)

Falls also jemand Seiten / Shops kennt wo wir Stoffe, Schnitte und Hinweise wegen nähen bekommen können ;) immer her damit :)

Autor:  Tib. Gabinius [ Montag 5. März 2007, 17:30 ]
Betreff des Beitrags: 

Die Flavii haben keine Farbvorgabe. Mir ist es sehr recht wenn es jeder für sich entscheidet.
Bei uns herrschen vor allem Blau- und Rottöne vor.

Das hier eingetragene Mitglied "Andreas" von Rete Amicorum vermittelt meist sehr gute Stoffe und hat das nötige Hintergrundwissen zu sagen, welche Stoffe und Webarten gehen oder nicht, und macht dabei meist recht gute Preise.

Vorlagen findest du auch auf unserer Seite unter Historischer Hintergrund - Zivilleben - Bekleidung.

Wenn man einen an der Hand hat, der es kann ist von hand genäht natürlich toll, falls niemand da ist der es kann bitte besser lassen oder erst erlernen, da die Nähte dann teilweise wirklich wackelig aussehen und gerne auch mal aufgehen.
Ich persönlich habe kein Problem mit Maschinennaht, insofern es nicht für ein wissenschaftliches Experiment herhalten soll.

Autor:  cepasaccus [ Montag 5. März 2007, 18:12 ]
Betreff des Beitrags: 

Zu Stichen: http://heatherrosejones.com/archaeologi ... index.html

Wenn man handwerklich nicht ungeschickt und auch nicht ungeduldig ist sollte das mit der Hand schon klappen. Meine Leinentunika hab ich gemacht mit

1) double hemstitch: Da legt man den Stoff zweimal um und naeht dann ueber die innere Kante. (Die Naht braucht zwei Falzbreiten.)

2) flat-filled with hemstitch: Da legt man zwei Stoffe jeweils einmal um, hakt sie ineinander und naeht dann ueber beide Kanten.

Hilfreich ist rein Reinbuegeln der noetigen Falze und auch etwas Planung der Falzbreiten, wobei man aber eigentlich auch alles spontan noch hinbiegen kann. Ist sehr schoen geworden und waere bestimmt ein tolles Kleidungsstueck fuer den Sommer, aber bei der Arbeit die da drin steckt ...

Meine Wolltunika hab ich weniger gefalzt, weil ich mir gedacht hab, dass leicht verfilzte Wolle weniger fasert als Leinen. Ist im Prinzip richtig, sieht aber halt trotzdem nicht so toll aus, wenn irgendwo eine leichtfaserige Kante zu sehen ist.

Beim Guertel hab ich dann aber doch beschissen, weil man von der Naht nach dem Wenden garnix mehr sieht.

cepasaccus

Autor:  vespasian [ Montag 5. März 2007, 20:26 ]
Betreff des Beitrags: 

In der Abegg-Stiftung hat es auch Funde aus dem 1. Jh.n.Chr.

Autor:  Primus Manius Verus [ Montag 5. März 2007, 21:05 ]
Betreff des Beitrags: 

Salve

Aus Gründen der Praxis kann ich nur sagen das wohl weiße Tuniken das unpraktischte wäre was man tragen kann. Gerade bei der Segmentata. Wir haben es 2005 in Xanten ausprobiert und der Dreck der Segmentata ist immer noch im Stoff ( Schmierfilm durch Abnutzung der Metallschichten und Öl) und ist trotz moderner Behandlungsmetoden nicht hinaus zu bekommen. Zudem der Pshyologische Effekt das man auf der weißen Tunika sofort jeden Blutfleck sieht.
Vielleicht als Beispiel, wenn auch ein schlechtes: auf Schiffen hat man bis in das 19. JHD. den Innenraum der Kanonendecks auch die Farbe Dunkelrot gewählt, eben aus diesen Gründen.
Warum sollten die Römer die gleiche Taktik nicht auch verwendet haben?

Vale
Verus

Autor:  vespasian [ Montag 5. März 2007, 21:28 ]
Betreff des Beitrags: 

Da hast du Recht!
Nun ich bin eigentlich fast 10 Jahren an dem Thema.

Meine lieben Kolegen der Archäologie, Textilkonservierung/-restaurierung, Historiker usw.
gehen alle von weiss für Soldaten aus.
Klar ist die formelle Farbe bie den Römer weiss.


Zur Veschmutzung:
Unter den Panzer gehört doch auch ein Gambeson!
Denn ohne solche Zwischenschicht (im Mittelalter Gambeson gennant) macht ein Panzer keinen Sinn.

Die Verschmutzung ist also nicht das grosse Problem.
Aber ich wollte mit der Diskusion niemanden Plagen, sondern finde es Interessant wie weit hier auch die Experten voneinander entfernt sind.
Denn mir würde auch eine rote Tunika gefallen.
Gibt auch ein schönnes Stück in der Abegg-Stiftung.

Es hat sogar eine Tunika (Dalmatika) die ist nach der Untersuchung (Abegg-Stiftung) auf den Seiten nie vernäht worden.

Gruss David
Legio Tertiani Italica

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